“Katastrophale Situation”: In Deutschland fehlen über 5000 Hausärzte | ABC-Z
“Katastrophale Situation”
In Deutschland fehlen über 5000 Hausärzte
19.01.2025, 00:05 Uhr
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Viele Praxen in Deutschland sind geschlossen, weil es an Hausärzten mangelt. Das Bundesgesundheitsministerium erklärt jetzt, wie viele Stellen unbesetzt sind. Sahra Wagenknecht findet die Situation alarmierend und macht Vorschläge, wie man aus dem Dilemma kommt.
Mehr als 5000 Hausarztstellen waren in Deutschland zum Jahresende 2023 unbesetzt. Das hat das BSW beim Bundesgesundheitsministerium erfragt. Parteichefin Sahra Wagenknecht nennt dies im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) “eine katastrophale Situation”. “Wir haben das zweitteuerste Gesundheitssystem der Welt, aber 75 Prozent mehr unbesetzte Hausarztstellen als vor fünf Jahren. Die Krankenkassen werden immer teurer, aber die Grundversorgung wird immer mieser”, kritisierte sie. “Gerade auf dem Land und für Ältere ist das eine dramatische Entwicklung.”
Die BSW-Chefin empfindet auch die Situation bei Kinder- und Jugendärzten als “miserabel”. Sie spricht von “fast 60 Prozent mehr unbesetzten Stellen als vor drei Jahren”. Dem Gesundheitsministerium zufolge liegt die Anzahl Ende 2023 bei 216 Praxen, die nicht besetzt sind. Die Lage ist somit weitaus weniger alarmierend als bei den niedergelassenen Hausärzten, aber dennoch für Betroffene nicht zufriedenstellend. Sie müssen teils weitere Wege zur nächsten Praxis zurücklegen oder länger auf Termine warten.
Wagenknecht will sich damit nicht zufriedengeben. Die 55-Jährige fordert: “Wir brauchen mehr Medizinstudienplätze, eine stärkere Verpflichtung zur Niederlassung als Hausarzt und ein besseres Vergütungssystem.” Sie wünscht sich zudem einen “Minister, der die Patienten in den Mittelpunkt seines Handelns stellt und nicht die Profitinteressen der Pharmaindustrie”, nannte jedoch keinen entsprechenden Fachpolitiker als Beispiel.
Kammerchef: bald jeder vierte Arzt in Rente
Vor wenigen Tagen kritisierte bereits Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, die Regelung der freien Arztwahl. Patienten sollten sich seiner Ansicht nach lieber bei einer Hausarztpraxis einschreiben, die dann die Koordinierung der Weiterbehandlung etwa durch Fachärzte übernehmen. Alle, die dennoch ihre Ärzte selbstständig auswählen wollen, sollten höhere Krankenkassenbeiträge oder eine Praxisgebühr bezahlen, regte er im RND an.
Reinhardt gab zudem zu bedenken, dass sich die Situation in der Zukunft noch dramatisch verschlechtern könnte. Seinen Angaben nach sei jeder vierte Arzt über 60 Jahre alt. “Auch in der Ärzteschaft rollt die Ruhestandswelle der Babyboomer an”, so der Ärztekammerchef. Er schlägt vor, dass es Regelungen geben könnte, Ärzte im Ruhestandsalter weiterzubeschäftigen und Anreize dafür geschaffen werden sollten.