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Karlsfeld: Georg und Caroline Kiening betreiben App-gesteuerten Hofladen – Dachau | ABC-Z

Mitarbeiter laufen hektisch umher, die Gemüsewaschanlage schmettert laut und verursacht kleine Pfützen auf dem Boden. In der Mitte stapelt sich die fertige Ware in Kisten, viele frische Tomaten sind dabei. Wer den Hofladen von Caroline und Georg Kiening in Karlsfeld betritt, kann den Weg seiner Lebensmittel mit eigenen Augen nachverfolgen. Seit 20 Jahren gibt es den Hofladen bereits, der Gemüsehof als Familienbetrieb existiert sogar schon seit 1890, erst in München-Moosach, ab 1989 dann am heutigen Standort. Die lange Tradition hält die Landwirtsfamilie jedoch nicht davon ab, immer wieder neue Wege zu gehen, um ihre Erzeugnisse unter die Leute zu bringen.

Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit – Schillers Worte scheinen auch die Kienings zu beherzigen. Auf 15 Hektar Freiland und einem Hektar Gewächshaus bauen sie zahlreiche Kräuter, Pflanzen und saisonales Gemüse an und entschieden sich im Jahr 2020 für ein neues Konzept: die sogenannte Marktschwärmerei. Caroline Kiening erklärt die Geschäftsidee dahinter: „Wir haben ein großes Netzwerk an Landwirten im Dachauer Land. Deren und unsere Produkte können Kunden im Internet bestellen und die Ware dann mittwochs als fertige Kiste bei uns im Hofladen abholen.“ Etwa 20 Produzenten von Fleisch, Honig, Marmelade, Obst oder Gemüse machen mittlerweile bei der Marktschwärmerei der Kienings mit.

Die zentrale Abholstelle spart Fahrten

Die Internetplattform „wirsind.marktschwaermer.de“ existiert seit 2014 und bietet Erzeugern wie den Kienings die Möglichkeit, regionale Produkte ohne Zwischenhändler oder Marktgebühren anzubieten. Durch zentrale Abholstellen, wie sie auch der Gemüsehof der Kienings ist, soll verhindert werden, dass Kunden weite Strecken zu mehreren Bauernhöfen fahren müssen, um unterschiedliche regionale Produkte zu kaufen. Größtmögliche Nachhaltigkeit soll dadurch gewährleistet werden, wie auf der Website nachzulesen ist.

Caroline Kiening ist von dem Konzept überzeugt, auch wenn die Anfänge nicht einfach waren, wie sie erzählt: „Die Vorbereitung hat sich über vier Jahre gezogen, wir mussten Produzenten finden und die Anforderungen der Marktschwärmer-Plattform erfüllen“, unter anderem mussten sie dafür nachweisen, dass sie keine Geschmacksverstärker oder Haltbarkeitsmacher bei ihren Produkten verwenden. Doch der Aufwand habe sich ausgezahlt. Während der Pandemie habe es einen regelrechten Boom gegeben, sagt sie: „Das war der Wahnsinn, wir hatten 80 bis 100 Bestellungen pro Woche.“ Jetzt seien es nur noch rund zehn Anfragen, die pro Woche über das Internetportal eingehen. Dieser Rückgang macht sich bemerkbar, deshalb stelle sich allmählich auch die Kosten-Nutzen-Frage, so Kiening. Solange die anderen Lieferanten aber noch Interesse haben, will das Landwirtspaar erst einmal weitermachen.

Eine App ermöglicht den Hofladen-Einkauf rund um die Uhr

Auch haben die Kienings festgestellt, dass viele Kunden unabhängig von den Öffnungszeiten eines Hofladens einkaufen wollen, deshalb haben sie einen weiteren Laden im hinteren Bereich der Verarbeitungshalle eingerichtet. Dessen Besonderheit: Er ist rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr geöffnet. Seit vergangenem Juni ist das 24/7-Geschäft nutzbar, dort gibt es neben den Erzeugnissen des eigenen Hofes auch Feinkost und Eier von anderen Landwirten. Georg Kiening versichert: „Alles regional, nichts ist von weit her importiert.“ Die Produkte stehen teilweise auf alten Wohnzimmerschränken des Farbtons „Eiche rustikal“, teils in Kühlschränken – die Kunden wissen dieses besondere Flair zu schätzen, weiß Caroline Kiening aus Gesprächen mit ihnen.

Eine App benachrichtigt Caroline Kiening, wenn ein Produkt im kontaktlosen Hofladen verkauft wurde. Dann ist es Zeit, frische Ware nachzulegen. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Die Tür des Selbstbedienungs-Shops öffnet sich mit einem QR-Code. (Foto: Niels P. Jørgensen)
In dem Geschäft gibt es auch Produkte anderer Landwirte aus der Region, unter anderem Suppe. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Eine Frage stellt sich bei diesem Konzept ohne Personal und Öffnungszeiten jedoch schnell: Wie ist es um Sicherheit und Qualität der Waren bestellt, die im neuen Hofladen angeboten werden? „Dafür haben wir Überwachungskameras und unsere App“, sagt Caroline Kiening. Die App „Lokbest“ sorgt dafür, dass alles reibungslos abläuft. Sie ist für die Betreuung neuartiger Hofläden konzipiert und funktioniert so: Der Kunde meldet sich bei der App mit seinen persönlichen Daten an. Am Hof angekommen, wählt er den Filialstandort in der App aus. Nun bekommt er einen QR-Code, den ein Scanner an der Eingangstür des Hofladens liest. Die Tür öffnet sich daraufhin.

Hofverkauf wird immer wichtiger

Im Laden selbst hat jedes Produkt einen QR-Code am Regal, den die Kunden bei Entnahme scannen. Bezahlt wird automatisch über das in der App hinterlegte Online-Zahlungsmittel. Sobald etwas gekauft wurde, bekommt Caroline Kiening eine Benachrichtigung auf ihr Handy. So weiß sie einerseits, welche Produkte nachgefüllt werden müssen, andererseits kann sie sich so in ihrer Freizeit über Verkäufe freuen: „Es ist schon gut, wenn man am Sonntagnachmittag auf der Terrasse sitzt und sich währenddessen die Ware verkauft“, erzählt Kiening mit einem Schmunzeln.

Bis jetzt werde das App-Angebot vor allem von Stammkunden angenommen. Probleme mit nicht oder zu wenig zahlenden Kunden gab es noch keine. Doch ausschließlich auf das kontaktlose Geschäft umsteigen, möchten die Kienings keineswegs: „Die Leute möchten das Gespräch mit den Landwirten, die ihnen auch etwas über ihre Ware erzählen können.“ Das ist in ihrem klassischen Hofladen auch weiterhin möglich. Der App-gesteuerte Bereich sei aber eine gute Ergänzung, besonders am Wochenende und auch der bei Landwirten traditionell rar gesäte Urlaub sei damit etwas leichter möglich, so die Kienings.

Generell sei der Hofverkauf, ob persönlich oder nicht, eine immer wichtiger werdende Säule in seinem Betrieb, sagt Georg Kiening. Denn die Zusammenarbeit mit großen Supermärkten gestalte sich durch die vielen Auflagen immer schwieriger. Da sei es wichtig, ein zweites Standbein zu haben. Schon jetzt macht der Hofverkauf 30 Prozent des Betriebsumsatzes aus. Familie Kiening hofft, dass der Trend zu bewusster Ernährung mit regionalen Produkten anhält.

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