Kanzler Merz im Schlagabtausch mit einer Fliege | ABC-Z

Berlin. Erst verteidigt sie ihn vor einer Fliege, dann kritisiert er ihre Möbel. Merz ist beim „ARD“-Talk „Maischberger“ angriffslustig.
Friedrich Merz, Kanzler, CDU-Vorsitzender, Gast der Sendung „Maischberger“ – und Ziel einer Studiofliege. „Die ist sonst bei mir“, sagt Maischberger, während sie ihm mit ihren Karten vor dem Kopf herumwedelt. „Heute ist sie besonders gern bei Ihnen.“ Merz wirkt einen Moment irritiert. Dann doch höflich: „Das ist sehr fürsorglich.“ Es ist ein Satz, den man auch als Unterton der ganzen Sendung lesen kann.
Maischberger bleibt souverän, auch als Merz früh versucht, das Gespräch umzulenken. „Dürfen Sie eigentlich noch fliegen?“, fragt sie, mit Blick auf sein Privatflugzeug. Merz, erkennbar ungehalten: „Wer soll mir das verbieten? Das ist ein Kindheitstraum von mir, den habe ich verwirklicht.“ Und dann, mit merklich dünner Geduld: „Frau Maischberger, wollen wir so weitermachen? Oder wollen wir über Europa reden?“
Maischberger provoziert mit Trump-Vergleich
Die Szene ist exemplarisch. Der Kanzler versucht, das Setting zu kontrollieren – Maischberger lässt sich nicht beirren. Sie kontert trocken: „Die Frage ist ja, wer das Land regiert. Aber wir können auch gleich zu Trump kommen.“ Schließlich hätten sie ja eine gemeinsame Leidenschaft, das Golfspiel, seien „ähnlich gestaltet“. Die Gesichtszüge entgleiten Merz. „Jetzt wird das spannend mit ihrer Sendung.“
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Friedrich Merz ist an diesem Abend der einzige Gast. Eine ganze Sendung lang wird er befragt, ohne politische Gegenspieler. Es ist eine Gelegenheit, die wohlüberlegt genutzt wird – nicht zufällig einen Tag vor dem zweiten Koalitionsausschuss. Und es gibt zwischen CDU und SPD eine große Menge an Konfliktpotenzial – und mit der CSU, die Merz mehr oder minder augenzwinkernd als halbe Partei in der Koalition bezeichnete.
Sicherheitspolitik und NATO-Ziele: Merz betont Führungsanspruch
Zunächst dominieren die außenpolitischen Themen – eigentlich ein perfektes Merz-Selbstbild. Auf die Frage, ob Donald Trump eine Gefahr für Europa sei, sagt Merz: „Wenn der amerikanische Präsident und der deutsche Bundeskanzler gut miteinander reden können, dann ist das erstmal gut.“
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Zur Zukunft der transatlantischen Beziehungen erklärt er: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Amerikaner ihr Engagement aufrechterhalten, aber nicht mehr so sehr wie bislang.“ Deutschland müsse mehr Verantwortung übernehmen: „Wir bereiten uns auf eine schwierige Zeit vor.“
Patzer im Ukraine-Kontext: Sanktionen gegen das falsche Land?
Merz kündigt an, Deutschland werde früher als geplant fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Sicherheit ausgeben – 3,5 Prozent für Verteidigung, 1,5 für Infrastruktur. Auf die Frage, ob das den Wohlstand gefährde, antwortet er: „Dieses Land kann wohlhabender werden, trotz der nötigen Investitionen.“ Ob Deutschland eigene Atomwaffen brauche, verneint Merz – mit Verweis auf internationale Verträge. Zugleich denkt er laut über eine mögliche Ausweitung des französischen Atomschutzes auf Deutschland nach.
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Zu einem Patzer kommt es, als Maischberger Merz wieder „auf dem falschen Fuß“ oder vielleicht dem doch sehr spannenden trifft. Sie will wissen, was er zu Putins Einschätzung sagt, dass Deutschland in den Krieg eintreten würde, sollten deutsche Soldaten Taurus-Waffen für die Ukraine bedienen. „Deutschland wird nicht Kriegspartei“, stellt er klar – und wirkt dabei fast, als würde er ein Mantra wiederholen.
Maskenaffäre um Jens Spahn: Merz stellt Ermittlerin infrage
Stattdessen setze er gemeinsam mit den europäischen Partnern auf Sanktionen – das seiner Einschätzung nach härteste Paket soll nun kommen: „Dann wird auch das 18. Paket gegen die Ukraine in Kraft treten“, sagt er und bemerkt nicht sein Versprecher. Maischberger korrigiert: „Russland.“ Doch Merz ist in Fahrt. Und der Zug hat keine Bremse. Zumindest für den Moment.
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Innenpolitisch wird der Ton sehr schnell sehr rau. Merz spricht angesichts der mutmaßlichen sexuellen Übergriffe an mindestens acht Mädchen von einer „großen Respektlosigkeit gegenüber unserer Kultur“ und plädiert für Abschiebungen auch nach Syrien. Ob das völkerrechtlich haltbar sei, lässt er offen – man müsse „alles tun, um das zu unterbinden.“
Auf die Aufarbeitung der Maskenaffäre um Jens Spahn angesprochen, kritisiert Merz die Sonderermittlerin: „Zu einem rechtsstaatlich einwandfreien Verfahren hätte zumindest gehört, dass der Betroffene gehört wird.“ Und dann ist da noch Angela Merkel.
Keine Lust auf Altkanzler-Abend: Merz meidet Merkel und Schröder
Maischberger spielt eine Interviewsequenz vor, in dem Merkel betont, dass an deutschen Grenzen „jeder, der Asyl sagt, ein Verfahren bekommen“ müsse. Merz reagiert reserviert: „Wir versuchen, das europäische Recht einzuhalten. Aber solange es dysfunktional ist, müssen wir unsere Grenzen selbst schützen dürfen.“
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Nicht mal ein Bier würde er mit Merkel trinken, so groß ist die Abneigung gegen die ehemalige Kanzlerin der eigenen Partei offenbar. Gefragt, ob er lieber mit Gerhard Schröder oder Angela Merkel ein Bier trinken würde, sagt er schnell: Mit keinem.
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Ob sein Vater – aus Protest gegen Merkel aus der CDU ausgetreten – nun wieder eingetreten sei?, will Maischberger von ihm wissen. Merz: „Nein, ich will ihm das Beitrittsformular nicht zumuten. Das würde im Übrigen den Altersdurchschnitt meiner Partei noch weiter erhöhen.“
Merz gelingt es nicht, die Bühne für sich zu gewinnen
Der Versuch, die Bühne allein zu nutzen, läuft nicht reibungslos. Maischberger bleibt hartnäckig – an Themen, an Ton, an Haltung. Und ja, sogar bei der Fliege. Der Kanzler zeigt sich informiert, durchgeplant – und zugleich dünnhäutig. Nicht jedes Argument sitzt, nicht jede Rhetorik trägt. Insbesondere die Momente, wo er die Moderatorin belehren möchte, wirken ungeschickt, während die humorvollen ihn eigentlich recht sympathisch zeigen.
Doch sichtbar wird: Friedrich Merz verfolgt eine Linie. Und Sandra Maischberger verteidigt den Raum, in dem sie hinterfragt werden darf – inklusive ihrer Stühle. Seine Mutter werde morgen nämlich eine Stilkritik machen, kündigt Merz an. „Sie haben heute aufrecht gesessen“, attestiert ihm Maischberger. „Obwohl die Stühle zu klein sind, aber das habe ich Ihnen schon mal gesagt“, antwortet Merz.