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Kann es strafbar sein, Hakenkreuze wegzumachen? | ABC-Z

Manchmal ist die Strafjustiz haarsträubend ungelenk. Der Umgang mit öffentlich wahrnehmbaren verfassungsfeindlichen Symbolen, besser gesagt, deren Beseitigung, ist ein gutes Beispiel. Die Göttinger Staatsanwaltschaft hat vor Kurzem einen Strafbefehl wegen Sachbeschädigung beantragt gegen eine Person, die in einer Wohnanlage sichtbare sowie nur unzureichend übermalte Hakenkreuze mit lila Farbe überstrichen hatte, nachdem der Eigentümer nicht selbst tätig geworden war. Dass es um Hakenkreuze ging, verschwieg die Staatsanwaltschaft in ihrem Antrag. Als käme es darauf nicht an.

Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.



Eine Geldstrafe sollte verhängt werden, wegen der nicht unerheblichen Veränderung des Erscheinungsbildes der Wände. Das Amtsgericht sah keinen hinreichenden Tatverdacht, das Gesamterscheinungsbild sei nicht in einem „rechtsgutspezifischen Sinn verändert“, da offensichtlich verfassungswidrige Inhalte übermalt worden seien, zudem stünde das Recht auf freie Meinungsäußerung der Malerin einer Verurteilung entgegen.

In Göttingen kennt man sich aus. 2015 wurde eine Frau für „ihre konsequenten Aktivitäten“ gegen Rechtsex­tremismus durch jahrzehntelanges Entfernen von Schmierereien mit dem Göttinger Friedenspreis geehrt.

Stefanie Schork
Stefanie SchorkF.A.Z.

Tatsächlich kommt es aber regelmäßig zu Verurteilungen in ähnlichen Fällen, auch die belobigte Aktivistin hat es schon getroffen. In Berlin. Ursprünglich erforderte die Sachbeschädigung, dass die Substanz der bemalten Oberfläche verletzt wird, was häufig erst sachverständig, also kostenintensiv, festgestellt werden musste. Mit dem „Graffiti-Bekämpfungsgesetz“ sollten bereits vor Jahren die Gutachten überflüssig werden, und es wurden schon nicht unerhebliche, dauerhafte Veränderungen des Erscheinungsbildes einer Sache strafbar. Daran, dass fortan auch verfolgt werden könnte, wer seiner staatsbürgerlichen Pflicht nachkommt und Nazi-Symbole unkenntlich macht, dachte niemand. Strafgerichte, die freisprechen wollen, müssen gegen den Wortlaut mit dem Schutzzweck der Norm argumentieren.

Wer verfassungsfeindliche Kennzeichen verwendet, begeht eine Straftat. Bleibt ein Hakenkreuz an fremdem Eigentum, muss der Eigentümer schnellstmöglich dafür sorgen, dass es verschwindet, sonst macht er sich selbst strafbar. Dass in Göttingen ein Strafverfahren gegen den untätig gebliebenen Eigentümer eingeleitet worden wäre, ergibt sich aus der Akte nicht.

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