Kampf gegen die Faschisten: Wie ein Deutscher zum Partisanen wurde – Politik | ABC-Z
Im Sommer 2018 stieß die Bremer Autorin Ulrike Petzold in dem ligurischen Küstenort Framura auf ein Plakat. Es wies auf einen Film über einen aus Bremen stammenden Wehrmachtsangehörigen und Partisanen namens Rudolf Jacobs hin. Ein Soldat Nazi-Deutschlands bei der italienischen Resistenza? Petzold ging der Geschichte nach. Dabei erfuhr sie, dass der in Deutschland kaum bekannte Jacobs in Italien als „Buon Tedesco“, als „Guter Deutscher“, verehrt wird. Es gibt dort Bücher über ihn, Filme und Theaterstücke. In Parma ist eine Straße nach ihm benannt. Im ligurischen Sarzana würdigt ihn ein Monument mit den Worten: „Er hat sich geopfert für Italien, für die Freiheit, für ein ideales Vaterland – am 3. November 1944.“ In ihrem mit historischen Fotos angereichertem Buch „Rudolf Jacobs“ zeichnet Petzold den außergewöhnlichen Schritt des Marine-Obergefreiten zum Deserteur und Partisanen nach, der schließlich im Kampf fällt.
Jacobs wird 1914 in eine wohlhabende Bremer Familie hineingeboren. Er lässt sich zum Seemann ausbilden, heiratet, bekommt zwei Söhne, studiert Architektur. Im Zweiten Weltkrieg wird er zur Wehrmacht eingezogen und 1944 an die Front im norditalienischen Ligurien versetzt. Die deutschen Besatzungstruppen versuchen dort, das Vorrücken der Alliierten nach Norden aufzuhalten. Zugleich liefern sich Wehrmacht und SS Gefechte mit Partisanen. Bei Racheaktionen ermorden deutsche Einheiten Tausende Zivilisten und löschen ganze Dörfer aus.
„Umzingelt von den Massakern“ der Wehrmacht und SS
Rudolf Jacobs, so die Autorin, wird von den Verbrechen gewusst haben. „Er ist regelrecht umzingelt von den Massakern, die immer näher an ihn heranrücken.“ Eines Morgens im August 1944 verlässt er die requirierte Villa bei La Spezia, in der er stationiert ist, und macht sich auf in die Berge zu den Partisanen, mit denen er zuvor Kontakt aufgenommen hat.
Wie an anderen Fronten in Europa desertierten in Italien zahlreiche Männer der Wehrmacht und SS. Einige schlossen sich dem italienischen Widerstand gegen die Nazis und Mussolini-Faschisten an. Doch nur wenige kämpften mit der Waffe gegen ihre früheren Kameraden. Ulrike Petzold zeichnet in ihrem knapp gehaltenen, dichten Buch nach, warum Jacobs dazugehörte, was er bei den Partisanen erlebte und wie er schließlich bei einem Angriff auf faschistische Brigaden erschossen wurde. Sie beschreibt auch, wie Deserteure nach dem Krieg in der Bundesrepublik angefeindet und verunglimpft wurden. Und warum sogenannte Kriegsverräter, die zu den Feinden Nazi-Deutschlands übergelaufen waren, erst 2009 rehabilitiert wurden.