Kaltenberg: Kürbiswelten statt Ritterturnier – Fürstenfeldbruck | ABC-Z

Na klar, Ritter, was denn sonst? Schließlich ist man in Kaltenberg. Der kleine Ort bei Geltendorf im Landkreis Landsberg am Lech ist weltbekannt geworden mit einem Ritterturnier, das dort seit 1980 stattfindet und sich zur ersten Mittelalter-Adresse der Neuzeit entwickelt hat. Und nun stehen sie da, die beiden Ritter – zu Pferde, mit der Lanze in der Hand. Ohne Regung. Wie zwei Standbilder. Es sind Ritter aus Kürbissen. Und es sind gerade keine Ritterspiele in Kaltenberg. Sondern die Kürbiswelten.
Die Ritterspielmacher versuchen sich, startend am ersten Wiesn-Samstag, an einer neuen Idee. Kürbiswelten ist eine Kürbis-Erlebnisausstellung. An sieben Wochenenden – bis Anfang November – dreht sich alles um den Kürbis. Erster Eindruck: Man kann ihn nicht nur essen, sondern vor allem verschiedene Figuren daraus bauen und sich an deren Anblick erfreuen. Je mehr Kürbisse, desto größer und beeindruckender die Figur.
Das Motto lautet „royal“, was gut zu Schloss Kaltenberg passt, denn die Bewohner dort entstammen einer bayerischen Adelsfamilie. Und so sagt Heinrich Prinz von Bayern, Ur-Ur-Enkel des letzten bayerischen Königs Ludwig III. und Leiter des von seinem Vater, Luitpold Prinz von Bayern, initiierten Ritterturniers, dass man hoffe, das neue Event in Bayern etablieren zu können. Es ist ein erster Testlauf, danach sollen die Kürbiswelten „wachsen und zu einer eigenständigen Sache“ werden.
Bei der Premiere wird längst nicht das ganze Gelände rund um Schloss Kaltenberg benötigt. Zu sehen sind royale Figuren in Übergröße: ein riesiger König auf dem Thron, der Froschkönig, der Löwe als König der Tiere, eine Bienenkönigin in einer Wabe, eine große Krone, die Königsfigur auf dem Schachbrett, aber eben auch die beiden Ritter, ein Bogenschütze, der Meeresgott Neptun, eine Meerjungfrau. Alles gestaltet mit vielen verschiedenen und verschiedenfarbigen Kürbissen. In Handarbeit werden sie auf eigens gefertigten Objekten angebracht. Für einen Ritter und sein Pferd würden bis zu 2500 Kürbisse verbaut, erzählt Stefan Hinner. Zwei erfahrene Mitarbeiter seien dafür einen Tag lang beschäftigt. Wer weniger Erfahrung hat, der bastelt schon mal länger daran. Hinner muss es wissen. Er ist sozusagen der Kürbis-Mastermind hinter der Ausstellung.
Hinner ist Leiter des Deutschland- und EU-Geschäftsführer der Schweizer Firma Jucker, er plant den Auf- und Abbau der Kürbisausstellungen, und in Kaltenberg ist er auch als eine Art Kürbisvertreter unterwegs. Auf einer Bühne klärt er die Besucherinnen und Besucher über die unterschiedlichen Kürbisarten auf, wie man sie aufschneidet und zubereitet. Er weiß alles über Kürbisse. Dass der Kürbis gesund ist, dass er auch ohne Kühlschrank gut haltbar ist und man ihn lediglich vor Frost schützen muss. Und dass er im botanischen Sinne zu den Beeren gehört. Das sieht man ihm bei seiner bisweilen stattlichen Größe gar nicht an.
Auch mit der Mutter aller Kürbisausstellungen beim Barockschloss im baden-württembergischen Ludwigsburg hat Hinner federführend zu tun. Sie startete im Jahr 2000 und ist mittlerweile die größte ihrer Art. Jedes Jahr zieht es 300 000 Gäste dorthin. Die Kaltenberger Kürbiswelten werden in Kooperation mit dem Team aus Ludwigsburg veranstaltet, das auf der Suche nach neuen Orten für seine Ausstellung war.
Haufenweise im wahrsten Wortsinn werden in Kaltenberg die verschiedensten Arten angeboten: Sie heißen Carnival, Rosa oder Roter Hokkaido, Yellow Jacket, Sweet Dumpling, Mini Turban, Indian Mix oder Butternut. Ihre Formen sind rund, oval oder länglich. Sie sind beige, gelb, orange oder grünlich. Ein paar sind nur zur Zierde gedacht, andere kann man zu Hause erst als Dekorationsobjekt aufstellen und danach aufessen. Manche kann man auch roh verzehren, andere eignen sich gekämpft, als Ofengemüse oder püriert. In Kaltenberg gibt es Kürbisbratwurst, -aufstrich, -suppe und -käsekuchen zu essen und vor allem gibt es Kürbisse und Kürbisprodukte wie Konfitüren, Chutneys, Kürbiskerne und Kürbiskernöl zu kaufen.

An den nächsten Wochenenden bis zum 2. November umfasst das Programm der Kürbiswelten die bayerischen Kürbismeisterschaften, ein Riesenkürbisschnitzen und Bayerns größte Kürbissuppe soll in einem 555 Liter fassenden Topf angerührt werden. Eine Pumpkin Light Night mit beleuchteten Kürbissen soll auf Halloween einstimmen, eine Halloween-Party am 31. Oktober dann Höhepunkt der Kürbiswochen sein. Tickets gibt es unter schloss-kaltenberg-kuerbiswelten.de
Auch eine Kürbisregatta wird es geben. Dazu wurde eigens in der Arena, in der sich sonst die Ritter duellieren, ein Pool aufgebaut. Boote braucht es dazu nicht, denn das Boot ist in diesem Fall ein Riesenkürbis. Einer wie das 364-Kilo-Teil, das Hinner schon tags zuvor in einer Demonstration für Medienvertreter fachgerecht aufgeschnitten und ausgehöhlt hat. Das muss man können, damit die Bootsfahrer auch gut darin knien können. Am sommerlich-heißen Eröffnungstag steigen vor allem Kinder in das Kürbisboot und paddeln über das künstliche Gewässer. Fortbewegung zu Wasser in einem Fruchtgemüse – eine kuriose Idee. Und wo wurden kuriose Ideen früher ausgelebt? Richtig, in der Fernsehsendung „Wetten, dass“. Und so ist es kein Wunder, dass die Kürbis-Junkies aus Ludwigsburg im Jahr 2007 dort mit ihren Riesenkürbisbooten an den Start gingen – und gewannen.