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Juwelier in München seit 160 Jahren: “Solche Jubiläen sind selten” | ABC-Z

München – Oben in der Werkstatt feilt Paulina Schachler (22) an einem wuchtigen Ring. Er ist so breit, dass er auch auf einen Besenstiel passen würde. Um die Goldschmiedin in Ausbildung hängen allerlei Zangen, Feilen und elektrische Schleif- und Polierstäbe. Es soll ein Siegel-Ring werden – eine individuelle Anfertigung für einen Kunden.

Die Fridrichs konnten immer wieder die eigenen Kinder begeistern

“Solche Ausmaße sind auch bei uns die absolute Ausnahme”, sagt Korbinian Fridrich. Der 39-jährige Goldschmied und Betriebswirt leitet die Werkstatt des Juwelier- und Uhrengeschäfts Fridrich. Ein Traditionsgeschäft, mitten in der heutigen Fußgängerzone. Dessen Geschichte ist mit der Münchner Stadtgeschichte verflochten und eine Seltenheit: Die Familie feierte in dieser Woche ihr 160-jähriges Bestehen.

Eine Vertreterin der Industrie- und Handelskammer übergibt den vier Männern der Familien Lindner und Fridrich (26, 39, 65 und 81 Jahre alt) eine große Urkunde. Zu solchen Jubiläen könne sie wirklich selten gratulieren, sagt Elke Christian. “Auch weil sie es über die Jahrzehnte geschafft haben, auch ihre Kinder für das eigene Geschäft zu begeistern.”

Vier Juweliere führen die Geschäfte in sechster Generation.
© Daniel von Loeper
Vier Juweliere führen die Geschäfte in sechster Generation.

von Daniel von Loeper

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Fundament wurde von Uhrmachermeister 1864 gelegt

Leopold Lindner ist mit 26 der jüngste Fridrich-Nachkomme im Juweliergeschäft. 2020 hat er sein BWL-Studium beendet und sich zum Diamantgutachter weitergebildet. Vor ihm steht die Kollektion des Hauses: einzelne Halsketten, Ohrringe in Gold und Platin mit markanten Steinen. “Wir wollen unseren Kunden etwas Individuelles bieten und uns damit abheben”, sagt er.

Das Fundament für ihren Betrieb legte Uhrmachermeister Baptist Fridrich 1864. Zu einer Zeit, in der das Oktoberfest mit 130.000 Menschen einen Besucherrekord vermeldete, sagt Stephan Lindner. Er ist der Vater von Leopold und Ur-Ur-Enkel des Gründers. Der habe nicht ahnen können, dass seinem Geschäft 50 Jahre später zwei Weltkriege bevorstehen würden.

Das Gebäude direkt neben Fridrich ist bis heute nicht wieder aufgebaut. Stattdessen verläuft hier heute die Hackenstraße, die einzige kleine Straße, die die Fußgängerzone vor dem Sendlinger Tor unterbricht. Zur Zeit des Wirtschaftswunders sei im Uhrengeschäft ein “ruinöser Preiskampf” ausgebrochen, erzählt Lindner. Deshalb hätten seine Vorgänger neben den Uhren auch Schmuck ins Sortiment aufgenommen.

Das Haus im Jahr 1943.
© privat
Das Haus im Jahr 1943.

von privat

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Aber erst seit 1981 gibt es die Werkstatt und damit Schmuckstücke aus eigener Kreation. Im Nachhinein eine weitsichtige Entscheidung. Denn der Verlobungsring brachte ein ganz neues Geschäftsfeld. Tatsächlich hat erst Hollywood in den 1990er Jahren die Nachfrage nach den Ringen mit funkelnden Solitärsteinen nach Deutschland gebracht.

“Davor hat man mit den Trauringen einen Antrag gemacht und sie vor der Hochzeit noch links getragen”, sagt einer, der es wissen muss. Wilhelm Fridrich arbeitet mit seinen 81 Jahren schon über 50 Jahre im eigenen Geschäft. Warum er sich nicht längst in die Rente verabschiedet habe? “Das wäre ja furchtbar!”, sagt er, und außerdem: “Ich glaube, dass der Mensch Spannung braucht.” Nach etwa drei Jahren würde man sonst “verblöden”, sagt der Senior.

Damit gelingt im Haus Fridrich ein Generationenkunststück. Trotz einer Altersspanne von über 50 Jahren schaffen es die vier Familienmitglieder, das Unternehmen erfolgreich zu führen. “Wir wollen weiter wachsen und uns entwickeln”, sagt Korbinian Fridrich. “Aber immer peu à peu und nachhaltig, so wie das unsere Vorgänger vorgelebt haben.”

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