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Justin Engel: Deutschlands hoffnungsvollstes Tennistalent bei den BMW Open – Sport | ABC-Z

Justin Engel ist 17 Jahre alt und die Nummer 347 der Weltrangliste, er steht also noch eher weit hinten. Aber wenn Journalisten Kontakt zu dem Tennisprofi aufnehmen wollen, empfiehlt es sich neuerdings, über Engels Medienberater zu gehen. Dieser ist Stefan Hempel, Sportkommentator bei Sky, ein netter, tennisaffiner Mensch. Sollte es Sponsoren geben, die sich mit Engel in Verbindung setzen wollen, ist es ratsam, sich an den früheren Davis-Cup-Spieler Carl-Uwe Steeb zu wenden. Der Ex-Profi ist zurück im Tennisgeschäft und für Sportfive aktiv. Die Agentur, die sich auch um Alexander Zverev und Boris Becker kümmert, hat Engel unter Vertrag genommen. Bei den BMW Open in München, die am Montag begonnen haben, erhielt Engel eine Wildcard, einen Startplatz fürs Hauptfeld, keine Selbstverständlichkeit.  Aber Turnierdirektor Patrik Kühnen sagt es, wie es ist: „Justin ist Deutschlands hoffnungsvollstes Tennistalent.“ Und als dieses erfährt der Franke aus Nürnberg bereits eine andere Wertschätzung.

Engel machte erstmals 2024 auf sich aufmerksam. In Almaty gewann er als jüngster Profi seit dem Spanier Carlos Alcaraz 2020 ein ATP-Match. Eigentlich wollte er an der Qualifikation für ein Challenger in Italien teilnehmen, als ihm eine Wildcard für das 250er-Turnier in Kasachstan angeboten wurde. Kurz darauf besiegte er Coleman Wong aus Hongkong. Auch wenn er dann am Argentinier Francisco Cerundolo scheiterte, sauste sein Name durch die Branche. Dass das deutsche Männertennis nicht mit einer Schar an Nachwuchskräften gesegnet ist, ließ sich auch daran erkennen, wie sehr Engel seit seinem Erfolg in Almaty mit Lob überschüttet wird. Auf ihm ruhen die Hoffnungen.

In manchen Medien ist er das „Supertalent“ und „auf den Spuren von Boris Becker“. Becker schwärmte, klar, auch von Engel. Philipp Kohlschreiber, der Engel nun trainiert, meinte, sein Job sei eine der „spannendsten Aufgaben in Deutschland – vielleicht momentan sogar weltweit“. Kohlschreiber war mal die Nummer 16 der Welt, hat alle Tennisbühnen erlebt und viele Male mit Roger Federer trainiert. Aber auch der heute 41-Jährige ist beeindruckt von Engel, der als Junge ein guter Kickboxer war.

Turnierdirektor Kühnen mahnt zu Geduld: „Gebt dem Jungen Zeit! Das ist ein harter Weg.“

Kühnen vergab die Wildcard auch deshalb an Engel, weil man in München stets gute junge Spieler unterstütze, wie er betont. Zverev erhielt mit 16 einen Startplatz beim Turnier im MTTC Iphitos. So begann dessen Karriere. „Er ist ein Junge, der große Ambitionen hat“, sagt Kühnen über Engel, warnt aber auch: „Gebt dem Jungen Zeit! Das ist ein harter Weg.“ Auf Engel komme, wie Kühnen erklärt, eine fordernde Aufgabe zu: Er solle die Euphorie mitnehmen, die ihn wie ein Wattebausch umgibt. Doch dürfe er sich nicht blenden lassen. Das, was er bislang erreicht hat, sei ja nichts verglichen mit den Zielen, die er sich steckt. Die Nummer eins der Weltrangliste will er werden. Und Grand-Slam-Sieger. „Ich trainiere wirklich viel und hart“, sagt Justin Engel am Montag in einem kurzen Gespräch mit der SZ. „Wenn ich so viel investiere, dann will ich nicht nur die Nummer 20 der Welt werden.“ In Deutschland übt Engel oft in der Tennis-Base in Oberhaching, dem DTB-Bundesstützpunkt sowie Leistungszentrum des Bayerischen Tennis-Verbandes. Ende des Jahres will er nach Monte-Carlo ziehen. Dann würde er quasi Nachbar von Zverev werden, der dort schon lebt. Der 27-Jährige gewann am Montagabend sein Auftaktmatch in München gegen den Franzosen Alexandre Müller 6:4, 6:1.

Kohlschreiber traut Engel in jedem Fall zu, in die Weltspitze vorzustoßen. „Justin hat einen unglaublichen Willen. Er hat seine großen Träume. Dafür tut er alles“, sagt er. Dann lächelt er. „Manchmal muss man ihn fast bremsen.“ Es mache ihm viel Spaß, Engel zu formen. „Er ist in vielen Facetten noch ein Rohdiamant. Von seiner Power her spielt er Männertennis. Jetzt geht es darum, ihn taktisch in einem Crashkurs schlauer auf dem Platz zu machen.“ Vater Horst, der weiter Justins Trainer bleibt und sich mit Kohlschreiber abwechselt, war selbst ein exzellenter Spieler, als Senior wurde er Europameister. Die frühere deutsche Spielerin Anca Barna führte er als Coach auf den 46. Weltranglistenplatz. „Der große Vorteil von Justin ist, dass er früh ein erwachsenes Mindset bekommen hat“, sagt Horst Engel. „Er war aufgrund der vielen Turnierreisen viel mit Erwachsenen zusammen.“

Am Dienstag trifft Engel auf Fabian Marozsan, 25, der Ungar ist 77. der Weltrangliste. „Ich freu mich riesig aufs Match und spüre positive Nervosität“, sagt Justin Engel, der mit Max Hans Rehberg, 21, nach zwei Siegen in der Qualifikation auch im Doppel-Hauptfeld steht. „Diese Erfolge werden ihm guttun, er ist voll im Turnier integriert“, glaubt Kühnen. „Er muss auch mal ins kalte Wasser geworfen werden.“ Dieser Moment ist gekommen.

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