Junge Klassik: China macht’s möglich – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z
Frische Blumen im Hotelzimmer, ein Bankett mit 17 Gängen und knapp 3000 begeisterte Gäste: Für 63 junge Musikerinnen und Musiker der Neuen Philharmonie München (NPhM) hat das Jahr mit Euphorie und Überschwang bei frühlingshaften Temperaturen begonnen – in Shenzhen, einer Metropole im Südosten Chinas. Es war die dritte China-Reise für das international besetzte Projektorchester der Musikwerkstatt Jugend und zugleich der Auftakt in ein Jubiläumsjahr. Vor 20 Jahren hat Franz Deutsch mit Gleichgesinnten die Musikwerkstatt in Icking gegründet.
„Keiner hätte damals an eine Asien-Tournee gedacht“, sagt Deutsch heute. „Keiner hätte gedacht, dass das einmal so ein Apparat würde.“ Die jüngste Reise wertet er als einen „extrem großen Erfolg“. Nicht nur, weil das Publikum bei drei gut besuchten Konzerten erst „mucksmäuschenstill“ gelauscht und dann begeistert applaudiert habe. Die Gastspiele in China haben dem Orchester seinen Worten nach Renommee und vor allem auch eine dringend benötigte Finanzspritze eingebracht.
„Besser als das London Philharmonic Orchestra“
„Unser Programm im Jubiläumsjahr wäre ansonsten nicht möglich gewesen“, sagt Deutsch. Allein das für März geplante Mahler-Großprojekt – in Wolfratshausen erklingt seine zweite Symphonie mit mehr als 200 Mitwirkenden – koste 120 000 Euro. „Mit öffentlichen Geldern ließe sich das nie finanzieren.“
Der Zuspruch unter jungen Musikerinnen und Musikern ist derweil ungebrochen. Für die China-Tour, die Anfang September „extrem kurzfristig“ angesetzt wurde, hätten sich innerhalb weniger Tage 200 Interessenten gemeldet, sagt Deutsch. 63 durften Ende Dezember ihren Koffer packen und Silvester im Flugzeug feiern. In der Konzerthalle von Shenzhen spielten sie unter der Leitung von Fuad Ibrahimov unter anderem Tschaikowskys vierte Sinfonie und traten damit in direkte Konkurrenz zum London Philharmonic Orchestra, das dort tags zuvor dasselbe Programm gegeben hatte. Die NPhM brauche einen solchen Vergleich nicht zu scheuen, sagt Deutsch. Im Gegenteil: „Sie haben besser gespielt, extrem feurig.“
Gastgeber waren eine chinesische Veranstaltungsfirma und das staatliche Institut für Kulturaustausch. Deutsch geht davon aus, dass für die Verantwortlichen die Image-Pflege im Vordergrund stehe. Einen finanziellen Gewinn hätten sie sicher nicht gemacht, auch wenn die Ticketpreise zwischen 40 und 160 Euro gelegen hätten. „Sie schmücken sich mit westlichen Kontakten.“ Was ihn neben der Gastfreundschaft beeindruckt hat: Das Lärmlevel in der Metropole sei dank der vielen E-Autos erstaunlich niedrig, die Stadt sauber und grün. „Vor 40 Jahren war Shenzhen ein Fischerdorf, jetzt leben dort 23 Millionen Menschen.“
Auf eine außergewöhnliche Entwicklung kann auch die Musikwerkstatt Jugend zurückblicken, die sich vor 20 Jahren dem Ziel verschrieben hat, junge Talente umfassend zu fördern. Seither bietet der Verein eine differenzierte Orchesterarbeit im Kinderorchester Isartal, im Jugendorchester Sinfonietta und in der Neuen Philharmonie München. Diese zeigt am Samstag, 15. März, in der Wolfratshauser Loisachhalle einmal mehr, was in ihr steckt – und in Mahlers „Auferstehungssinfonie“. Unterstützt wird das Orchester von den Solistinnen Lydia Teuscher (Sopran) und Natalie Lewis (Mezzosopran), die beide dem Opernstudio der Bayerischen Staatsoper angehören, vom Passionschor Oberammergau und vom Münchner Orpheus-Chor. „Das wird eine extreme Arbeit“, sagt Deutsch. Man darf gespannt sein.
Samstag, 15. März, 19.30 Uhr, Loisachhalle, Wolfratshausen, Karten zu 36 Euro über München Ticket, Schüler und Studenten frei