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Jugendsportkonferenz in Oberhaching: Sportvereine wollen an die Schulen – Landkreis München | ABC-Z

Als der RC Unterföhring vor einigen Jahren die ersten Kontakte zu umliegenden Schulen knüpfen wollte, da sei die Skepsis vielerorts groß gewesen, erinnert sich Steve Kotza. „Die falsche Vorstellung von Rugby als einem brutalen Sport ist leider immer noch weitverbreitet“, sagt der Präsident des 2013 gegründeten Vereins. Doch über das Sommerfest bekam der RCU einen Fuß in die Tür – erst bei der örtlichen Grundschule und später auch bei weiteren Schulen.

„Wir haben da einen Stand aufgebaut und unseren Sport vorgestellt“, sagt Kotza. Später kamen wöchentliche Rugby-Stunden im Nachmittagsprogramm hinzu, und vor einem Jahr stellte der Verein erstmals einen Trainer nur für die Zusammenarbeit mit Schulen ein. Das klare Ziel: Rugby und den RCU bekannter machen, Vorurteile bei Kindern und Eltern abbauen und so neue Mitglieder gewinnen.

Ähnlich wie der Klub aus Unterföhring kooperieren inzwischen viele Vereine mit Grundschulen, wie eine Studie des Würzburger Bildungsforschers Heinz Reinders zeigt. Zugleich stellt dieser aber noch viel Verbesserungspotenzial fest, und genau hier setzt die Jugendorganisation des Bayerischen Landes-Sportverbands an, die Bayerische Sportjugend (BSJ), mit Blick auf den nahenden Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder.

„Nachhaltige und gesundheitsorientierte Erziehung kann nur funktionieren, wenn Sport und Bewegung in kindgerechten Dosen angeboten werden“, betont Michael Weiß, der Vorsitzende des mit zwei Millionen Mitgliedschaften größten Jugendverbands im Freistaat. „Das Sport- und Bewegungsangebot im schulischen Ganztag muss daher verstärkt werden. Der organisierte Sport steht hierfür als starker Partner bereit.“

Ansprechpartnerin der bayerischen Sportjugend: Sozialministerin Ulrike Scharf bei der Kinder- und Jugendsportkonferenz in Oberhaching. (Foto: Claus Schunk)

Um Bewegung flächendeckend im Ganztag zu verankern, muss die Politik aus Sicht der BSJ an mehreren Stellschrauben drehen. Sieben konkrete Forderungen stehen in einem Positionspapier des Verbands, das dieser bei der Kinder- und Jugendsportkonferenz in der Sportschule Oberhaching an Bayerns Jugendministerin Ulrike Scharf (CSU) übergeben hat. Das Papier spricht sich unter anderem für eine verpflichtende tägliche Bewegungs- oder Sporteinheit im Ganztag aus. Überdies müsse die nötige Infrastruktur geschaffen werden durch den Bau, die Sanierung oder die Öffnung von Sportstätten und Sozialräumen. Und nicht zuletzt fordert die BSJ, die Zusammenarbeit mit Schulen für die Klubs zu erleichtern – etwa durch digitale Plattformen.

Wie solche Kooperationen aufgebaut und gepflegt werden können, erfuhren rund 100 Vereinsfunktionäre aus ganz Bayern bei der Kinder- und Jugendsportkonferenz in verschiedenen Workshops. Am Beginn stand ein Vortrag des Bildungsforschers Heinz Reinders, der an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg eine Studie zur Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen unternommen hat.

Die Ganztagsbetreuung bereitet Vereinen Sorgen

Den Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung, der vom Jahr 2026 an stufenweisen eingeführt wird, sähen viele Vereine als Gefahr, sagt Reinders. „Sie haben Angst, dass sie Kinder verlieren, weil sie vor lauter Schule nachmittags keine Zeit mehr haben.“ Tatsächlich sei der Ausbau des Ganztags aber auch eine Chance für Vereine, betont der Bildungsforscher. Schließlich könnten sie durch Kooperationen mit Grundschulen, „sichtbarer werden, ihre Trainer und Übungsleiter professionalisieren und insgesamt mehr Kinder erreichen“.

Dieses Potenzial wird vielerorts schon genutzt. So gaben in der Würzburger Studie fast die Hälfte von 200 befragten Vereinen im Freistaat an, Schnupperkurse an Grundschulen auszurichten. Und immerhin ein Viertel bietet über das Programm „Sport nach Eins“ wöchentliche Schul-AGs an. Jedoch sind nur 13 Prozent der Vereine in Form einer teilweisen Kooperation fest im Ganztag der Schule oder des Trägers des Betreuungsangebots integriert. Dabei böten sich hier große Chancen für Vereine, betont Heinz Reinders.

So könnten diese etwa mit den Trägern von Hort oder Mittagsbetreuung kooperieren und auf diesem Weg auch an Geld für Trainerinnen und Übungsleiter gelangen. Ein Problem sei jedoch das fehlende Wissen aufseiten der Vereine. So gaben in der Studie mehr als die Hälfte der Befragten an, die nötigen Umsetzungsschritte für eine Schulkooperation nicht zu kennen. „Dieses Wissensdefizit erschwert künftige Planungen und verdeutlicht den Bedarf an gezielter Unterstützung“, schlussfolgern die Forscher.

Zentrale Rolle für den Sport

Dies ist umso wichtiger vor dem Hintergrund des nahenden Rechtsanspruchs. Schon jetzt würden im Freistaat 60 Prozent aller Grundschulkinder nachmittags betreut, in Schule, Hort oder Mittagsbetreuung, sagte Ulrike Scharf bei der Jugendsportkonferenz. Dieser Anteil werde nun durch den Rechtsanspruch weiter steigen, wobei Sport eine „zentrale Rolle“ im Ganztag zukomme. Sie verwies auf die Bewegungshalbestunde, die vom kommenden Schuljahr an im Grundschulunterricht vorgesehen ist. Zudem sei man gerade dabei, ein bayerisches Sportgesetz auf den Weg zu bringen. Dieses sieht nicht nur die Förderung des Sports für alle Altersgruppen vor, sondern auch mehr Unterstützung fürs Ehrenamt in den Vereinen.

Letzteres könnte es den Klubs erleichtern, Kooperationen mit Schulen zu starten oder auszubauen – so wie es etwa der RC Unterföhring getan hat. Dort habe man jedoch nicht nur positive Erfahrungen gemacht, sagt Präsident Steve Kotza. Ein Problem sei die Finanzierung der Vereinsangebote in den Schulen. „Aus meiner Sicht braucht es da eine bessere Förderung“, findet er, „damit die Kosten für die Vereine nicht zu hoch werden.“

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