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Jüdische Meme-Künstlerin „Ruth Lol“: Sozialkritik in Pastell | ABC-Z

„Shoutout an alle iSraeLkritiKers, die meine Therapeutin rich machen“, steht in greller blau-roten Schrift auf einem Foto der Synagoge im australischen Melbourne, gegen die am vergangenen Freitag ein mutmaßlicher Brandanschlag verübt wurde.

Zum ersten Jahrestag des Hamas-Angriffs auf Israel am 7. Oktober hieß es auf Konfetti-Hintergrund: „Happy Anfeindungen & Antisemitismus on the rise anniversary“.

Und als Israel den Hamas-Anführer Ismail Haniyeh Ende Juli tötete, lautete das Sharepic mit Traurig-Emoji: „Condolences an die Berliner Kunst-Bubble“.

Die tausendfach gelikten Beiträge stammen von ruth__lol, einem Instagram-Account mit mehr als 18.000 Followern. Die Memes, die Ruth macht und teilt, sprechen vielen, vor allem Jüdinnen und Juden, aus der Seele.Es geht um Erinnerungskultur, den Rechtsruck, jüdische Identität, psychische Gesundheit, Sexismus und mehr.

„Never Again (Scherz)“, heißt es etwa mit Deutschlandflagge in einem der meist gelikten Beiträgen. In einem anderen mit einem traumatisiert aussehenden Kermit, dem Frosch, steht: „Born to A.C.A.B. Forced to Polizeischutz, weil du bist Judi“.

Trotz großer Reichweite will Ruth selbst nicht im Rampenlicht stehen. Sie will weder Nachnamen noch Alter oder Foto in der Zeitung veröffentlicht sehen.

„Ich finde diesen Personenkult auf Social Media einfach weird“, sagt sie der taz. „Weil das immer darin mündet, dass man eine ganz komische soziale Beziehung zu Leuten entwickelt. Und dann projiziert man ganz viele Hoffnungen und Erwartungen auf diese Person.“

Peinliche Haupt-Täterländer

Nur so viel will sie verraten: Ruth ist jüdisch, links, kommt ursprünglich aus Wien und wohnt inzwischen in Deutschland. „Ich bin von einem Lol-Land in ein anderes gezogen“, sagt sie. Lol-Land? „Na ja, sie sind beide einfach echt peinliche Länder. Und das sind beide die Haupt-Täterländer. Wenn man dort jüdisch aufwächst, dann mit dem Gefühl, nicht dazu zu gehören.“

So scheint Ruth ihre Identität zwischen zwei Welten zu navigieren, zwischen einer Bewegungslinken, die Antisemitismus immer wieder verkennt, wenn nicht aktiv reproduziert, und einer jüdischen Tradition, Kultur, Gegenwart in der Diaspora, die in den sozialen Medien wenig Platz findet – aber dafür jede Menge Anfeindungen. Es ist eine teilweise konfliktreiche Identität, die Ruth auch in ihren Memes verhandelt.

Doch ihre Meme-Karriere fing nicht mit dem Thema jüdischer Identität an, sondern mit Rammstein, als im Sommer 2023 mehrere Konzertbesucherinnen dem Frontmann der Band Till Lindemann sexuelle Übergriffe vorwarfen. Ruth postete damals eine Reihe von Instagram-Kacheln zur Causa. Auf einer dirigiert ein DJ das tanzende Publikum mit seinen Händen und ruft: „Und jetzt alle, Unschuldsvermutung“.

Zu Beginn postete Ruth jede Woche einen „Shabbes Dump“ – eine Reihe Memes zum Shabbat. Inzwischen kommen ständig andere Themen dazwischen, erzählt sie. Zum Beispiel der Wahlsieg des zukünftigen US-Präsidenten Trump oder der Tod der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck.

„Jüdischsein bedeutet, alles gleichzeitig aushalten zu können und daraus auch noch was zu schöpfen“, erklärt Ruth. „Und Memes haben etwas Verbindendes, man hat das Gefühl, nicht mehr allein zu sein.“

Die grelle Optik ist inzwischen zu ihrem Markenzeichen geworden: neon­farbene Schriften und laute Emojis prangen auf kitschigen Bildern von Sonnenuntergängen, Fantasielandschaften, Cartoons, die man „boomerig“ nennen könnte. „Diese Ugly-Ästhetik unterstreicht sehr häufig den Diskurs“, sagt Ruth, „und wie man sich fühlt“.

Es ist ein gelungener Gegensatz zu einer zunächst harmlos erscheinenden Pastell-Ästhetik. Hinter ihr verstecken sich jedoch allzu oft autoritäre Weltbilder samt Terrorverherrlichung und Antisemitismus.

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