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Jetzt wird es eng für Scholz | ABC-Z

Es klingt wie ein Abschied. „Mit einigem Abstand werden seine Arbeit und seine Entscheidungen für unser Land mit Sicherheit weitaus positiver beurteilt werden.“ Die Rede ist vom Bundeskanzler, von Olaf Scholz.

Und wer da so freundlich-bitter spricht, sind nicht irgendwelche CDU-Wahlkämpfer, sondern seine eigenen Leute. Die SPD-Bundestagsabgeordneten Wiebke Esdar und Dirk Wiese haben am Montagabend ein Statement rausgegeben, in dem sie erhebliche Zweifel an der Kandidatur von Scholz bei der Neuwahl am 23. Februar äußern.

Besonders brisant für Scholz: Esdar und Wiese sind Sprecher des linken beziehungsweise rechten Parteiflügels. Und es kommt nicht allzu oft vor, dass sich Parlamentarische Linke und Seeheimer Kreis einig sind, ihre Sprecher sogar ein gemeinsames Statement verfassen. Außerdem sind die beiden Vorsitzenden der NRW-Landesgruppe im Bundestag. Der gehören 49 Männer und Frauen an, es ist die größte Landesgruppe in der Fraktion.

Olaf Scholz, der gerade im fernen Rio de Janeiro beim G-20-Gipfel ist und die Vorgänge in Berlin nur mir Zeitverschiebung verfolgen kann, wird also in die Flügelzange genommen und muss beobachten, wie mächtige Abgeordnete den Daumen über ihn senken.

Parteispitze kann Debatte nicht beenden

Das aktuelle Ansehen von Scholz sei stark mit der Ampelkoalition verknüpft, schreiben die beiden. In dem Statement wird nicht nur Scholz kritisch bewertet, die Alternative wird klar benannt: „Im Zentrum steht die Frage, was die beste politische Aufstellung jetzt für diese Bundeswahl ist. Dabei hören wir viel Zuspruch für Boris Pistorius.“ Sie berichten von kritischen Debatten in den Wahlkreisen. Klar sei, dass „letztlich die Parteigremien über die Frage der Kanzlerkandidatur entscheiden, das ist auch der richtige Ort dafür“.

SonntagsfrageWie stark ist welche Partei?

Die Parteigremien haben bislang einen solchen Beschluss noch nicht gefasst; angedacht ist, das beim nächsten Treffen am Montag zu tun. Wobei nicht davon ausgegangen werden dürfte, dass die Debatte dann vorbei ist. Die endgültige Entscheidung über den Kandidaten fällt am 11. Januar auf dem Parteitag.

Innerhalb weniger Tage hat die Debatte nun erheblich Fahrt aufgenommen. Die Parteispitze hat die aufkommende Kritik nicht unter Kontrolle bringen können, obwohl sich die führenden Sozialdemokraten für Scholz ausgesprochen haben. Zuletzt hatte die Parteivorsitzende Saskia Esken im F.A.Z. Podcast für Deutschland am Montag gesagt, dass „an der Parteispitze die Entscheidung für Olaf Scholz ja schon vor langer Zeit gefallen“ sei. „Es ist auch vollkommen selbstverständlich, dass unser Kanzler und dass wir als SPD mit unserem Kanzler gemeinsam in den Wahlkampf ziehen.“

Pistorius ist beliebt, Scholz nicht

Ähnlich hatte sich ihr Ko-Vorsitzender Lars Klingbeil immer wieder geäußert. Doch offenbar dringen sie nicht mehr durch. In der Partei ist eine zunehmende Kluft zwischen Spitze und Basis zu erkennen. Loyalität zum Kanzler auf der einen Seite, die Angst vor einem desaströsen Wahlergebnis auf der anderen.

Die SPD steht in Umfragen bei 16 Prozent und bewegt sich in der Wählergunst kaum. In Scholz und Pistorius hat die SPD zugleich den beliebtesten und einen der unbeliebtesten Politiker in ihren Reihen. Die Parteiführung will nicht den Eindruck erwecken, man arbeite am Kanzlersturz. Intern heißt es, es müsse schon ein Signal von Scholz selbst kommen, um einen Kandidatenwechsel einzuleiten. Einige hoffen auch auf einen grundsätzlichen Verzicht von Pistorius.

Das Wochenende könnte entscheidend sein

Dazu kommt die Angst vor einer Spaltung der SPD in zwei Lager, einem für Scholz, einem für Pistorius. Dass die SPD quasi auf halber Strecke stecken bleibt, mit Scholz als unbeliebtem Kandidaten und enormer Unruhe in der Partei. Am Ende könnte die Partei mit einem schlechten Wahlergebnis dastehen und dem Vorwurf, sehenden Auges genau das zugelassen zu haben.

Wie groß die Unruhe ist, wird deutlich daran, dass das Statement von Esdar und Wiese offenbar nicht in der NRW-Landesgruppe abgestimmt war, der die beiden vorstehen. Die nordrhein-westfälischen Abgeordneten wollen heute zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um darüber zu diskutieren. Denn eindeutig ist das Stimmungsbild nicht für Pistorius.

Der Verteidigungsminister äußerte sich zuletzt während der Veranstaltung „Menschen in Europa“ der Mediengruppe Bayern in Passau. „In der Politik sollte man nie irgendetwas ausschließen, ganz egal, worum es geht“, sagte er betont zweideutig. Scholz habe einen richtig guten Job gemacht, und er habe gesagt, dass er weitermachen wolle. „Das ist das Normalste von der Welt.“

Wie ungewöhnlich die Vorgänge aber tatsächlich sind, wird daran deutlich, dass Scholz seine Reise verkürzt hat und nicht noch nach Mexiko reisen wird. Er wird schon Mittwoch wieder in Berlin erwartet. Entscheidend könnte das nächste Wochenende sein. Wenn die SPD-Spitze mit Scholz die Frage diskutiert, ob am Montag ein Parteivorstandsbeschluss in seinem Sinne gefasst werden soll. Oder er doch für eine Überraschung sorgt.

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