„Jetzt geht es um das Überleben der FDP“: Liberale im Freistaat zittern noch um Wiedereinzug | ABC-Z

München – Kurz vor 18 Uhr stehen Anhänger der Freien Demokraten vor dem Künstlerhaus am Lenbachplatz in München. „Fünf Prozent würden gut aussehen“, sagt ein junger Mann im Anzug zu einem Freund und lacht. „Sechs Prozent wären noch besser“, ergänzt er. Die Stimmung ist angespannt und die Erwartungen hoch. Zu diesem Zeitpunkt ist unklar, ob die FDP nochmals in den Bundestag einzieht.
Als um 18 Uhr die erste Prognose in der ARD erscheint, bleibt es ruhig unter den Kronleuchtern des golden beleuchteten Saals. Die Liberalen stehen demnach bei 4,9 Prozent, es deutet sich eine echte Zitterpartie an. Bayerns Spitzenkandidat Martin Hagen klatscht; Susanne Seehofer, Tochter des Ex-CSU-Chefs Horst Seehofer, gibt sich zurückhaltend.
„Jetzt geht es um das Überleben der FDP“: Liberale im Freistaat bangen um Wiedereinzug
Wenige Minuten später schalten Bayerns Liberale auf das ZDF um. In der dortigen Prognose landet die FDP auf genau fünf Prozent. Das gefällt den Politikern besser, Jubel bricht aus. „Wir haben den falschen Fernsehsender eingeschaltet“, sagt Martin Hagen der AZ im Nachgang. „Wenn wir am Ende die Fünf vor dem Komma haben, bin ich zufrieden. Ich bleibe so lange, bis das Ergebnis feststeht.“
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Um die Fehleranalyse, nachdem sich die FDP im Vergleich zur letzten Bundestagswahl 2021 mehr als halbiert hat (mehr als -6 Prozent), will sich Hagen erst in den kommenden Tagen kümmern. „Jetzt geht es erst einmal um das Überleben der FDP.“
Während einige Abgeordnete wie Lukas Köhler voraussichtlich ohnehin aus dem Bundestag ausscheiden werden, wenn die FDP über der Fünf-Prozent-Hürde landet, würde Susanne Seehofer wohl ins Reichstagsgebäude einziehen. „Wir zittern noch und wollen uns nicht zu früh freuen“, sagt Seehofer der AZ. Die FDP habe eine „großartige Aufholjagd“ hingelegt. Vor allem in der letzten Woche habe der Wahlkampf „gezündet“. „Das wird echt spannend.“
Bayerns Spitzenkandidat Martin Hagen: „Wenn kein Wunder passiert, wird das nicht mehr reichen“
Froh sind die FDP-Funktionäre um diese Zeit noch, dass dieses Mal unter Umständen eine Regierung ohne Beteiligung der Grünen gebildet werden kann. „Wir haben keine Lust auf eine linke Regierung.“ In den Stunden nach der ersten Prognose tritt Martin Hagen noch nicht auf die Bühne. Dann landet die FDP plötzlich auf nur noch 4,7 Prozent. „Wenn kein Wunder passiert, wird das mittlerweile nicht mehr reichen“, sagt er. In diesem Fall müssten „Konsequenzen“ gezogen werden.

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Bundesparteichef Christian Lindner wendet sich zuvor in Berlin bereits an die Öffentlichkeit. „Wir haben alle gekämpft – viele bis an die Grenze des physisch Möglichen“, sagt er. Mit Blick auf das schlechte Abschneiden ihrer Partei kündigen später Lindner und Wolfgang Kubicki ihren Rücktritt an. „Nun scheide ich aus der aktiven Politik aus“, so Lindner.
Noch keine Sicherheit: Vollständige Auszählung wird noch weiter andauern
Noch vor Lindner ist FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki vor ein Mikrofon getreten und brachte die Gäste des Wahlabends schon zum Jubeln. „Die Mehrheit unserer Wähler und Wähler hat mit der Ampel und mit der Rolle der FDP in der Ampel gefremdelt und wir haben es nicht geschafft, nach dem Aus der Ampel vom 6. November dieses Vertrauen ausreichend zurückzugewinnen“, gesteht er ein.
Hagen erinnert sich an den Landtagswahlkampf 2023. Dort habe er bis nach ein Uhr nachts auf Hochrechnungen gewartet. Dann war das Aus der Partei aus dem Maximilianeum besiegelt. An diesem Sonntag hoffen die Anwesenden, dass es anders ausgeht und man nach einer langen Zitterpartie auf ein erfolgreiches Resultat anstoßen kann. Doch mittlerweile zeichnet sich tatsächlich eher ein Déjà-vu ab.