Jeff Bezos macht „Washington Post“ Vorgaben für Kommentare – Meinungschef kündigt | ABC-Z

Washington. Amazon-Gründer und Zeitungsbesitzer Jeff Bezos macht seinen Redakteuren Vorgaben für Meinungsbeiträge. Abonnenten reagieren entsetzt.
US-Milliardär und Zeitungsbesitzer Jeff Bezos hat Regeln für die Meinungsbeiträge in der „Washington Post“ festgelegt. „Wir werden beim Schreiben jeden Tag zwei Grundpfeiler unterstützen und verteidigen: persönliche Freiheiten und freie Märkte“, erklärte Bezos am Mittwoch im Onlinedienst X. Natürlich werde die Zeitung auch andere Themen behandeln, „aber Standpunkte, die diesen Grundpfeilern entgegenstehen, werden wir der Veröffentlichung durch andere überlassen“, fügte der Amazon-Gründer hinzu.
Im Klartext heißt das: Meinungsstücke, die von der Wirtschaftsphilosophie des Bosses abweichen, werden in der traditionsreichen Zeitung nicht weiter stattfinden. Bezos zufolge seien die Zeiten, in der Zeitungen ihrer Leserschaft verschiedene Meinungen präsentieren, vorbei. „Dafür gibt es ja jetzt das Internet.“
Bezos hatte die „Washington Post“ 2013 gekauft. Vor der US-Präsidentschaftswahl im November entschied er, in dem Blatt keine Wahlempfehlung für das Duell zwischen dem Republikaner Donald Trump und seiner Rivalin Kamala Harris von der Demokratischen Partei zu veröffentlichen. Zuvor hatte die „Washington Post“, deren Reporter in den Siebziger Jahren die Watergate-Affäre aufdeckten, zumeist Wahlempfehlungen ausgesprochen – und wenn, dann immer für die Kandidaten der Demokraten.
Wirtschaftsjournalist warnt vor „massivem Eingriff“
Im Januar verließ die bekannte Karikaturistin Ann Telnaes die „Washington Post“, nachdem die Zeitung eine ihrer Karikaturen abgelehnt hatte. Die Zeichnung der Pulitzer-Preisträgerin zeigt Amazon-Gründer Bezos, Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und andere Tech-Unternehmer, die mit Geldsäcken in der Hand vor einer Statue von US-Präsident Trump knien. Der Chef der Meinungsseite, David Shipley, hatte damals erklärt, die „Washington Post“ habe sich nur gegen die Karikatur entscheiden, um Dopplungen zu einem Beitrag mit ähnlichem Inhalt zu vermeiden.
Das Verlagsgebäude der „Washington Post“ (Archivbild).
© dpa | Pablo Martinez Monsivais
Shipley wird die Zeitung nach Angaben von Bezos nun ebenfalls verlassen – weil er den neuen Regeln für die Meinungsseiten nicht zugestimmt hat. Andere Mitarbeiter der Zeitung äußerten sich ebenfalls kritisch. Der Chefkorrespondent der Wirtschaftsredaktion, Jeff Stein, schrieb auf X, Bezos sorge mit seinem „massiven Eingriff“ dafür, dass „abweichende Meinungen“ auf den Meinungsseiten „weder veröffentlicht noch geduldet werden“. Sollte sich Bezos auch in die nachrichtliche Berichterstattung einmischen, werde er „sofort kündigen“.
„Kündigen“ ist auch das Stichwort in zahlreichen Beiträgen in Sozialen Medien und den Kommentarspalten unter „Post“-Artikeln. Leserinnen und Leser drohen – wie im Herbst – mit dem Ende ihres Abos oder teilen Screenshots von einer Abmeldebestätigung. „Ich habe die Post seit Jahrzehnten gelesen, jetzt bin ich fertig damit“, schreibt einer. Andere werfen Bezos fehlendes Rückgrat vor, nennen ihn „Trumps Stiefellecker“.
Tech-Milliardäre buhlen um Trumps Gunst
Seit der US-Wahl bemühen sich Bezos und andere Tech-Unternehmer um eine größere Nähe zu Präsident Trump. Nach dem Wahlsieg des Rechtspopulisten reisten Bezos, Zuckerberg und andere Konzernchefs aus der Tech- und Medienbranche nach Florida, um sich mit Trump in dessen Residenz in Mar-a-Lago zu treffen. Zuckerberg kündigte an, bei Facebook den Faktencheck in den USA einzustellen. Bei Trumps Vereidigung waren Bezos, Zuckerberg und andere Milliardäre wie der Trump-Vertraute Elon Musk als Ehrengäste dabei.
Bezos ist auch Besitzer eines Raumfahrtunternehmens. Mit „Blue Origin“ bewirbt er sich regelmäßig für Regierungsaufträge und steht damit in direkter Konkurrenz zu Elon Musks „SpaceX“-Projekt. Der Streamingsender Amazon Prime Video drehte mit Melania Trump eine Doku über deren Alltag. Gage für die First Lady: 40 Millionen Dollar.
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afp/mein