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Jamie Oliver über Omas Küche und schlechte Internet-Rezepte | ABC-Z

Fastfood, Fertigprodukte, Fettleibigkeit: Unsere Ernährungsgewohnheiten haben sich verändert, negative Effekte auf die Gesundheit sind spürbar. Und das in Zeiten, in denen die Rezeptauswahl, auch dank Social Media, so groß war wie nie. Kritisch beäugt wird diese Entwicklung von Jamie Oliver – wie der Starkoch Menschen wieder vermehrt an den Herd bringen will.

Seit nunmehr 25 Jahren schreibt Jamie Oliver Kochbücher. Seine Mission: Der Welt zeigen, dass nahrhaftes Essen einfach zuzubereiten ist und nicht viel kosten muss. Seine Rezepte unterliegen seiner persönlichen Gelinggarantie – nur was gut genug ist, überwiegend alltagstauglich und ohne viele Extras, schafft es ins Buch. Erst kürzlich ist Jamie Olivers neuestes Werk “Simply” erschienen. Eine Rezeptsammlung, die vor allem zum Kochen motivieren soll. Warum? “Weil kulinarisches Geschick rund ums Kochen immer stärker verloren geht”, mahnt Jamie Oliver – mit welchen Strategien der Starkoch das verhindern will.

Jamie Oliver im BRIGITTE-Interview

BRIGITTE: Sie haben gerade ihr 26. Kochbuch veröffentlicht – warum wird es mehr denn je gebraucht?

Jamie Oliver: Die Realität da draußen ist: Wir alle haben viel zu tun, wuppen den Alltag, aber selbst gekocht wird immer seltener. Ich finde, das Interesse an Essen und das Wissen über einzelne Lebensmittel ist sehr hoch – aber fundamentales Küchenwissen, die Basis also, fehlt.

Was meinen Sie damit?

Wer kocht, braucht Selbstbewusstsein, aber wir haben einige Generationen, die weder zu Hause noch in der Schule gelernt haben, wie Lebensmittel richtig verarbeitet werden und was daraus gemacht werden kann. Wenn in den Küchen von Großeltern früher gekocht wurde, schauten die Kinder noch zu. Es wurde geschält, geschnitten, gestampft, gebraten, gedämpft – dieses kulinarische Geschick ist vielen verloren gegangen. Heutzutage sind die Leute oft verunsichert, was das Kochen anbelangt.

Menschen haben Angst, etwas falsch zu kochen oder etwas, das nicht schmeckt und wollen ihre Zeit damit nicht verschwenden.

Und da kommen Sie ins Spiel, nehme ich an?

Mein neues Kochbuch ist eine Ode an das Kochen und soll den Leuten dabei helfen, den Spaß am Selberkochen wiederzufinden. Natürlich hat sich unser Alltag verändert – meine Rezepte aber auch. Die Gerichte sind schnell, größtenteils preiswert, ausgewogen und schmecken. Das Kochbuch ist für moderne Menschen gedacht, die sich nicht mehr an den Herd trauen und nach Inspiration suchen.

Die Auswirkungen des Nichtkochens spiegeln sich nicht nur auf dem Teller, sondern auch in unserer Gesundheit wider …

Absolut! Was Statistiken darüber zeigen, wie wir im Supermarkt einkaufen, ist nicht gut. Wir haben noch nie so wenig gekocht, wie heutzutage, kaufen mehr Fertigprodukte und Fastfood, aber weniger Zutaten zum Kochen selbst. Kulturell entfernen wir uns dadurch immer mehr von dem Essen und den Techniken, die unsere Vorfahren so geliebt und genutzt haben. Aber wir verlieren nicht nur die Basis zum Kochen: Diese Entwicklung bedeutet gleichzeitig, dass sich die Menschen immer ungesünder ernähren werden, wodurch sie öfter erkranken, weniger belastbar sind, unglücklicher werden und öfter zum Arzt müssen – und das ist sehr deprimierend.

Was kann dagegen getan werden?

Mein Job ist es, den Leuten da draußen wirklich zuzuhören: Frauen und Männer arbeiten hart, wollen eine gute Partnerschaft haben, gute Eltern sein – sie jonglieren täglich mit tausend Dingen und versuchen, alles unter einen Hut zu bekommen. Dann gibt es noch Smartphones mit TikTok, Instagram und Google. Dort prasseln so viele Informationen auf uns ein: Wir sehen Essen aus aller Welt, bunte Verpackungen, Rezepte …

Apropos Rezepte: Wie kann es sein, dass so viele von ihnen freizugänglich sind, die Menschen gleichzeitig aber so wenig kochen, wie noch nie?

Ich möchte nicht gemein sein, aber ich glaube, ich darf sagen und kann beurteilen, dass es im Internet tonnenweise schlechte Rezepte gibt. Das liegt unter anderem daran, dass es hierfür keine Richtlinien gibt – oft nicht mal einen richtigen Verleger für Kochbücher oder eine Testküche, die die Rezepte ausprobiert. Mein Erfolgsrezept ist: testen, testen, testen. Rezeptentwicklung ist eine Menge Arbeit – macht aber auch großen Spaß.

Meine Kochbücher sind Liebesbriefe an die Leute da draußen: Bitte kocht – vergesst nicht die Küchenkunst!

Welche Foodtrends machen Ihnen derzeit am meisten Spaß?

Sauerkraut ist der Wahnsinn! Nicht nur wegen seines wunderbaren Geschmacks und seiner Textur, sondern auch aufgrund der Technologie des Fermentierens an sich. Und natürlich ist er gut für die Darmgesundheit. Es macht so viel Spaß zu sehen, was alles gerade fermentiert wird, beispielsweise Rote Bete, Kohlsorten mit etwas Getreide darin und besonderen Gewürzen. Dann finde ich noch die koreanische Küche spannend – definitiv ein Foodtrend für 2025. Ebenso wie richtig gutes Brot mit langer Teigführung und hergestellt aus alten Getreidesorten.

Bei so viel Selbstgemachtem: Wie stehen Sie zu Lieferdiensten?

Lieferdienste können Spaß machen und das Essen aufregend sein, aber meist sind sie teuer und die Gerichte noch dazu nicht sonderlich ausgewogen. Und sind wir ehrlich: Oft stellen wir das auch direkt fest, sobald wir fertiggegessen haben – es lohnt sich einfach nicht. Deshalb, Leute: Bitte kocht!

Wer noch mehr Inspiration für einfache Küche braucht: In der neuen Serie “Simply Jamie: Jeden Tag was Gutes” (RTL+) erklärt der Starkoch Kochmethoden und verrät spannende Küchenhacks.

Brigitte

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