Geopolitik

Jahrestag der Machtübernahme: Amnesty International warnt vor Ende des Aufnahmeprogramms für Afghanen | ABC-Z

Das umstrittene Aufnahmeprogramm der Regierung für Afghanen soll eventuell eingestellt werden. Davor warnt Amnesty International. Versprechen gegenüber afghanischen Menschenrechtsaktivisten würden gebrochen. Parallel feiern die Taliban den Jahrestag der Machtübernahme.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die Bundesregierung vor der Einstellung des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan gewarnt. Sollte das Programm im kommenden Jahr nicht mehr weiter finanziert werden, breche die Bundesregierung damit gegenüber zahlreichen afghanischen Menschenrechtsaktivisten sowie Journalisten und Anwälten ihr Versprechen, erklärte die Asien-Expertin von Amnesty Deutschland, Theresa Bergmann, in Berlin.

Zum dritten Jahrestag der gewaltsamen Machtübernahme durch die Taliban am 15. August 2021 kritisierte Amnesty, dass im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms erst 581 Menschen nach Deutschland gekommen sind. Zugesagt habe die Bundesregierung die Aufnahme von 22.000 Personen. „Das Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan war eigentlich ein Hoffnungsschimmer“, sagte Bergmann.

Amnesty berichtete weiter über „Frustration und Enttäuschung“ der Afghanen über „die unzureichende Reaktion der internationalen Gemeinschaft“ auf die Machtübernahme der Taliban. Anlässlich des Jahrestages hatte die Organisation nach eigenen Angaben mit mehr als 150 zivilgesellschaftlichen Akteuren in Afghanistan und im Exil gesprochen.

So berichteten etwa afghanische Menschenrechtsverteidigerinnen, dass sie inzwischen jede Handlungsfähigkeit verloren hätten. Wer protestiere, falle dem Verschwindenlassen zum Opfer, werde willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert oder anders misshandelt. Diesen Menschen sollte das Aufnahmeprogramm eine humanitäre Aufnahme in Deutschland ermöglichen, unterstrich Bergmann.

Taliban feiern am Jahrestag Machtübernahme

Derweil feiern die Taliban auf einem ehemaligen US-Luftwaffenstützpunkt in Afghanistan am Mittwoch ihre Rückkehr an die Macht vor drei Jahren. Minister des Kabinetts priesen in Ansprachen unter anderem die Stärkung des islamischen Rechts und den Aufbau eines militärischen Systems, das Frieden und Sicherheit gewährleiste. Die Nöte des Landes und der Bevölkerung wurden nicht erwähnt.

„Das Islamische Emirat hat die internen Differenzen beseitigt und das Ausmaß der Einheit und Zusammenarbeit im Land erweitert“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Mawlwi Abdul Kabir vor seinen rund 10.000 ausschließlich männlichen Zuschauern und verwendete dabei die Bezeichnung der Taliban für ihre Regierung. „Niemand darf sich in die inneren Angelegenheiten einmischen, und afghanischer Boden wird nicht gegen ein Land eingesetzt.“ Keiner der vier Redner sprach über die Herausforderungen, mit denen die Afghanen im Alltag konfrontiert sind.

Die Reden auf dem früheren US-Stützpunkt Bagram richteten sich an ein internationales Publikum. Darin wurden Afghanen im Ausland zur Rückkehr und der Westen zur Zusammenarbeit mit den Machthabern des Landes aufgefordert. Bisher erkennt kein Land die Taliban als die rechtmäßige Regierung Afghanistans an.

Frauen waren von der Veranstaltung ausgeschlossen, darunter auch Journalistinnen der Nachrichtenagenturen AP, AFP und Reuters. Die Taliban gaben keinen Grund für den Ausschluss der Frauen an.

Unter den Zuschauern waren ranghohe Taliban-Vertreter wie der amtierende Verteidigungsminister Mullah Jakub und der amtierende Innenminister Siradschuddin Hakkani. Der Oberste Führer Hibatullah Achundsada nahm nicht an der Veranstaltung teil. Nach Angaben der Taliban waren auch ausländische Diplomaten gekommen, die jedoch nicht namentlich genannt wurden.

Während einer Parade präsentierten die Taliban in Bagram militärische Ausrüstung, die von den US- und Nato-geführten Truppen nach jahrzehntelangem Krieg zurückgelassen wurden, darunter Hubschrauber und Panzer. Uniformierte Soldaten marschierten mit Maschinengewehren, und eine Motorradformation trug die Taliban-Flagge.

In der Hauptstadt Kabul fuhren Pick-up-Trucks mit Männern jeden Alters durch die Straßen der Hauptstadt Kabul, um die Machtübernahme zu feiern. Einige Männer posierten mit Gewehren für Fotos. Bei einer Parade in der Provinz Helmand im Süden des Landes hielten Männer gelbe Kanister in der Hand, um die Art von Sprengstoff darzustellen, die während des Krieges bei Bombenanschlägen verwendet wurde. Die Taliban erklärten den Mittwoch zum nationalen Feiertag.

epd/AP/saha

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