Jahresrückblick 2025: Krankenhäuser unter Reformdruck – Fürstenfeldbruck | ABC-Z

Stefan Frey tat, was man im Zeitalter der sozialen Medien eben tut: Aufmerksamkeit erregen durch ein kleines Videoschnipsel. Der Landrat des Landkreises Starnberg legte sich öffentlichkeitswirksam ins Krankenbett und tat kund, was er von den aktuellen Vorhaben der Bundesregierung zur Gesundheitspolitik hält: nämlich nichts. Sein Amtskollege aus Fürstenfeldbruck, Thomas Karmasin, nutzt sein Amt als Präsident des bayerischen Landkreistags, um regelmäßig ebenfalls auf das Problem aufmerksam zu machen: Die Krankenhäuser sind in Nöten, sie fahren Defizite ein. Und sie harren einer Reform, die bislang nur in Teilen umgesetzt ist.
Wie das Klinikum Fürstenfeldbruck, ein Akutkrankenhaus der Grund- und Regelversorgung mit 380 Betten. Es ist ein kommunales Krankenhaus, getragen vom Landkreis Fürstenfeldbruck. Die Bilanzen waren lange ausgeglichen, über die Corona-Zeit wurde sogar ein Überschuss erzielt. Seit drei Jahren steht jedoch jeweils ein Minus am Jahresende: 2023 waren es 1,2 Millionen Euro, ein Jahr später dann 4,7 Millionen und 2025 werden es wohl ebenfalls wieder um die vier Millionen sein.
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Damit steht die Klinik nicht allein. Laut bayerischem Krankenhaustrend, für den die bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) einmal im Jahr die Verantwortlichen der Kliniken befragt, schrieben im vergangenen Jahr 80 Prozent der Kliniken rote Zahlen. 2025 werden es demnach sogar 85 Prozent sein. Hauptgrund: Die Betriebskosten steigen, während Refinanzierungsmöglichkeiten fehlen. Die Kliniken bleiben Bittsteller der Politik.
Kann sich das Krankenhaus etwa die eigene Zukunft nicht mehr leisten? „Wir haben keine Planungssicherheit“, sagte Klinikchef Alfons Groitl im Oktober vor dem Fürstenfeldbrucker Kreistag. Die Krankenhäuser sind von den politischen Rahmenbedingungen abhängig. „Und diese Rahmenbedingungen drücken uns ins Defizit“, so Groitl. Die Preise, die sie für ihre Leistungen an den Patienten verlangen dürfen, legen andere fest. Seit Anfang November dürfen die Krankenhäuser zwar einen Aufschlag von 3,25 Prozent für jeden Patienten verlangen – ein Jahr lang –, aber allein die Streichung der sogenannten Meistbegünstigungsklausel für die Krankenhäuser für das Jahr 2026 saugt einen Teil davon wieder ab. 1,7 Millionen Euro werden der Kreisklinik in Fürstenfeldbruck im nächsten Jahr allein dadurch fehlen, rechnet Groitl vor. Das Vorhaben steckt nun erst einmal im Vermittlungsausschuss fest.
Allein die Kosten für Strom und Gas sind um 46 Prozent gestiegen
Exorbitante Preissteigerungen machen den Krankenhäusern zu schaffen. Die Kosten, die das Klinikum Fürstenfeldbruck für Strom und Gas aufwenden muss, stiegen zuletzt um 250 000 Euro im Jahr und damit um 46 Prozent, und nicht etwa, weil mehr Energie verbraucht worden wäre. Im Gegenteil: „Wir sind schon sehr sparsam und auch entsprechend zertifiziert“, sagt Groitl. Auffangen kann die Klinik das nicht, denn sie darf höhere Kosten nicht an Krankenkassen und Patienten weitergeben. Mehrjährige Defizite könne kein Krankenhausträger verkraften, bestätigt die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). Insolvenzen und Klinikschließungen würden durch die dauerhafte Überforderung zunehmen.

Bei kommunalen Krankenhäusern müssen die Trägerkommunen ein Defizit binnen fünf Jahren ausgleichen. Im vorliegenden Fall wäre das der Landkreis Fürstenfeldbruck. Dabei ist dessen Situation beinahe komfortabel, verglichen mit anderen Kreisen, in denen Kliniken zweistellige Millionenfehlbeträge einfahren. Bislang kann der Kreis Fürstenfeldbruck seine finanzielle Unterstützung auf die jährlich zweieinhalb Millionen Euro beschränken, die die Klinik für die Zahlung der München-Zulage an ihre Mitarbeiter verwendet. „Das ist ein wichtiges Einstellkriterium“, betont Groitl. Und um Personal, gerade im Pflegebereich, ringen die Kliniken auch. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Wenn der Rettungswagen an uns vorbeifährt und nach Großhadern, ist er möglicherweise der achte in der Reihe vor der Notaufnahme.
Alfons Groitl, Vorstand des Klinikums Fürstenfeldbruck
Für Kliniken in einem Landkreis mit 220 000 Einwohnern wie Fürstenfeldbruck bleibt die finanzielle Unsicherheit erst einmal bestehen. Derweil geht die Umsetzung der noch unter der Ampelregierung ausgehandelten Krankenhausreform weiter. Dafür müssen die Krankenhäuser jetzt sogenannte Leistungsgruppen melden, also jene medizinischen Leistungen, die sie künftig oder weiterhin ihren Patientinnen und Patienten anbieten möchten. Das Klinikum Fürstenfeldbruck hat jetzt 28 davon beantragt, im Großen und Ganzen jene, die es bisher schon an der Klinik gibt. „Wir sind zuversichtlich, dass wir die Anforderungen erfüllen“, sagt Groitl. „Wir haben eine gute Versorgungsqualität.“ Wissen kann er es aber nicht. Zusätzlich möchte die Klinik eine Geriatrie-Abteilung aufbauen. Die Altersmedizin beschäftigt sich ganzheitlich mit Krankheiten, Diagnostik, Therapie und Prävention bei älteren Menschen.

:“Wir brauchen schnellstmöglich Hilfe”
Warum sich Krankenhäuser allerorten finanziell an der Belastungsgrenze sehen und warum auch die angedachten Reformen manche Probleme nicht beheben werden, erklärt Fürstenfeldbrucks Klinikvorstand Alfons Groitl.
Groitl sorgt sich aber auch für den Fall, dass nicht mehr alle Leistungen der Klinik angeboten werden dürfen. Was beispielsweise wird aus der Notfallmedizin? Etwa, wenn schnellstmöglich gehandelt werden muss. Wenn der Faktor Zeit der wichtigste ist: bei einem Schlaganfall etwa oder einem Herzinfarkt. Eine Notfallversorgung, die nicht in nächster Nähe ist, wünscht er sich dabei nicht. Und jetzt wird der sonst so sachliche Klinikchef deutlich: „Wenn der Rettungswagen dann an uns als Klinik vorbeifährt und nach Großhadern fahren muss, dann ist er dort möglicherweise der achte Rettungswagen in der Reihe vor der Notaufnahme. Dann ist die Frage, was der Patient anschließend braucht – eine Reha oder doch den Bestatter – auch gleich beantwortet.“





















