Geopolitik

J.D. Vance: „Zutiefst respektwidrig“ – Empörung in Großbritannien über Äußerung des US-Vize | ABC-Z

Trotz aller Zerwürfnisse zwischen Donald Trump und Europa versucht Großbritannien, die traditionelle Allianz beider Länder am Leben zu halten und die USA weiter in die Ukraine-Unterstützung einzubinden.

Eine Äußerung des US-Vizepräsidenten J.D. Vance aber hat im Vereinigten Königreich deutlichen Widerspruch ausgelöst. In einem Interview im Sender Fox News vom Montagabend deklassierte Vance Staaten, die sich zur Entsendung von Soldaten im Rahmen einer möglichen Friedensmission in der Ukraine bereit erklärt hatten. Seiner Ansicht nach sei das geplante Rohstoffabkommen zwischen den USA und der Ukraine eine viel bessere Sicherheitsgarantie, „als 20.000 Truppen aus irgendeinem beliebigen Land, das seit 30 oder 40 Jahren keinen Krieg mehr geführt hat“.

Das Vereinigte Königreich und Frankreich nannte Vance nicht direkt. Doch zum Zeitpunkt des Interviews waren das die einzigen Staaten, die öffentlich die Bereitschaft für eine Friedensmission signalisiert hatten. Beide Länder kämpften an der Seite der USA in Afghanistan, das Vereinigte Königreich auch im Irak.

Dementsprechend deutlich fiel der Widerspruch am Dienstag in Großbritannien aus. Mit „Falsch, falsch, falsch“ kommentierte Nigel Farage, Chef der rechtspopulistischen Reform UK, nach Angaben der BBC Vances Äußerung. Die Boulevardzeitung „Sun“ zeigte Archivfotos von Särgen von im Irak gefallenen Soldaten.

James Cartlidge, Verteidigungsexperte der Konservativen, erinnerte in einem Beitrag auf X daran, dass sowohl das Vereinigte Königreich als auch Frankreich an der Seite der USA Truppen nach Afghanistan entsendet hatten. „Es ist zutiefst respektlos, diesen Dienst und dieses Opfer zu ignorieren.“

Ähnlich äußerte sich der konservative Abgeordnete Ben Obese-Jecty, der im Irak und in Afghanistan gedient hatte. „Die Respektlosigkeit, die der neue US-Vizepräsident gegenüber den Opfern unserer Soldaten an den Tag legt, ist inakzeptabel“, sagte er laut britischen Medien.

Veteranin erwartet Entschuldigung von J.D. Vance

Helen Maguire, verteidigungspolitische Sprecherin der Liberal Democrats, drängte den britischen Botschafter in Washington, Vance zu einer Entschuldigung aufzufordern. „J.D. Vance löscht Hunderte von britischen Soldaten aus der Geschichte aus, die im Irak und in Afghanistan ihr Leben gelassen haben“, sagte sie.

Maguire diente selbst im Irak. „Ich habe aus erster Hand gesehen, wie amerikanische und britische Soldaten Seite an Seite tapfer gekämpft haben. Sechs Soldaten aus meinem eigenen Regiment, der Royal Military Police, kehrten nicht aus dem Irak nach Hause zurück. Dies ist ein böser Versuch, diese Realität zu leugnen.“

Ein Sprecher von Premierminister Keir Starmer lehnte es ab, die Äußerungen von Vance zu kommentieren, fügte aber an, der Premierminister sei „voller Hochachtung für die britischen Truppen, die zum Beispiel im Irak und in Afghanistan dienten und von denen viele dabei ihr Leben verloren, natürlich an der Seite der Verbündeten, einschließlich der Vereinigten Staaten“.

Kanada und Australien offen für Beteiligung an Friedensmission

Vance reagierte am Dienstag bei X auf die Kritik und nannte sie „absurd unehrlich“. Der Vizepräsident weiter: „Ich erwähne in dem Clip nicht einmal das Vereinigte Königreich oder Frankreich, die beide in den letzten 20 Jahren und darüber hinaus tapfer an der Seite der USA gekämpft haben.“ Vance diente selbst von 2003 bis 2007 im Irak.

Offen ist, welche „beliebigen“ Staaten Vance dann meinte: Nach Angaben Starmers vom Sonntag sei eine „Anzahl von Ländern“ bereit, einen Frieden in der Ukraine zu garantieren. Konkrete Staaten nannte er nicht.

Kanada hatte erklärt, eine Beteiligung an einer Friedensmission sei nicht ausgeschlossen. Australiens Premierminister Anthony Albanese sagte in der Nacht zum Dienstag, sein Land ziehe eine Friedensmission in Betracht. Die Äußerung fiel nach dem Vance-Interview. Und auch Kanada und Australien kämpften in Afghanistan.

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