Italiens „Ferraris auf der Schiene:“ High-Speed-Züge könnten Urlaub revolutionieren | ABC-Z

Sie gelten als die roten Ferraris auf Schiene: Die Frecciarossa sind High-Speed-Züge, die in Italien auf der Nord-Süd-Achse bei einer Geschwindigkeit von 250 Kilometern pro Stunde flitzen. Sie sind das Aushängeschild der italienischen Bahnindustrie. Bald könnten sie auf der Strecke Rom-Berlin verkehren.
Denn die italienischen Staatsbahnen (FS – Ferrovie dello Stato) hegen ehrgeizige Pläne: Sie wollen „die Hochgeschwindigkeits-U-Bahn Europas“ errichten – ein Netz, das die wichtigsten Städte des Kontinents verbindet und eine echte Alternative zum Flugzeug darstellen soll.
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Italien: Schnell-Verbindung von Rom über München nach Berlin geplant
„Unser Traum ist ein europäisches Hochgeschwindigkeitsnetz – realisiert durch die Zusammenarbeit mehrerer Betreiber“, erklärt Bahnchef Stefano Donnarumma, seit knapp einem Jahr Vorstandschef der staatlichen Bahnholding laut Medienangaben. So planen die italienischen Bahnen unter anderem eine schnelle Bahnverbindung zwischen Rom und Berlin über Innsbruck und München. Erste Weichen für das Projekt wurden bereits gestellt: Erstmals soll es ab Ende 2026 schnelle Direktverbindungen mit dem Superzug Frecciarossa ab München bis nach Rom geben. Die Bahnfahrt über den Brenner wird damit noch attraktiver.
Der Fernverkehr nach Italien wächst kräftig: Auf den Zugverbindungen über Österreich ist die Nachfrage seit 2019 um rund 20 Prozent angestiegen. Die Deutsche Bahn und die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) fahren die Züge zwischen Deutschland und Italien bereits seit 2010 in Kooperation. FS ist in Deutschland mit der Regionalgesellschaft Netinera unterwegs, zu denen Bahnen wie Metronom, ODEG und Länderbahn gehören. Der Schwerpunkt liegt in Bayern und Ostdeutschland. Mehr als eine Milliarde Euro nimmt die FS-Gruppe in Deutschland ein.
Bei einer Verbindung soll es längst nicht bleiben
Die Rom-Berlin-Verbindung ist nur ein Meilenstein im Rahmen eines umfangreichen Expansionsplans der italienischen Bahnen im Ausland. In Spanien hält FS über die Tochtergesellschaft Iryo bereits einen Marktanteil von 25 Prozent im Hochgeschwindigkeitsverkehr. Auch in Frankreich wollen die Italiener stärker wachsen. Donnarumma hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2029 die Bahnstrecke Paris-London mit einem Projekt im Umfang von rund einer Milliarde Euro zu bedienen.
Die neue Verbindung ist Teil des Strategieplans 2025-2029 der italienischen Bahnen, in dem der Ausbau von Hochgeschwindigkeitsverbindungen in Europa prioritär ist. „Diese Investition ist ein entscheidender Schritt in der Vision der FS-Gruppe, ein stärker integriertes, wettbewerbsfähiges und nachhaltiges europäisches Schienennetz aufzubauen. Mehr Wettbewerb wird dazu beitragen, einen effizienteren und kundenorientierteren Sektor zu schaffen, der eine echte Alternative zum Flugverkehr bietet“, meint Donnarumma.
Italienische Bahn bietet 30 Prozent günstigere Tickets als französische Bahngesellschaft an
In Frankreich ist die FS-Gruppe seit 2021 der erste alternative Betreiber auf dem Hochgeschwindigkeitsnetz mit der Verbindung Mailand-Paris. Künftig soll sich die Fahrzeit auf dieser Strecke von sieben auf fünfeinhalb Stunden verkürzen. Unterdessen verzeichnen die italienischen Hochgeschwindigkeitszüge auf der neuen Strecke Paris-Marseille – nur etwas mehr als zwei Monate nach dem Start – eine Auslastung von 76 Prozent, deutlich über den Erwartungen. Die Fahrpreise liegen rund 30 Prozent unter denen der französischen Bahngesellschaft SNCF.
Bereits seit 2021 ist die FS-Gruppe mit dem Frecciarossa-Zug auf der Strecke Mailand-Paris der erste alternative Anbieter im französischen Hochgeschwindigkeitsnetz. Die Verbindung wurde am 1. April 2025 nach einer Unterbrechung infolge eines Erdrutsches im Maurienne-Tal wieder aufgenommen. Hinzu kamen in diesem Jahr die Strecken Paris-Lyon sowie – ab dem 15. Juni 2025 – auch Paris-Marseille.
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Milliarden Investitionen und viele Baustellen: Das Geld kommt aus der EU
Mehr als 100 Milliarden Euro will die italienische Staatsbahn in den kommenden fünf Jahren investieren. Das Geld, das zum Großteil von dem EU-Wiederaufbauplan für die Zeit nach der Corona-Pandemie „Next Generation EU“ stammt, soll die Gleisinfrastruktur, die Züge und die Bahnhöfe modernisieren. Das Investitionsprogramm ist schon im Gang; rund 1200 Baustellen sind derzeit allein im Bahnbereich eröffnet worden. Das sorgt nicht selten für Ärger bei den Reisenden.
Derzeit befördert Ferrovie dello Stato jährlich rund 230 Millionen Fahrgäste. Die internationalen Einnahmen beliefen sich 2024 auf drei Milliarden Euro – bei einem Gesamtumsatz von 16,5 Milliarden Euro. In den nächsten fünf Jahren soll die Zahl der Passagiere im Ausland um 40 Prozent steigen.
Private Investoren sollen der Bahn aushelfen
Um ihre ehrgeizigen Pläne zu finanzieren, denken die italienischen Bahnen über den Einstieg privater Investoren nach. Bereits 2026 könnten finanzstarke Interessenten in eine neue Gesellschaft einsteigen, die von der Bahnnetztochter RFI (Rete Ferroviaria Italiana) kontrolliert wird und in der zunächst rund 1.000 Kilometer Hochgeschwindigkeitsstrecke eingebracht werden sollen.
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Das gemeinsam mit dem Finanzministerium entwickelte Konzept für den Einstieg von Investoren in das Hochgeschwindigkeitsgeschäft ist nahezu abgeschlossen. „Wenn wir im Herbst grünes Licht von der Regierung erhalten, könnten wir das Verfahren zur Gründung der neuen Gesellschaft einleiten“, kündigte Donnarumma an. Dabei handle es sich nicht um eine klassische Privatisierung, betonte Bahnchef. Stattdessen gehe es um Minderheitsbeteiligungen institutioneller Investoren, sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland, „die an das Potenzial des Hochgeschwindigkeitsnetzes glauben“.















