Ist Herfurth-Film „Wunderschöner“ eine Steigerung? | ABC-Z

Der deutsche Film verdankte ihr den besten Start einer deutschen Komödie seit Corona: 2022 startete die Komödie „Wunderschön“ von und mit Karoline Herfurth und zog zwei Millionen Zuschauerinnen – und sicher auch ein paar Zuschauer.
Die Diskussionen um das weibliche Selbstbild und den Selbstoptimierungsdruck ist nicht geringer geworden. Gerade hat der Prozess gegen den spanischen Fußballpräsidenten begonnen, der einer Spielerin öffentlich einen Kuss aufzwang. Der kommt in „Wunderschöner“ als Nebenepisode vor, nur dass die junge Baseball-Sportlerin (Dilara Aylin Ziem) den Funktionär hier kurz vor dem Mund stoppt! Die MeToo-Phase ist vorbei, jetzt werden selbstbewusst Grenzen gesetzt. Denn die Emanzipation der Frau ist weiter vorangeschritten. Wie auch das Leben von Sonja (Karoline Herfurth) in „Wunderschöner“, die sich in Trennung von ihrem Mann (Friedrich Mücke) befindet, der zu seiner jüngeren Schwester (Emilia Schüle) gezogen ist.
„Wunderschöner“: Moderne Beziehungen, modernes Frauenbild?
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Die wiederum hat sich von ihrem masochistischen Mager-Wahn-Modeljob befreit, aber immer noch bulimische Rückfälle. Auch Sonjas feministische Lehrer-Freundin (Nora Tschirner) ist zur Zeit etwas nervöse Strohwitwe, weil sich ihr Lebensgefährte (Maxi Brückner) auf einem unbefristeten Selbstfindungstrip in den Bergen befindet. Er muss sich in der Beziehung zu seiner – auch sexuell – selbstbewussten Lebensgefährtin als Mann neu ausbalancieren.
Neu in „Wunderschöner“ ist das schon länger eingespielte, gutsituierte Ehepaar (Anneke Kim Sarnau und Godehard Giese), dessen Ehe in die Luft fliegt, als öffentlich wird, dass der Finanzsenator eine junge osteuropäische Prostituierte besucht.

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Kann „Wunderschöner“ den Vorgänger übertreffen?
In „Wunderschön“ ging es noch vor allem um das Gefühl als Mutter und Ehefrau den (Selbst)Ansprüchen nicht mehr zu genügen, überfordert zu sein und sich selbst als nicht mehr sexy genug zu empfinden. Jetzt ist das Themenfeld weiter, ohne dass der Zuschauer dabei den Überblick verlieren würde: In einer breiten Altersskala von 16 bis 80 wird anhand von weiblichen Lebenswirklichkeiten verhandelt, wie Frauen die gesellschaftliche Fixiertheit auf „Sexyness“ zugunsten echter Freiheit hinter sich lassen könnten. Die würde auch darin bestehen, dass Frauen die Scham und gesellschaftliche Tabuisierung der weiblichen Genitalien überwinden. Kurz, aber ernst behandelt „Wunderschöner“ das leicht angestrengte Gendern. Hart, aber fair verwahrt sich der Film vor jeglicher Romantisierung von Prostitution. Und was Partnerschaften anbelangt, wird der Umgang mit Scheidung und Scheidungskindern thematisiert sowie die Frage, nach Voraussetzungen einer gelungenen Paarbeziehung: Augenhöhe und Eingestehen eigener Schwächen sowie Abschied vom Perfektionismus, was vor allem Sonja schwerfällt.
Karoline Herfurth hat sich bei alledem ihre eigene Hauptrolle als Sonja weder charakterlich noch moralisch ihrem Ex-Partner (Friedrich Mücke) überlegen entworfen. Und Frauen in Chef-Positionen sind in „Wunderschöner“ auch nicht fairer oder sensibler dargestellt, sondern schaffen ebenfalls ein toxisches Arbeitsklima.

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Dass „Wunderschöner“ all diese Fragen relativ unangestrengt bewältigt, ist dem Drehbuch von Herfurth und Monika Hebborn zu verdanken, das elegant die Episoden zu einem Ganzen verwebt und auch bei sprunghafter Dynamik alles zusammenhält. So wird man – auch ohne den Vorgängerfilm „Wunderschön“ zu kennen – spannend durch verschiedene Krisen und Entscheidungssituationen geführt – in einem wellenartigen Wechsel zwischen ernsten und komödiantischen Szenen. Am Ende sind natürlich nicht alle Fragen gelöst, dazu ist auch gesellschaftlich noch zu viel im Fluss. Aber man verlässt das Kino optimistisch.

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Vielleicht ist das allzu bürgerliche Milieu des Films letztlich nicht hart genug im Sturm des (Über)Lebens. Vielleicht sind manche „Wäre die Welt nicht besser, wenn…“-Sätze etwas zu plakativ. Vielleicht wäre ein genauerer Blick auf die Befindlichkeiten der – durchaus fair und einfühlsam behandelten – Männer auch gut, aber das ist ja ganz offen nicht das Thema dieses Frauenfilms.
So ist „Wunderschöner“ insgesamt wirklich noch mal eine Steigerung zu „Wunderschön“ geworden.
Kino: Mathäser, Cinema, Gloria, Rio, Astor im Arri, Cadillac, Rex und Cincinnati
R: Karoline Herfurth (D, 138 Min.)