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Ist der Trainer schon entschlüsselt? | ABC-Z

„Der Scheißnovember ist vorbei“, freute sich Hansi Flick am 3. Dezember. Da hatte sein FC Barcelona seinen Gegner auf Mallorca mit dem 1:5 regelrecht auseinandergenommen – und das ganz ohne Topstürmer Robert Lewandowski, der auf der Bank ausruhen durfte. Die Freude dauerte nur eine Woche. Da kam Barça bei Betis Sevilla nicht über ein 2:2-Unentschieden hinaus, und Flick durfte sich zudem noch bei seinem Torwart Iñaki Peña bedanken, wenigstens einen Punkt aus Andalusien mitgenommen zu haben. Flick ärgerte das hinterher mehr, als er zugeben wollte. Wegen Protestierens nach einer recht klaren Elfmeterentscheidung gegen sein Team sah er die Rote Karte. Für das vergehen hat ihn der spanische Fußball-Verband nun für zwei Spiele gesperrt. Flick fehlt damit in La Liga am Freitagabend bei Real Valladolid und eine Woche später (20. Dezember) bei Champions-League-Teilnehmer FC Girona.

Beim FC Barcelona funktioniert gerade offensichtlich vieles nicht mehr so gut wie vor dem November – und das könnte die Chance von Borussia Dortmund sein, wenn sie an diesem Mittwoch (21.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Champions League und bei DAZN) in der Champions League gegen die Mannschaft von Hansi Flick antreten.

Es ist erst etwas mehr als einen Monat her, da fegten die Katalanen die Bayern mit einem 4:1 aus dem Stadion, sie deklassierten Real Madrid in der spanischen La Liga, siegten 0:4 im Estadio Santiago Bernabéu. Doch aus den nächsten sechs Ligaspielen holte Barça von den 18 vergebenen Punkten nur acht. Im November musste der Klub die erste Auswärtsniederlage hinnehmen – San Sebastián schlug Barça 1:0 – und beim 1:2 gegen die Sportunion Las Palmas auch die erste Heimniederlage. Schon ist die Tabellenführung in Gefahr, Real Madrid liegt bei einem Spiel weniger nur zwei Punkte hinter Barça.

Flick: „So wollen wir nicht spielen“

Der Lack ist nun erst mal ab vom anfangs so glänzend aufspielenden FC Barcelona, das stellen auch die spanischen Beobachter fest. Die Gegner hätten den Schlüssel gefunden, wie Flicks Abseitsfalle zu knacken sei, schreibt „El País“: Weniger mit langen Bällen in die Tiefe, wie es Real Madrid probiert hatte, sondern mit schnellen Diagonalpässen, Innenverteidigern, die bei der Spieleröffnung ins Mittelfeld vorrücken und somit bei Flicks Pressing Überzahlsituationen schaffen.

Gleichzeitig funktioniert das so eindrucksvolle Passspiel bei Barça nur noch selten. Gegen Betis Sevilla gab es kurz vor der Halbzeit so einen Moment: Da spielte Yamal zu Gavi, der zu Koundé, der auf Lewandowski flankte, der wiederum nur ins Tor zu schieben brauchte. Keiner der vier Spieler benötigte bei diesem Spielzug mehr als eine Ballberührung, die Andalusier konnten nur zusehen. Doch solche schnellen Spielzüge gab es zu selten. Stattdessen wurde der Ball oft nur nach vorne gedroschen.

Im Gespräch: Hansi Flick (rechts) und Barcelona-Stürmer Robert LewandowskiEPA

Langsames Passspiel und unnötige Ballverluste fand Flick in seiner Analyse im Anschluss, „so wollen wir nicht spielen“. Seine Abseitsfalle, in die Real Ma­drid zwölfmal gelaufen war, schnappte gegen Betis kein einziges Mal zu.

Blickt man auf Barças Ergebnisse in der Liga, sieht man viele hohe Siege: 5:1 gegen Mallorca, 4:0 gegen Real Madrid, 5:1 gegen den FC Sevilla oder auch 5:1 gegen Villarreal. In der Summe ergibt das 50 Tore und eine Tordifferenz von 31. Dass es an der Tabellenspitze trotzdem so eng zugeht, ist ein Hinweis darauf, dass Barça seine Gegner entweder an die Wand spielt oder selbst große Probleme hat.

So hat sich auch Flick nach dem Spiel gegen Betis beschwert, dass seine Mannschaft eine etwas glückliche 2:1-Führung über die Zeit bringen konnte. Denn zu einer Spitzenmannschaft gehören auch weniger glanzvolle Siege, solche, in denen sie ihren Vorsprung nur verwaltet. Die jungen Profis im Kader des FC Barcelona scheinen damit überfordert zu sein.

Oder ist es nur die enorme Erwartungshaltung in Barcelona, die jetzt die Kritik so laut werden lässt? Auch diese Stimmen gibt es, etwa vom katalanischen Schriftsteller Sergi Pàmies, Kolumnist für „La Vanguardia“ aus Barcelona, der die Kritik überzogen findet. „In seiner Geschichte hat Barça keine Scheißmonate erlebt, sondern Scheißjahre“, schreibt er. Aber Barças Fans seien seit der Zeit mit Messi auf dem Rasen und Guardiola auf der Trainerbank erfolgsverwöhnt: Früher hätten die Fans ein Unentschieden bei Betis Sevilla als schlechtes, aber erträgliches Ergebnis bewertet, heute komme es einer Niederlage gleich.

Eine solche Interpretation werde zudem noch mit Zutaten aus den unerschöpflichen Datenbanken gewürzt, als bekäme sie damit einen wissenschaftlichen Wert. Dabei reiche ein Blick auf den Spielplan, um zu wissen, dass sich so viele Spiele in so kurzer Zeit auf die Leistungen auswirken müssen. Den Kalender mit seinen ständigen englischen Wochen sollte man deshalb hinzufügen zu den stets ritualartig aufgezählten Ursachen für eine Niederlage des FC Barcelona, meint Pàmies. „In den ersten Lehrstunden des Barcelonismus lernte ich: Wenn wir verloren haben, hatte die Schuld a) der Regen, b) der Schiri, c) Madrid und d) eine Kombination aller drei Elemente.“

Auch für Hansi Flick ist die Erklärung einfach. Gegen Betis habe man zwei Punkte verloren, man richte den Blick nach vorn. „Wir müssen in solchen Spielen den Sack zumachen. Wir haben die Qualität dafür.“ Es wird auch vom Spiel in Dortmund abhängen – in der Champions League steht Barça auf dem dritten, der BVB auf dem vierten Platz –, welches Adjektiv der Dezember von Flick bekommt.

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