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Isabel Gose: „Zwischendrin war ich manchmal auch am Verzweifeln“ | ABC-Z

Bei den Olympischen Spielen von Paris fischte die erst 22 Jahre alte Isabel Gose Bronze aus dem Schwimmbecken. Das halbe Jahr davor sei nicht immer leicht gewesen, erzählt sie nun – und hat längst neue Ziele im Blick.

Mit einer olympischen Bronzemedaille im Gepäck ist Schwimmerin Isabel Gose in die neue Saison gestartet und tritt nun beim ersten Highlight nach den Spielen von Paris an: den Kurzbahnweltmeisterschaften vom 10. bis 15. Dezember in Budapest (Ungarn). In Frankreich hatte die 22 Jahre alte Magdeburgerin auf ganzer Linie überzeugt: Sie feierte Bronze über 1500 Meter Freistil und schlug über 400 sowie 800 Meter jeweils als Fünfte an. Und das in persönlichen Bestzeiten und mit deutschen Rekorden.

WELT: Frau Gose, es waren fantastische Olympische Spiele für Sie. Wie beeinflusst Sie das jetzt noch?

Isabel Gose: Wenn ich daran erinnert werde, löst das einfach ein tolles Gefühl in mir aus. Ich bin stolz auf das, was ich erreicht habe. Aber Erfolge sind immer Momentaufnahmen – die Ziele bleiben. Ich bin noch jung und hoffe, dass ich das fortsetzen kann.

WELT: Sie waren bei der WM im Februar 2024 knapp an Gold gescheitert und untröstlich, aber auf der ganz großen Bühne gewannen sie gegen jene Frau den Kampf um Bronze. Mit etwas Abstand: Was bedeutet Ihnen diese Olympia-Medaille

Gose: Ich glaube ein bisschen an Schicksal. Und diese ganzen Rennen, die ich davor gegen Simona Quadarella verloren hatte, waren vielleicht Schicksal, damit ich sie genau in diesem Moment schlagen kann. Dass wir es geschafft haben, mich körperlich und mental auf den Punkt so fit zu kriegen, damit ich in dem bis jetzt wichtigsten Rennen meiner Karriere mehr als 100 Prozent meiner Leistung abrufen kann, ist immer noch ein unbeschreibliches Gefühl. Ich finde es einfach schön, dass ich gezeigt habe, dass ich in die Weltspitze gehöre.

WELT: Mehr als 100 Prozent abzurufen, ist das, worauf man hinarbeitet, wovon alle träumen, was aber so schwer möglich ist. Wie haben Sie das geschafft?

Gose: Ich habe über die Saison extrem viel Vertrauen in meinen Trainer, es ist auch ein gegenseitiges Vertrauen. Wir sind ein starkes Team und sind an unseren Aufgaben gewachsen.

WELT: Sie sprechen von Schicksal. Haben Sie immer schon daran geglaubt?

Gose: Zwischendrin war ich manchmal auch am Verzweifeln. Aber alle sagten zu mir: „Warte es ab, deine Zeit wird kommen, und du wirst sie schlagen – im richtigen Moment.“ Es ist schon Wahnsinn, wenn es dann wirklich genau so klappt. Klar war die Medaillen ein Wunschgedanke und wir wussten, was ich im Training geleistet, was ich für Zeiten gebracht hatte. Aber letztendlich kam es für viele unerwartet, weil ein kleiner Zweifel einfach da war.

WELT: Was sind die neuen Ziele, die nächsten Träume?

Gose: Im Großen rechnen wir im Olympiazyklus, und natürlich ist Los Angeles 2028 in meinem Kopf. Aber ich versuche, von Jahr zu Jahr zu denken und mir während der Saison konkrete Ziele zu setzen, weil es sonst nicht greifbar genug ist. Das nächste ist die Kurzbahn-WM in Budapest.

WELT: Wie leicht oder schwer fiel es Ihnen, mit diesem Ziel vor Augen das Training wieder aufzunehmen? Gaben Ihnen die Ergebnisse aus Paris Zusatzmotivation oder kam das Loch nach dem Highlight?

Gose: Ich kann es total nachvollziehen, dass viele Sportler darüber reden, danach in ein Loch zu fallen. Ich will nicht sagen, dass ich diese After-Olympics-Depression hatte – das definitiv nicht –, aber es fällt natürlich schwer. Ich war das ganze halbe Jahr vor den Spielen ein reines Nervenbündel und habe versucht, das zu händeln. Es waren dann so viele Emotionen, die in Paris aufkamen – Emotionen, die ich immer versucht hatte zu verdrängen…

WELT: Aus welchem Grund?

Gose: Weil ich Angst hatte, dass sie mich überkommen und ich den Fokus verliere. Es ist total menschlich und normal, dass man danach Motivationsprobleme hat oder versucht, etwas anderes zu unternehmen, abzuschalten. Aber ich sehe das alles positiv. Und das Training läuft wieder super gut.

WELT-Redakteurin Melanie Haack berichtet seit 2011 über die Sportwelt abseits des Fußballs und ist seit 2012 bei Olympischen Spielen als Reporterin vor Ort.

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