Kultur

iPhone-Verkaufsverbot: Wie Indonesien Apple erpresst | ABC-Z

Vor drei Wochen hatte es noch ausgesehen, als sei für Apple die Hängepartie in Indonesien endlich vorüber. Präsident Prawobo Subitano habe das Angebot des kalifornischen Konzerns akzeptiert, auf der Insel Batam vor Singapur für eine Milli­arde Dollar ein Werk zu errichten, hieß es. Im Gegenzug dürfe Apple im dem 280 Millionen Einwohner zählenden Land endlich sein iPhone verkaufen.

Den Verkauf des jüngsten Apple-Modells, des iPhone 16, hatte Indonesien im Oktober vergangenen Jahres verboten. Für die Pixel-Phones von Google folgte ebenfalls ein Verkaufsverbot. Begründung: Laut indonesischen Vorschriften müssten die Komponenten von Smartphones und Tablets zu 40 Prozent im Land selbst gebaut werden, damit die Hersteller diese dort auch veräußern dürften.

Kurz vor Weihnachten schien Indo­nesiens Taktik aufgegangen zu sein: Auf der Insel Batam vor Singapur, auf der sich gestresste Büroangestellte aus Asiens Finanzzentrum gern am Wochenende erholen, wollte Apple zusammen mit Zu­lieferern eine Fertigungsstätte errichten, in der ein Fünftel aller verkauften „Airtags“ aus dem Produktportfolio hergestellt werden sollten. Dabei handelt es sich um Schlüsselfindern ähnliche kleine Ortungszellen, die auf alles Mög­liche geklebt werden können und über iPhone und Ultrabreitbandtechnik helfen, die Ge­genstände wieder aufzuspüren, wenn ihr Besitzer sie verlegt oder verloren hat.

Investitionsbetrag „ungenügend”

Am Mittwoch nun kam aus Jakarta die Absage: Die Fabrik nehme man gern, ließ die Regierung mitteilen – doch ihr Bau reiche nicht aus, um das iPhone-Verbot aufzuheben. Schließlich handele es sich bei Apples Schlüsselfindern über keine Komponente aus dem iPhone, sagte Industrieminister Agus Gumiwang Kartasasmita. Am Tag zuvor hatte er Apples Abgesandten getroffen, einen Mann namens Nick Ammann, der den Titel „Vice President of Global Government Affairs“ führt. Ammann hatte das Investitionsangebot formell überbracht. Doch das Treffen war nicht erfolgreich. Man habe keine Einigung erzielt, der Investitionsbetrag sei „ungenügend”, teilte der Minister anschließend mit.

Industrieminister Agus Gumiwang KartasasmitaAFP

Offensichtlich hatte Indonesiens Prä­sident seine Meinung wieder geändert – dahingehend, das noch mehr heraus­zuholen sei. Dem Apple-Emissär hatte die Regierung am Dienstag gesagt, sie erwarte nicht weniger, als dass der Konzern im Land in Forschung und Entwicklung investieren solle. Der Darstellung Jakartas zufolge hat Apple bereits im Jahr 2018 versprochen, 1,7 Billionen Rupiah (105 Millionen Dollar) in Trainingszen­tren zu investieren, in denen Entwickler ausgebildet werden sollten, die den Verkauf älterer iPhone-Modelle befördern sollten. Doch Apple habe die Pläne nicht nur nicht umgesetzt, sondern die angepeilte Investitionssumme auf zehn Millionen Dollar zusammengeschrumpft.

„Pseudo-Protektionismus“?

In der Tat lässt Apples Gefeilsche mit Jakarta den Schluss zu, dass der iPhone-Produzent die Wünsche des Landes lange nicht allzu ernst genommen hat, dessen Wirtschaftsleistung in etwa einem Drittel der Marktkapitalisierung des Konzerns aus Cupertino entspricht. Nach dem iPhone-Bann im Oktober erhöhte Apple sein Investitionsangebot zunächst auf 100 Millionen Dollar, nur um zwei Mo­nate später um das Zehnfache nachzu­legen.

Nicht nur außerhalb Indonesiens, sondern auch im Land selbst wurden schnell Warnungen laut, der neue Präsident Prawobo überziehe mit seinem „Pseudo-Protektionismus“. Der Kampf gegen den Giganten aus Amerika sei nicht zu ge­winnen, vor allem angesichts der Tat­sache, dass Apple in Indonesiens Rang­liste der fünf meistverkauften Smart­phone-Marken gar nicht auftauche. Zwar hatte Apple-Vorstandschef Tim Cook auf seiner Asientour im Frühjahr 2024 auch kurz in Jakarta vorbeigeschaut. Doch dem damaligen Präsidenten Joko Widodo hatte er kühl beschieden, man werde sich die Möglichkeit einer Fertigung im Land „anschauen“.

In Asien produziert Apple neben China vor allem in Indien, Thailand und Vietnam. Vor Jakarta war Cook im April in Hanoi gewesen und hatte die Chefs der herrschenden Kommunistischen Partei getroffen. Nach eigenen Angaben hat der Konzern in dem Land seit 2019 ins­gesamt 400 Billionen Dong investiert (16 Milliarden Dollar), die Investitionssumme habe sich zudem von Jahr zu Jahr verdoppelt. In den Fabriken der Zulieferer wie Luxshare, Foxconn, Compal und Goertek arbeiten demnach 150.000 Vietnamesen, die dort iPads, Airpods und Apple Watches zusammenbauen. Auch Zu­lieferer für das Macbook investieren in dem Land.

Einen solchen Erfolg hätte Indonesiens Regierung auch gern vorzuweisen. Beeindruckt scheint sie von der Warnung der Kritiker wenig, bei Investitionen gehe es um die Attraktivität des Standorts, die durch Erpressung nicht erhöht werde. 280 Millionen Menschen seien attraktiv genug, findet Jakarta. Zwar liegt deren Pro-Kopf-Einkommen laut Weltbank mit 4900 Dollar bei gerade mal einem guten Drittel von dem, was die Menschen im Schnitt in China verdienen, Apples zweitgrößtem Einzelmarkt in der Welt. Doch Indonesiens Wirtschaft wächst mit fünf Prozent jährlich. Vielen Beobachtern gilt das Land wegen seiner riesigen, jungen Bevölkerung als kommende Wirtschaftsmacht, in dem sich irgendwann auch die Masse iPhones leistet. Dass Apple sein Investitionsgebot innerhalb kürzester Zeit um das Zehnfache erhöht hat, dürfte Präsident Prawobo in seiner Annahme stärken, dass es an seinem Land kein Vorbeikommen mehr gibt.

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