Berlin

Interview mit der Berliner Paarläuferin Minerva Hase: “Die EM wird ein hartes Stück Arbeit” | ABC-Z

Interview | Paarläuferin Minerva Hase

“Die EM wird ein hartes Stück Arbeit”


Bild: imago images/Einecke

Die Berliner Paarläuferin Minerva Hase stürmt mit Partner Nikita Volodin derzeit von Erfolg zu Erfolg, zuletzt holten sie die Deutsche Meisterschaft. Ein Gespräch über Titel-Ambitionen, die Wichtigkeit des Flows und das Zeigen der Todesspirale.

rbb|24: Frau Hase, den Paarlauf-Titel bei der Deutschen Meisterschaft haben Sie zusammen mit ihrem Partner Nikita Volodin verteidigt, allerdings mit zwei Stürzen. Wie ist Ihre Gefühlslage nach der Leistung?

Minerva Hase: Wir hätten gerne eine bessere Leistung gezeigt für die Zuschauer. Aber man hat einfach gemerkt, dass ein bisschen die Luft raus war, sowohl körperlich als auch mental. Der Wettkampf war für uns schon schwierig – nach dem Grand-Prix-Finale (Hase/Volodin holten den Titel, Anm. der Redaktion) uns nochmals aufzuraffen und durchzuziehen, sowohl beim Training als auch im Wettkampf. Von daher wissen wir es gut einzuordnen – es ist vielleicht dem geschuldet, dass es der sechste Wettkampf in kurzer Zeit gewesen ist und wir sehr kaputt sind.

Das heißt, Sie hatten ihren Höhepunkt für das Grand-Prix-Finale gesetzt und die Deutsche Meisterschaft hatte einen etwas geringeren Stellenwert?

Genau. Wir hatten von vornherein gesagt, dass wir beim Grand-Prix-Finale am fittesten sein wollen und bis dahin alles gegeben, körperlich im Training und auch mental. Danach haben wir gemerkt, dass die Luft raus war. Aber wir wollten die Deutsche Meisterschaft trotzdem laufen, weil wir für das Publikum laufen wollten und natürlich auch für den Verband. Deswegen wollten wir nicht absagen, aber unser Fokus lag immer auf dem Grand Prix.

Dass dann diese zwei Stürze passieren, das ist jetzt nichts, was sie als Paar nachhaltig verunsichert?

Nein. Dass ich in beiden Programmen, also in Kurzprogramm und Kür, beim Wurfrittberger gefallen bin, das ist sehr ungewöhnlich, das passiert mir nicht mal im Training. Von daher wusste ich, dass es jetzt nicht nur mit Nervosität zu tun hat, sondern dass das andere Gründe hat. Ich glaube, wir haben keinen Grund, nervös zu werden, wenn man die Bilanz davor sieht. Nach ein paar freien Tagen werden wir wieder hart ins Training einsteigen, sodass wir perfekt auf die EM vorbereitet sind.

Die Deutsche Meisterschaft war so etwas wie der besinnliche Abschluss eines sehr erfolgreichen Jahres. Wie fällt ihre Bilanz aus?

Wir müssen uns nichts vorwerfen, haben alles gegeben und sind sehr, sehr glücklich, vor allem mit der ersten Hälfte des Jahres. Denn es war schon ein wesentlich besserer Einstieg als letztes Jahr. Von daher gehe ich sehr positiv ins neue Jahr, wenn es dann so richtig ernst wird. Aber bis dahin stehen jetzt erstmal die Feiertage an.

Heißt das, dass Sie erstmal Durchatmen und genügend Zeit mit der Familie verbringen können?

Wir laufen zwei Shows für Daniel Weiss (Eisgalas in Ingolstadt und Oberstorf am 22. und 30. Dezember, Anm. der Redaktion). Aber da liegt der Fokus eher auf dem Spaß am Laufen und nicht so sehr auf den einzelnen Elementen. Deshalb freuen wir uns sehr darauf. Dazwischen ist dann ein bisschen Zeit, ein paar Tage länger zu Hause zu sein. Anfang Januar haben wir nochmal fünf Tage, wo wir komplett runterfahren und Nikita auch nach Hause kann. Ich glaube, diese Zeit braucht unser Körper, um verletzungsfrei in die zweite Hälfte der Saison gehen zu können.

Wir werden uns noch beraten, ob wir in der Kür die Vorwärts-Auswärts-Todesspirale zeigen werden.

Minerva Hase, Paarläuferin

Der deutsche Verband hat nach den Wettkämpfen bekannt gegeben, dass Sie beide das deutsche Aufgebot bei der EM in Tallinn anführen werden. Keine große Überraschung, aber wahrscheinlich eine große Wertschätzung.

Auf jeden Fall. Wir waren zwar von vornherein nominiert durch die Grand-Prix-Final-Teilnahme. Aber es ist trotzdem schön, das dann aus dem Mund der Funktionäre zu hören, es offiziell zu haben, schwarz auf weiß. Daher sind wir sehr glücklich, dass wir unsere zweite EM laufen dürfen.

Wie sieht der Weg bis zur Europameisterschaft aus, an welchen Dingen wollen Sie bis dahin noch speziell arbeiten?

Wir haben bei der Deutschen Meisterschaft zum ersten Mal beide Twists auf Level 4 bekommen. Danach lautete das Feedback, dass dies auch klar ersichtlich war. Das ist ein großer Schritt für uns, weil wir sehr hart daran gearbeitet haben. Eine weitere Rückmeldung war, dass die Elemente alle gut aussehen, da müsste man eher an den Details feilen. Wichtig wird sein, dass wir den Speed verbessern, um noch mit mehr Schwung und mit mehr Emotionen durch die Kür zu kommen. Das sind jetzt aber keine Riesenaufgaben.

Neue Sachen probieren Sie also nicht mehr aus?

Nein. Das Programm steht jetzt. Wir werden uns noch beraten, ob wir in der Kür die Vorwärts-Auswärts-Todesspirale zeigen werden oder auf eine sichere Variante gehen. Das werden wir in den nächsten Tagen entscheiden, aber eigentlich ist der Content, so wie er jetzt ist, auch bei der EM geplant.

Bereitet es Ihnen ein bisschen Sorge, dass man in dieser Pause möglicherweise den Flow verliert, weil eben nicht mehr diese ganz großen Wettkämpfe anstehen wie das Grand-Prix-Finale?

Wir haben aufgrund dessen in der zweiten Januarwoche eine Show angenommen in der Schweiz, um nochmal ein bisschen vor Publikum zu laufen und diesen Flow wieder mitzunehmen. Dass man ein bisschen Aufregung hat. Im Anschluss haben wir unser zehntägiges Trainingslager in Berlin geplant, mit unserem russischen Coach und vier weiteren Paaren – drei internationalen und einem deutschen. Ich glaube, dass wir durch dieses Trainingslager leichter und besser in diesen Flow reinfinden, weil man sich dann auch gegenseitig ein bisschen pushen kann.

Ist der Titel ihr Ziel für die Europameisterschaft?

Ja. Wir können schon selbstbewusst sagen, dass wir um den Titel mitlaufen wollen. Ob wir es am Ende schaffen, ist immer von der Tagesform abhängig. Aber wir wollen da gerne mitmischen.

Wer sind ihre größten Konkurrenten?

Ich glaube, die größten Konkurrenten sind die Georgier, die den dritten Platz beim Grand-Prix-Finale belegt haben, und die Italiener, die auf dem vierten Platz gelandet sind. Beide laufen immer sehr stabil. Die könnten uns gefährlich werden. Je nach Tagesleistung gibt es dann auch noch ein zweites italienisches Team und ein gutes ungarisches Team. Wir müssen auf jeden Fall unsere Leistung abrufen. Die EM wird schon ein Stück harte Arbeit.

Wie wichtig wäre dieser EM-Titel auf dem Weg zur Weltmeisterschaft im März und zur angestrebten Olympia-Qualifikation?

Auf jeden Fall wäre es für das Selbstvertrauen ein kleiner Boost, wie man so schön sagt.
Unabhängig davon, ob wir den EM-Titel holen oder nicht, haben wir in der ersten Saisonhälfte bewiesen, dass man uns auf keinen Fall aus der Rechnung nehmen darf. Wir werden versuchen, das Beste zu geben, vorne mitzulaufen, um dann auch die zwei Plätze für die Olympia-Qualifikation für Deutschland zu holen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Lukas Witte, rbb Sport.

Sendung: rbb24 Inforadio, 23.12.2024, 11:15 Uhr


Back to top button