Geopolitik

Interview-Duell: So wurde Kamala Harris beim „Feindsender“ Fox gegrillt | ABC-Z

Dass Kamala Harris bei Fox News nicht geschenkt würde, war von vornherein klar. Sie kam unter Druck – schaffte es aber dann doch souverän durch das Gespräch. Zumindest in großen Teilen.

Einen sanften Einstieg gab es nicht. Gleich zu Beginn des ersten Interviews der Kandidatin Kamala Harris beim konservativen Sender Fox News legte Moderator Bret Baier los. Wie viele illegale Migranten die Biden-Harris-Regierung denn ins Land gelassen habe?, fragte er die sichtbar angespannte Harris.

Das 27-minütige Gespräch hatte Duell-Charakter – immer wieder wurde es laut. Baier begann das Gespräch im Swing-Staat Pennsylvania mit dem im Wahlkampf zentralen Thema Migration und fiel der Demokratin mehrfach ins Wort: Ob es denn nun zwei oder drei Millionen zusätzliche Illegale seien?

Harris geriet gerade zu Beginn in die Defensive, fing sich aber im Laufe des Gesprächs.

Das Interview war deutlich konfrontativer als vorangegangene Gespräche der Demokratin mit US-Sendern. Harris war wegen der seichten Plaudereien sogar in die Kritik geraten: Sie stelle sich nur befreundeten Interviewern. Das Gespräch mit dem „Feind-Sender“ Fox News sollte das abschmettern. Zudem geht Harris seit Kurzem spürbar auf konservative Wähler zu, die von Trumps teils irritierenden Auftritten abgeschreckt sein könnten. Diese kann sie über Fox News erreichen.

Baier setzte die Demokratin in dem mit Spannung erwarteten Interview direkt mit mehreren Fragen zum Thema Migration unter Druck. Harris war als US-Vize unter anderem für das Thema Einwanderung zuständig. Und Ihr republikanischer Rivale Donald Trump greift die 59-Jährige bei dieser Thematik immer wieder heftig an und wirft ihr Versagen vor. Im Wahlkampf hatte die Demokratin die US-Grenze zu Mexiko besucht, um sich ein Bild von der Lage zu dort machen.

„Darf ich zu Ende antworten?“, fragte Harris immer wieder, während Baier sie in dem Interview unterbrach. Es sei richtig, dass das amerikanische Volk vor der Wahl eine Diskussion über Migration führen wolle. Was die Menschen aber nicht wollten, seien „politische Spiele“, sagte die in einen dunklen Blazer gekleidete Harris mit Blick auf Trump. Die Demokratin kam ins Schwimmen und versuchte, dagegenzuhalten.

Baier fragte Harris etwa, ob sie den Angehörigen von Frauen, die von Migranten ermordet wurden, eine Entschuldigung schulde. „Lassen Sie mich zunächst einmal sagen, dass dies tragische Fälle sind. Daran besteht kein Zweifel“, reagierte US-Vize Harris. Das Migrationssystem der USA sei schon seit langem kaputt. Der Kongress sei dafür zuständig, es zu reparieren, sagte Harris und warf den Republikanern und Trump vor, Lösungen zu blockieren. Baier sah sich schließlich aber auch genötigt, „Madame“ Harris ungestörte Redezeit einzuräumen.

Baier lenkte das Gespräch dann auf das von Konservativen immer wieder politisierte Thema geschlechtsangleichende Operationen und Rechte Transsexueller – auch im Gefägnis. Der Moderator fragte die US-Vize, ob dafür Steuergelder verwendet werden sollten. Harris antwortete, dass Trump Millionen von Dollar für Anzeigen ausgeben würde, „um bei den Wählern ein Gefühl der Angst zu erzeugen, denn er hat bei dieser Wahl eigentlich keinen Plan, der sich auf die Bedürfnisse des amerikanischen Volkes konzentriert“.

Harris wird als amtierende Vize im Wahlkampf immer wieder für Fehler der Regierung verantwortlich gemacht, so auch mehrfach in dem Fox-News-Interview. „Wann haben Sie zum ersten Mal bemerkt, dass die geistigen Fähigkeiten von Präsident (Joe) Biden vermindert zu sein scheinen?“, fragte Baier. Harris stutzte und antwortete dann: Sie habe Biden dreieinhalb Jahre lang mindestens einmal pro Woche getroffen, sie habe keine Bedenken.

Die Demokratin versuchte, das Gespräch auf ihren Kontrahenten Trump zu lenken: Das amerikanische Volk sei besorgt über den Ex-Präsidenten, sagte Harris. Die Leute, die ihn am besten kennen würden – selbst seine früheren Mitarbeiter im Weißen Haus – hielten den Republikaner für „ungeeignet und gefährlich“ und sagten, dass er „nie wieder Präsident der Vereinigten Staaten sein sollte“. Trump sei bereit, das Militär gegen das eigene Volk einzusetzen, warnte sie. Er habe vom „Feind im Inneren“ gesprochen.

Bei der Frage, was sie von Biden unterscheide, ging Harris bewusst auf Distanz: „Lassen Sie mich ganz klar sagen, dass meine Präsidentschaft keine Fortsetzung der Präsidentschaft von Joe Biden sein wird.“ Wie jede neue Person in dem Amt werde sie ihre Lebenserfahrung, ihre berufliche Erfahrung und „frische, neue Ideen“ einbringen. Außerdem repräsentiere sie eine neue Generation.

Das Ende kam bereits nach einer knappen halben Stunde. Baier drängte zum Schluss mit einem Verweis auf harte Sendezeiten.

Trumps Wahlkampfteam nannte das Interview ein Fiasko und bezeichnete Harris als „wütend und defensiv“. Baier ist Chefmoderator für Politik bei Fox News. Sein Schwerpunkt liegt auf politischer Analyse, Interviews und Nachrichten. Trump hatte den Moderator schon vor der Ausstrahlung des Interviews angegriffen.

Er gehe Linke nicht hart genug an, warf er Baier auf seiner Online-Plattform Truth Social vor. „Ich hätte lieber einen Journalisten gesehen, der hartnäckiger nachfragt, aber Fox ist so schwach und weich gegenüber den Demokraten geworden.“ Nach dem Interview sagte ein Fox-News-Kommentator zu Baier, dass dieser das Interview „gewonnen“ habe.

Harris war vor allem in der Anfangsphase ihrer Kandidatur vorgeworfen worden, Interviews zu meiden und sich damit vor kritischen Fragen zu drücken. Zuletzt hat sie mehrere Interviews gegeben – unter anderem mit CNN, CBS und ABC News, die als liberalere Sender und den Demokraten tendenziell eher wohlgesonnen gelten.

Außerdem gab die Demokratin unterschiedlichen Podcastern Interviews, um eine jüngere Zielgruppe anzusprechen. Eine ähnliche Strategie fahren Trump und sein Vizekandidat J.D. Vance. Vance versucht besonders, junge Männer zu umwerben und tritt in entsprechenden Podcasts auf.

Es gibt Berichte darüber, dass Harris auch einen Auftritt in der Sendung des populären Podcasters Joe Rogan plane – bestätigt sind diese allerdings bisher nicht. Rogan ist in der Vergangenheit mit der Verbreitung von Falschinformationen und rassistischen Äußerungen aufgefallen, für die er sich entschuldigt hat. Zu seinen Gästen zählten in der Vergangenheit auch Personen, die Verschwörungstheorien verbreiten.

dpa/cuk

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