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Internationale Pressestimmen: „Deutschland muss nicht in Alternativen denken“ | ABC-Z

Die Bundestagswahl dominiert auch die Schlagzeilen in internationalen Medien. Wahlsieger Friedrich Merz von der CDU sehen viele nun vor großen Herausforderungen – vor allem mit Blick auf das Verhältnis zu den USA unter Donald Trump.

Die Deutschen hätten für einen Führungswechsel gestimmt, schreibt die New York Times. Friedrich Merz werde aller Voraussicht nach der nächste Kanzler sein. Die US-Zeitung erinnert an die öffentliche Unterstützung für die AfD durch US-Vizepräsident J. D. Vance und Präsidentenberater Elon Musk. Dazu habe die AfD versucht, politisches Kapital aus den Anschlägen der vergangenen Monate zu schlagen. „Aber dieser Segen sollte sich nicht materialisieren“, stellt die New York Times fest. Stattdessen hätten die Reaktionen auf die Anschläge und die Unterstützung für die AfD aus den USA womöglich sogar den Zuspruch zur unerwartet erfolgreichen Linken beflügelt. 

Die österreichische Tageszeitung Der Standard hält das Ergebnis für den Ausdruck eines gemäßigten Rechtsrucks: „Die deutsche Bundestagswahl zeigt Europa, dass die Zukunft des Kontinents keinesfalls rechtsextrem ist. Deutschland muss nicht in Alternativen denken. Zwar ist die AfD exakt so stark wie befürchtet, doch der blaue Balken schwoll am Wahlabend auch nicht über das Niveau der Erwartung an.“ Der Standard warnt Deutschland aber auch vor österreichischen Verhältnissen: „Die AfD bleibt für die nächste Wahl 2029 brandgefährlich, kann jetzt
aber nicht die Macht übernehmen und nichts zerstören – wenn die CDU
nicht so umkippt wie zwischenzeitlich die ÖVP.“

Schwierige Regierungsbildung erwartet

Der britische Guardian prognostiziert eine schwierige Koalitionsbildung. „Konservative gewinnen die Wahl in Deutschland, doch die Rechtsaußenpartei AfD verdoppelt sich“, titelt die Zeitung. Dieser „dramatische Anstieg“ werde „die Bildung einer Regierung verkomplizieren, die dabei helfen soll, eine europäische Antwort auf die wachsenden globalen Bedrohungen anzuführen“.

Zuversichtlicher zeigt sich der britische Economist. Er rechnet mit einer stärkeren Führung in Deutschland nach Merz‘ Wahlsieg: „Erwarten Sie nicht, dass er so energisch auftritt wie Herr Trump, aber er ist sicherlich eine Verbesserung gegenüber der bisherigen deutschen Führung. Vermutlich wird er in Kürze mit Herrn Trump sprechen.“

Auch für den Sydney Morning Herald steht Merz‘ außenpolitische Haltung im Vordergrund: „Deutschlands pro-amerikanischster Politiker in seiner Geschichte wird die Regierung zu einem Zeitpunkt übernehmen, an dem er vor drei Herausforderungen steht: die Einheit der Nation zu bewahren, Europas Verteidigung zu stärken und zu verhindern, dass das Bündnis mit den Vereinigten Staaten weiter zerbröckelt.“ Merz‘ bisherige Äußerungen über Trump und das transatlantische Verhältnis zeugten jedoch von einem historischen Wendepunkt und zeigten, „wie tief Trump die politischen Grundfesten Europas erschüttert hat, das seit 1945 auf amerikanische Sicherheitsgarantien angewiesen ist“.

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