Innere Sicherheit: Vorerst kein besserer Schutz für das Parlament – Politik | ABC-Z
Die Bundestagspolizei ist ziemlich klein, ihr Zuständigkeitsbereich winzig. Weil dieser winzige Zuständigkeitsbereich aber das Reichstagsgebäude umfasst, sollte man ihre Bedeutung für den Schutz der parlamentarischen Demokratie nicht unterschätzen. Es ist deshalb kein Wunder, dass es in den aktuellen Debatten um den Schutz der Verfassungsorgane nicht nur um eine Absicherung des Bundesverfassungsgerichts geht – oder um eine Verschärfung der Geschäftsordnung des Bundestags. Sondern dass sich die Fraktionen auch damit beschäftigen, wie man die Bundestagspolizei ertüchtigen kann.
Die Bundestagspolizei mit ihren rund 200 Beamten ist ein Solitär in der deutschen Polizeilandschaft. Sie untersteht nicht irgendeinem Innenminister, sondern der Bundestagspräsidentin. Und ihre Existenz ist sogar im Grundgesetz verankert. In Artikel 40 Absatz 2 heißt es, der Parlamentspräsident übe „das Hausrecht und die Polizeigewalt im Gebäude des Bundestages aus“. Ohne seine Genehmigung dürfe „in den Räumen des Bundestages keine Durchsuchung oder Beschlagnahme stattfinden“. Der Gedanke dahinter: Das Parlament soll vor einer Einflussnahme durch die Exekutive oder die Judikative geschützt werden.
Der Gesetzentwurf ist 107 Seiten lang
Damit ist man allerdings schon beim Problem. Es gibt bisher lediglich diese Verankerung in der Verfassung, aber gar kein eigenes Gesetz zur Bundestagspolizei. Um ihre Aufgaben und Befugnisse genau festzuschreiben, haben sich SPD und Grüne deshalb jetzt auf den „Entwurf eines Gesetzes über die Polizei beim Deutschen Bundestag“ verständigt. Inklusive der Begründung ist das Werk 107 Seiten lang geworden.
Ziel sei es, „zunächst den gegenwärtigen Stand der Befugnisse auf einfachrechtliche Grundlage zu stellen und darüber hinaus die Befugnisse der Polizei bezogen auf die örtliche Zuständigkeit maßvoll auszuweiten, indem die strikte Bindung an die Parlamentsgebäude gelockert wird“, heißt es in dem Gesetzentwurf. Man erweitere „die örtliche Zuständigkeit insofern, als die Bundestagspolizei auch außerhalb des Gebäudes handeln darf, sofern dies notwendig ist, um Gefahren im Gebäude des Bundestages abzuwehren“. Insgesamt solle durch das Gesetz „die Arbeit der Polizei erleichtert und die Rechtsklarheit erhöht werden“ – auch „für den Bürger, da die Befugnisse nachlesbar werden“.
Im August 2020 hatte sich gezeigt, wie problematisch eine Beschränkung der Bundestagspolizei auf das Parlamentsgebäude sein kann. Damals hatten etwa 400 Demonstranten Absperrungen vor dem Gebäude überwunden und waren die große Außentreppe an der Westseite des Reichstagsgebäudes hinaufgelaufen. Sie konnten nur mit Mühe und erst unmittelbar vor der Eingangstür durch normale Polizeibeamte gestoppt werden. Die Bundestagspolizei durfte außerhalb des Gebäudes nicht eingreifen.
Der zuständige Berichterstatter der Unionsfraktion zeigt sich „grundsätzlich auch offen“ für ein solches Gesetz
Aber wie geht es mit dem Gesetzentwurf jetzt weiter? Über eine Absicherung des Bundesverfassungsgerichts haben sich SPD, Grüne und FDP mit der Union verständigen können. Sie soll in der kommenden Woche vom Bundestag beschlossen werden. Beim Gesetz zur Bundestagspolizei zeichnet sich dagegen kein Kompromiss ab.
Michael Breilmann, der zuständige Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sagte der Süddeutschen Zeitung, auch für seine Fraktion sei „der Schutz des Parlaments ein wichtiges Anliegen“. Man sei „in diesem Sinne grundsätzlich auch offen“ für ein Gesetz, “sofern die Regelungsvorschläge inhaltlich gut begründet, notwendig, sinnvoll und verhältnismäßig sind, Länderinteressen dabei einbezogen wurden, und sie nicht an anderer Stelle besser geregelt werden können”. Die Unionsfraktion werde den eingebrachten Entwurf deshalb „diesbezüglich sorgfältig prüfen“. Rechtsverschärfungen sollten „juristisch wasserdicht sein, damit sie auch einer etwaigen gerichtlichen Überprüfung standhalten“.
Die Unionsfraktion werde sich „weiter intensiv, aber ohne Druck mit den aufgezeigten Möglichkeiten befassen“, sagte der CDU-Abgeordnete. Er sehe aber „derzeit keine kurzfristige Einigungsfähigkeit für diese komplexe Initiative“. Für Schnellschüsse stehe „die Union nicht zur Verfügung, die Problematik ist zu wichtig, um sie übers Knie zu brechen“.
Angesichts der bald zu Ende gehenden Legislaturperiode bedeutet das: Es wird erst einmal kein Bundestagspolizeigesetz geben.