Chinese Fan Zhendong: Was will der weltbeste Tischtennisspieler in Saarbrücken? – Sport | ABC-Z

Wer ist der beste Tischtennisspieler auf diesem Planeten? Dazu hat Timo Boll eine Meinung. Der 44-Jährige, viermal Nummer eins der Welt und ein Vierteljahrhundert bester deutscher Spieler, sagte soeben im SZ-Interview: „Viele halten Ma Long für den Besten jemals, aber für mich ist es Fan Zhendong. Er ist der Einzige, gegen den ich nie gewonnen habe. Achtmal gespielt, achtmal verloren.“
Der Chinese Fan Zhendong, 28, geboren in Guangzhou, wurde 2021 Weltmeister und Olympiasieger, 2023 wieder Weltmeister und 2024 wieder Olympiasieger. Auf seinem chinesischen Weibo-Kanal hat er 7,2 Millionen Follower. Er ist eine Ikone des Tischtennis – und wenn jetzt nichts mehr schiefgeht, dann spielt er nächste Saison für den 1. FC Saarbrücken.
:„Die sollen aufpassen – weil ich komme!“
Die deutschen Frauen stehlen den Männern bei der Tischtennis-WM die Show. Annett Kaufmann verliert zwar gegen die drittbeste Chinesin, macht aber eine erstaunliche Kampfansage.
Er soll in allen drei Wettbewerben spielen: in der Bundesliga, im Pokal und in der Champions League – zwar nicht in jedem Spiel, aber doch in einigen. In Saarbrücken überlegen sie gerade, diese Spiele in die große Saarlandhalle zu verlegen, denn dort passen 2800 Zuschauer hinein.
Der Mann, der diesen Deal eingefädelt hat, heißt Nicolas Barrois, 35, gebürtiger Saarbrücker und der Manager des Tischtennis-Bundesligisten. Am Sonntag hat Saarbrücken zum dritten Mal nacheinander die Champions League gewonnen, zum dritten Mal nacheinander im Endspiel gegen Borussia Düsseldorf. Boll spielt für Düsseldorf, er beendet gerade sukzessive seine Karriere und hat am Sonntag sein letztes internationales Spiel gemacht. Aber in Saarbrücken haben alle über die Fan-Zhendong-Sensation gesprochen. „Die Reaktionen sind unvorstellbar, total verrückt“, sagt Barrois. „Es ist ja erst seit ein paar Tagen bekannt, dass Fan Zhendong für uns spielen wird, und trotzdem bekommen wir schon Ticketanfragen, Trikotanfragen und Anfragen von potenziellen Sponsoren.“
Was um Himmels willen will der beste Tischtennisspieler der Welt in Saarbrücken? Barrois weiß: „Er will hier spielen und freut sich auf die europäische Reise.“ Barrois folgt Fans Internetaktivitäten, und da hat er ihn zuletzt beim Champions-League-Finale in München gesehen. „Fan Zhendong hat Lust auf das Abenteuer Europa. Er will hier spielen.“
Das erste Facetime-Gespräch mit Fan kam selbst dem Manager surreal vor
Noch vor ein paar Wochen hätte Barrois diesen Satz selbst nicht geglaubt. Fan Zhendong und Saarbrückens deutscher Nationalspieler Patrick Franziska verstehen sich gut, auf internationalen Turnieren plaudern sie gerne, und irgendwann hat Fan wohl mal fallen lassen, dass er sich vorstellen könnte, in Europa zu spielen. Das war für Barrois Grund genug, über Kontaktleute in China ein Facetime-Gespräch zu arrangieren. „Ich spiele selbst Tischtennis“, sagt Barrois, „Fan Zhendong ist für mich eine Ikone, und als ich mein erstes Facetime-Gespräch mit ihm hatte, war das für mich sehr surreal.“
Fan hat also tatsächlich Lust, in Europa zu spielen, und die aktuell beste Mannschaft hier ist nun mal der 1. FC Saarbrücken. Hauptsponsor ist der ortsansässige Tischtennisausrüster Tibhar, dessen Chef Erwin Berg im Klub als Sportlicher Leiter firmiert. Als weiterer Hauptsponsor fungiert die Saarbrücker Firma Ursapharm, die den Fußballklub SV Elversberg soeben um ein Haar in die Bundesliga geführt hätte. Gewisse Gelder sind mithin vorhanden. „Fan Zhendong kriegt mehr als einen Händedruck, aber wir haben keine Saudi-Arabien-Dimensionen“, beruhigt Barrois.

Saarbrücken ist bald eine der besten Tischtennis-Klubmannschaften der Welt. Zum schwedischen Weltranglistensechsten Truls Möregardh, zum slowenischen Weltranglistenzehnten Darko Jorgic und zum deutschen Weltranglisten-14. Patrick Franziska kommt noch der jahrelange Weltranglistenerste Fan Zhendong hinzu, der nur deshalb derzeit nicht mehr in der Weltrangliste geführt wird, weil er vorerst keine internationalen Turniere bestreitet. Der Beste ist er vermutlich trotzdem noch.
Ums Geld, sagt Barrois, gehe es bei dieser Sache zumindest mal in erster Linie nicht. Klar verdient der Klub an Ticket- und Trikotverkäufen und an neuen, womöglich internationalen Sponsoren. Aber welche wirtschaftlichen Konsequenzen der Coup haben könnte, das kann in Saarbrücken so richtig noch niemand erahnen. Die Bedingungen für wirtschaftlichen Erfolg sind im deutschen und europäischen Klubtischtennis nicht gerade überragend. Für den Champions-League-Titel bekommt ein Klub um die 25 000 Euro, in der Champions League mitzuspielen, kostet eher Geld, als dass es welches einbringt.
Die Saarbrücker haben erst kürzlich beschlossen, ihre Heimspiele künftig nicht mehr in der 2400-Zuschauer-Arena namens Joachim-Deckarm-Halle zu bestreiten, sondern im etwa halb so großen Sportcampus. Da war natürlich noch nicht absehbar gewesen, dass bald der Olympiasieger mitspielt.
Welche Wirkung Fans Verpflichtung hat, haben die Saarbrücker in den ersten Tagen sofort gespürt: Die Follower-Zahl ihres chinesischen Weibo-Accounts hat sich binnen 48 Stunden auf 25 000 verdreifacht, und die Instagram-Nachricht von Fans Verpflichtung wurde über Weibo 3,4 Millionen Mal aufgerufen. Was solche Media-Werte letztlich in Euro bedeuten, wird der Klub eines Tages ausrechnen können. Jetzt freuen sie sich aber erst mal ganz bodenständig auf Fan Zhendong aus China, der aus dem Himmel herniederfahren wird zum Tischtennisspielen in Saarbrücken.