Industrie: Der geschwächte Maschinenbau setzt auf Amerika, doch die Vorzeichen verdüstern sich | ABC-Z

Deutschlands Maschinenbau kämpft mit der Krise. Auch der Export ist im letzten Jahr weiter eingebrochen. Die Schlüsselbranche setzt jetzt insbesondere auf eine Erholung in den USA. Doch Signale aus einer anderen Industrie könnten auf eine böse Überraschung hindeuten.
Maschinen aus Deutschland waren im vergangenen Jahr im Ausland deutlich weniger gefragt. Um real gut sieben Prozent auf 199,6 Milliarden Euro sind die Ausfuhren im vergangenen Jahr eingebrochen, meldete der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Damit war der Export nicht die erhoffte Stütze für die Schlüsselbranche, die seit 2021 im Krisenmodus feststeckt.
Überdurchschnittlich schwach liefen die Geschäfte in Europa. Um 8,5 Prozent gingen die Ausfuhren in die EU-Staaten zurück. Insbesondere Frankreich, Italien und Polen blieben dabei hinter den Erwartungen mit sogar zweistelligen Minuszahlen. Und das sind immerhin die Nummern drei, vier und sieben in der Außenhandelsstatistik der deutschen Maschinenbauer.
Die mit Abstand größten Märkte für die angeschlagene Branche waren 2024 weiterhin die USA und China. Und auch dort regieren die Minuszeichen: Während die Exporte in die Volksrepublik um 4,5 Prozent nachgegeben haben, waren es in Amerika gut zwei Prozent. Das war schon der zweitbeste Wert in der Top-10-Liste hinter Großbritannien, wo das Geschäftsvolumen gleichgeblieben ist.
„Der Maschinenbau sieht sich weltweit konfrontiert mit anhaltenden konjunkturellen und strukturellen Herausforderungen und geopolitischen Spannungen. Das dämpft die globale Nachfrage nach Maschinen und Anlagen“, kommentiert VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers. Die EU sei nun gefordert, einen Zollstreit mit den USA zu verhindern. „Denn ein solcher Handelskrieg würde auf beiden Seiten nur Verlierer produzieren.“
Gerade in diesen Markt haben die Maschinenbauer zuletzt große Hoffnungen gesetzt. „Die USA wollen sich wieder einmal reindustrialisieren – und dafür brauchen sie europäische Maschinen und Anlagen“, begründet VDMA-Präsident Bertram Kawlath. „Große Teile unserer Industrie stellen Technologien her, die auf dem US-Markt kaum verfügbar sind. Langfristig sehen wir darin eine Chance.“
Kawlath verweist auf eine Mitgliederbefragung aus dem Dezember. Damals hatten 72 Prozent der 560 Teilnehmer bekundet, ihr US-Geschäft ausweiten beziehungsweise ein solches aufnehmen zu wollen. Als Gründe wurden dabei zuvorderst die Marktgröße, dann ein wachsender Markt und schließlich die Nähe zum Kunden genannt.
Dazu passen auch die Ergebnisse der letzten Konjunkturumfrage des VDMA aus dem Januar. Darin stufen 42 Prozent der Unternehmen ihre aktuellen Absatzchancen in Amerika „trotz oder gerade wegen der jüngsten politischen Entwicklungen“ als gut oder sehr gut ein.
Die neuesten Zollpläne von US-Präsident Donald Trump waren da noch nicht bekannt. Wobei der Republikaner im Wahlkampf nie damit hinter dem Berg gehalten hat. Auswirkungen haben die immer neuen Aussagen und Pläne nun auch auf die US-Unternehmen.
Das jedenfalls berichtet Gunther Kegel. Der Präsident des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) war gerade in den USA und hat als Eindruck mitgenommen, „dass die Trumpsche Politik erstmal zu einer echten Verunsicherung geführt hat“. Auch dort werde im Moment nicht mehr investiert. „Die erratische Politik von Trump hat nicht nur bei uns für einen entsprechenden Flurschaden gesorgt, das ist auch in Amerika so“, sagt Kegel.
So seien die Auftragseingänge aus den USA derzeit deutlich schwächer ausgeprägt. Das hätten die Wirtschaftsprüfer als allgemeinen Trend bei den Unternehmen bestätigt. „Im Dezember waren die Zahlen noch stabiler, nun sind sie im Vergleich mit anderen Märkten weniger dynamisch.“
Eigentlich habe man gedacht, dass sich Amerika erholt hat und in diesem Jahr wieder kräftig im Umsatz steigen wird, sagt Kegel, der im Hauptberuf den Automatisierungsausrüster Pepperl & Fuchs aus Mannheim führt. „Aber das ist ins Stocken geraten.“
Im Januar und Februar gebe es eine größere Verunsicherung bei den Unternehmen: „Weil sie nicht wissen, wo das enden wird mit den Zöllen und wohin Trump am Ende will.“ Für die Kunden der Elektroindustrie spiele es aber eine Rolle, wie viel Zoll sie bezahlen müssen auf Vorleistungsprodukte, die verarbeitet werden. Bin ich dann noch wettbewerbsfähig oder muss ich meine Lieferketten neu strukturieren, sei dann die Frage. „Solange das nicht klar ist, wird auch weiter nichts passieren. Das sieht man sehr deutlich.“
Möglicherweise sehe das in vier bis sechs Wochen schon anders aus – wenn es dann Angebote für einen Deal mit den von Zöllen betroffenen und bedrohten Ländern und Regionen gibt. „Im Moment trifft es aber auch die Amerikaner.“
Die Maschinenbauer hoffen derweil auf ein Anspringen des Geschäfts auch in anderen Weltregionen. So wie im Nahen und Mittleren Osten oder auch in Mexiko und Indien, die 2024 zu den Ausreißern nach oben gehört haben.
Anhaltende geopolitische Spannungen, Handelskonflikte und strukturelle Herausforderungen würden die Maschinenexporte zwar auch 2025 absehbar belasten, sagt Chefvolkswirt Wiechers. „Doch wir hoffen aufgrund erster, noch vager Anzeichen auf eine Stabilisierung und eine zaghafte Erholung der globalen Nachfrage.“
Gleichzeitig fordert der Branchenvertreter politische Unterstützung ein, um die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Maschinenbaus zu stärken. „Neben einer längst überfälligen Verbesserung der Rahmenbedingungen am heimischen Standort brauchen wir dringend neue Freihandelsabkommen sowie eine stärkere internationale Zusammenarbeit, um einerseits den Zugang zu internationalen Märkten zu sichern und andererseits Lieferketten zu stabilisieren“, führt Wiechers aus.
Zudem müssten die Rahmenbedingungen für Investitionen im Allgemeinen und für Forschung und Entwicklung im Besonderen verbessert werden.
Carsten Dierig ist Wirtschaftsredakteur in Düsseldorf. Er berichtet unter anderem über Handel und Konsumgüter, Maschinenbau und die Stahlindustrie.