Keine Entwarnung bei Kfz-Policen – Wirtschaft | ABC-Z

Autofahrer müssen mit weiter steigenden Preisen für ihre Kfz-Versicherungen rechnen. Nach den massiven Preiserhöhungen in den vergangenen beiden Jahren ist ein weiterer Anpassungsbedarf nicht ausgeschlossen, so der Rückversicherer Hannover Rück, der über seine Tochter E+S Rück viele deutsche Kfz-Versicherer zu seinen Kunden zählt. „Die Anpassungen dürften aber vermutlich weniger drastisch ausfallen als 2023 und 2024“, sagt E+S-Chef Thorsten Steinmann beim Welt-Rückversicherungstreffen in Monte Carlo nach Gesprächen mit Kfz-Versicherern.
Die Anbieter haben mit steigenden Preisen bei Ersatzteilen und Werkstätten zu kämpfen, was Autoreparaturen stark verteuert. Deshalb haben sie die Kosten für den Versicherungsschutz stark erhöht. Die Preise für Kfz-Versicherungen sind laut dem Vergleichsportal Verivox seit Herbst 2022 bis Ende vergangenen Jahres um 43 Prozent gestiegen. Auch im laufenden Jahr geht die Tendenz weiter nach oben.
Nach Milliardenverlusten in den beiden Vorjahren werden die Kfz-Versicherer 2025 voraussichtlich wieder einen kleinen Gewinn machen. Allerdings ist die Prognose noch mit Unsicherheit behaftet. „Die Hagelsaison war bisher sehr günstig, aber sie ist noch nicht vorbei“, sagt Steinmann. Hagelschauer richten regelmäßig große Schäden an Autos an und sind für die Versicherer oft sehr teuer.
In Monte Carlo treffen sich Versicherer und Rückversicherer aus aller Welt, um Verträge auszuhandeln
Die zuletzt vorgenommenen Preiserhöhungen der Kfz-Versicherer sieht Steinmann positiv, aber auch als dringend nötig an. „Die Autoversicherer sind zurück auf Kurs“, lobte er. Allerdings warten weitere Herausforderungen auf sie: In der Kfz-Haftpflichtversicherung sind die steigenden Behandlungs- und Pflegekosten für Unfallopfer ein großes Thema, das die Versicherer auch in Zukunft beschäftigen wird, so Steinmann.
Allgemein sei das Bild der Kfz-Versicherer sehr heterogen, erklärte er. Einige Kfz-Versicherer sind auf ihrem Weg zurück zur Profitabilität deutlich weiter als andere, die teilweise noch Schaden- und Kostenquoten im verlustreichen Bereich von über 100 Prozent haben. Das heißt, sie geben mehr für Schäden sowie Verwaltungs- und Vertriebskosten aus als sie an Beiträgen von ihren Kunden bekommen.
Beim sogenannten „Rendez-Vous de Septembre“ im Fürstentum Monaco an der Côte d’Azur treffen sich Rückversicherer wie Munich Re und Swiss Re mit ihren Kunden aus aller Welt – das sind Versicherer wie Allianz oder Ergo – um die Verträge für das kommende Jahr auszuhandeln. Mit den Rückversicherungen schützen sich die Versicherer zum Beispiel vor großen Schäden durch Naturkatastrophen. Der Stadtstaat, den die meisten mit Reichtum, Steuerhinterziehung, Glücksspiel und Autorennen verbinden, scheint als Ort für eine solche Großkonferenz mit inzwischen rund 3000 Teilnehmern eine merkwürdige Wahl, aber er hat Tradition. Seit 1957 finden die Treffen hier statt.
Versicherer sind in guter Verhandlungsposition
In diesem Jahr befinden sich die Versicherer in einer besseren Verhandlungsposition als bei den vorherigen Treffen. Nachdem die Rückversicherer die Preise für Katastrophendeckungen Anfang 2023 wegen schlechter Betriebsergebnisse, hoher Katastrophenschäden, Zinsänderungen und Inflation um rund 30 Prozent erhöht hatten, verdienen sie wieder gut. Die Konzerne liefern sich nun wieder einen verstärkten Wettbewerb um ihre Kunden, die Versicherer. Zudem machen ihnen branchenfremde Investoren wie Pensionsfonds Konkurrenz, die über sogenannte Versicherungsverbriefungen Alternativen zum Rückversicherungsschutz anbieten.
Das übt Druck auf die Preise aus – zur Freude der Versicherer. „Die Preise werden 2026 vor allem für kurzfristige Verträge wie Feuerversicherungen weiter zurückgehen“, sagte Johannes Bender von der Ratingagentur S&P. Er rechnet mit einem Minus von durchschnittlich fünf Prozent.
Was die Versicherer nicht freut: Die Rückversicherer wollen nicht von den strikten Vertragsbedingungen abweichen, die sie ebenfalls Anfang 2023 eingeführt haben. Sie haben sich aus der Absicherung kleinerer, häufiger auftretender Schäden wie Stürmen und Überschwemmungen weitgehend zurückgezogen, indem sie zum Beispiel die Selbstbehalte erhöht haben. Das zwingt die Versicherer wiederum, die Preise für ihre Kunden, also Privatpersonen und Firmen, zu erhöhen, um die hohe Schadenbelastung zu kompensieren, die sie jetzt weitgehend allein tragen müssen.
Der Makler Guy Carpenter warnt bereits davor, dass die Rückversicherer allmählich an Bedeutung für ihre Kunden einbüßen. „Höhere Selbstbehalte – das heißt, dass Rückversicherer einen geringeren Anteil der kleineren Schäden übernehmen – haben zwar zur Verbesserung der Profitabilität beigetragen, stellen jedoch eine Herausforderung für die Relevanz dar, wenn keine ausgewogenere Risikoteilung mit den Kunden erreicht wird“.