Milch: Gesund oder Entzündungen fördernde Kalorien-Bombe? | ABC-Z

Stand: 18.11.2025 11:47 Uhr
| vom
Erwachsene brauchen Milch nicht für ihre Gesundheit, wenn sie sich ansonsten ausgewogen ernähren. Wie viel Milch und Milchprodukte werden gut vertragen – und ist laktosefrei gesünder?
Milch galt früher als Muntermacher, doch mittlerweile wird kontrovers über sie diskutiert: Ist Milch gut für die Knochen oder doch eher ein Risikofaktor für Zivilisationskrankheiten wie Adipositas, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Allergien oder Krebs? Fest steht: Milch und Milchprodukte sind in vielen Ländern der Welt wichtig für die tägliche Ernährung und enthalten eine Reihe guter Bestandteile wie Eiweiß, die Vitamine B2 und B12, Kalzium, Zink und Jod.
Nährwerte: Wie viel Kalorien und Protein liefert Milch?
Es mag überraschen: Milch hat ähnlich viele Kalorien wie Saft und sogar mehr als Cola oder Limos – nämlich 47 Kilokalorien auf 100 Milliliter in der fettarmen und etwa 64 Kilokalorien in der vollfetten Variante. Ein großes Glas Vollmilch liefert damit mehr Energie als ein durchschnittlicher Müsliriegel oder ein kleiner Schoko-Snack. Bei Milch sind die Nährstoffe, aus denen die Kalorien stammen, jedoch gesünder. Milch enthält 3,5 Prozent Eiweiß. Damit ist sie eine gute Proteinquelle und trägt zur Sättigung bei. In Milch stecken auch Kohlenhydrate, nämlich in Form von Laktose (Milchzucker). Der Zuckergehalt ist aber moderat, er liegt bei viereinhalb bis fünf Prozent. Fettarme Milch enthält dabei anteilig mehr Zucker als Vollmilch. Zum Vergleich: Die Kalorien von Saft oder Limo stammen quasi ausschließlich aus Zucker. Insgesamt lässt sich sagen: Als Durstlöscher ist Milch nicht geeignet – im Gegenteil, sie trägt zur Sättigung bei.
Kalorien und Nährwerte pro 100 Gramm Milch
Milch mit natürlichem Fettgehalt (mindestens 3,7 Prozent):
65 kcal
3,7 g Fett, davon gesättigt: 2,8 g
4,5 g Kohlenhydrate (Milchzucker)
3,4 g Eiweiß
Vollmilch:
64 kcal
3,5 g Fett, davon gesättigt: 2,3 g
4,7 g Kohlenhydrate (Milchzucker)
3,5 g Eiweiß
Fettarme Milch:
47 kcal
1,5 g Fett, davon gesättigt: 1 g
4,9 g Kohlenhydrate (Milchzucker)
3,5 g Eiweiß
Was ist besser: Fettarme Milch oder Vollmilch?
Lange hieß es unter Medizinern, dass fettarme Milch besser sei als Vollmilch. Denn Vollmilch enthält mehr gesättigtes Fett – und es wurde angenommen, gerade gesättigte Fettsäuren würden das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko erhöhen. Internationale Langzeit-Studien mit vielen Tausend Teilnehmern haben inzwischen gezeigt: Menschen, die in üblichen Mengen Vollmilch trinken, haben nicht häufiger einen Herzinfarkt oder Schlaganfall als Menschen, die keine Milch trinken. Eine schwedische Studie aus dem Jahr 2024 fand zwar einen Zusammenhang zwischen hohem Trinkmilch-Konsum und Gefäßkrankheiten, jedoch ohne Unterschied zwischen fettarmer und vollfetter Milch. Und noch eine Annahme ist widerlegt: Das Fett aus der Vollmilch macht nicht dick. Studien liefern sogar Hinweise, dass der Konsum von vollfetter Milch während einer Diät dem Abnehmen genauso dient wie der Konsum fettarmer Milch.
Wie viel Milch am Tag ist gesund?
Ein Glas Milch plus zwei Teelöffel Butter und zwei bis drei Scheiben Käse am Tag gelten als sinnvoller Orientierungswert – alternativ könnte man auch einen Becher Quark und etwas Buttermilch verzehren. Empfohlen werden für gesunde Erwachsene täglich insgesamt etwa 300 Gramm Milch oder Milchprodukte.
Macht Milch starke Knochen und munter?
In Milch steckt viel Kalzium: 120 Milligramm pro 100 Milliliter. Milch und Milchprodukte wie Quark oder Käse sind damit eine ausgezeichnete Kalziumquelle. Kalzium ist an der Reizübertragung in Muskeln und Nerven beteiligt, wichtig für die Blutgerinnung und ein unentbehrlicher Baustoff für die Knochen. Allerdings schützen Milchprodukte nur bedingt vor Osteoporose. Denn der Effekt auf die Knochen hängt davon ab, wann wir in unserem Leben Milch, Joghurt oder Käse zu uns nehmen. Kinder und Jugendliche, die mehr Milch trinken, entwickeln stärkere Knochen als solche, die weniger oder keine Milch trinken – das zeigen Studien.
Bei Erwachsenen ist das anders. Ein höherer Verzehr schützt sie nicht vor Knochenschwund und Knochenbrüchen im Alter, denn Osteoporose ist eine komplexe Erkrankung, bei der unter anderem auch Vitamin D eine wichtige Rolle spielt. Eine ausreichende Versorgung ist bei Menschen im höheren Alter häufig nicht gegeben. Doch auch wenn Milchprodukte ältere Menschen nicht vor Knochenschwund schützen, haben sie einen anderen positiven Effekt: Milch liefert gut verwertbares Eiweiß, das wir zum Muskelerhalt brauchen.
Mit Laktose oder laktosefrei: Ist Milch schlecht für die Verdauung?
Milchkaffee, Käseauflauf, Schlagsahne – lecker, aber eine Belastung für den Darm. Stimmt dieses weitverbreitete Bauchgefühl? Fakt ist: Zehn bis 15 Prozent der Deutschen leiden an Laktoseintoleranz. Das bedeutet, sie können den Milchzucker, die Laktose, nicht verdauen. Deshalb gärt der Milchzucker in ihrem Darm. Die Folge sind Blähungen und Durchfall. Viele greifen deshalb im Kühlregal zu laktosefreien Produkten.
Laut einem Report des US National Institute of Health (NIH) können Menschen, die eine Laktoseintoleranz aufweisen, bis zu zwölf Gramm Laktose (etwa ein Glas Milch) in einer Portion aufnehmen, ohne dass es zu negativen Auswirkungen kommt. Auch gibt es Forschungen, die nahelegen, dass Betroffene durch eine Milchverzehr-Pause mit anschließender langsamer Steigerung ihres Konsums die Laktose besser vertragen.
Menschen mit einem Reizdarmsyndrom bekommen häufig Probleme durch Milchzucker. Auch eine vorübergehende Laktose-Unverträglichkeit nach Magen-Darm-Infekten kommt gehäuft vor.
Milchallergie: Ist Ziegen- oder Schafsmilch verträglicher?
Etwa ein Prozent der Erwachsenen leidet an einer Milchallergie. Problemauslöser bei einer Allergie ist nicht der Milchzucker, sondern Milcheiweiße. Die meisten Betroffenen reagieren allergisch auf das Protein Kasein und vertragen daher gar keine tierischen Milchprodukte, denn Kasein findet sich auch in Ziegen- oder Schafsmilch. Einige wenige Betroffene reagieren nur auf Kuhmilch-Molkeneiweiße. Da diese Eiweiße bei Hitze zerfallen, besteht bei ihnen die Chance, dass sie gekochte oder gebackene Milchprodukte (wie in Pizza, Pudding oder Aufläufen) vertragen.
Ist Milch entzündungsfördernd?
Die Theorie, dass Milch Entzündungen fördert, ist gerade sehr aktuell – wissenschaftlich bewiesen ist sie allerdings nicht. Richtig ist: Milchfett enthält Arachidonsäure, eine Omega-6-Fettsäure, die als entzündungsfördernd gilt. Sie steckt in anderen tierischen Lebensmitteln in deutlich höherer Menge. Es ist sinnvoll, den Verzehr fettreicher Milchprodukte wie Butter und Sahne nicht zu übertreiben. Darüber hinaus spielt vor allem die individuelle Verträglichkeit eine Rolle: Bei einigen entzündlichen Krankheiten wie Rheuma, Rosazea, Akne oder Neurodermitis kann ein Auslassversuch sinnvoll sein. Das heißt: Kuhmilch- und Milchprodukte für eine Weile weglassen, um zu beobachten, ob es individuell eine Besserung gibt. Im Normalfall tun jedoch gerade fermentierte Milchprodukte wie Joghurt dem Verdauungstrakt sogar etwas Gutes und können möglicherweise unser Immunsystem stärken.
Sind bestimmte Milchprodukte gesünder?
Fermentierte Milchprodukte wie Joghurt, Dickmilch, Kefir, Buttermilch – egal ob von der Kuh oder auf einer anderen Basis – liefern uns gesunde Milchsäurebakterien. Diese probiotischen Bakterien fördern die Darmgesundheit. Selbst bei entzündlichen Erkrankungen sind daher fermentierte Milchprodukte empfehlenswert, sofern man nicht an einer Allergie oder Unverträglichkeit leidet. Falls man einen Auslassversuch macht, um seine individuelle Verträglichkeit zu testen, kann man anschließend zunächst mit fermentierten Milchprodukten wieder einsteigen: Die probiotischen Bakterienstämme darin haben einen Teil der Laktose aufgespalten, sie teils zu Milchsäure umgesetzt und auch schon einige Milchproteine zu freien Aminosäuren abgebaut. Dadurch sind fermentierte Milchprodukte leichter verdaulich.
Hilft heiße Milch gegen Halsschmerzen, Sodbrennen und Co?
Bei Halsentzündungen kann warme (nicht heiße) Milch mit Honig sehr wohltuend sein. Das Getränk bildet kurzzeitig eine Art Schutzfilm im entzündeten Rachen. Dass Milchprodukte die Schleimentwicklung bei Erkältungen förderten, wie manche behaupten, ist Studien zufolge ein Mythos.
Als immunstärkend gilt “Goldene Milch”, ein Getränk aus der ayurvedischen Tradition: Erhitzte Milch wird hier mit Ingwer, Kurkuma und weiteren entzündungshemmenden Gewürzen aromatisiert, die auch von innen wärmen. Einen wissenschaftlichen Beleg für die Wirksamkeit gibt es allerdings nicht.
Bei Sodbrennen muss es nicht unbedingt Milch sein – auch Wasser oder Kräutertee würden helfen: Der wichtigste Aspekt ist hier, die aggressive Magensäure zu verdünnen und Reste des aufsteigenden Mageninhalts zurückzuspülen.
Erhöht Milch das Krebsrisiko?
Kuhmilch enthält in geringen Mengen Hormone und Wachstumsfaktoren, die bei Mensch und Rind identisch sind. Milchkritiker behaupten deshalb immer wieder, dass Milch auch das Wachstum von Krebs begünstige. Ob Menschen, die viel Milch und Milchprodukte zu sich nehmen, häufiger an Krebs erkranken, haben Forscher in Langzeit-Studien untersucht. Bei Frauen gibt es keine Hinweise, dass Milchverzehr etwa die Entstehung von Brustkrebs fördert. Studien an Männern zeigen eine Korrelation: Wer sehr viel Milch trinkt, also über einen Liter am Tag, hat ein leicht erhöhtes Risiko für Prostatakrebs. Ob aber gerade die Milch mitursächlich für Krebs ist und wenn Ja, wodurch, das geht aus der Studienlage bislang nicht hervor.
Antibiotika-Einnahme: Warum ist Milch dabei verboten?
Manche Medikamente können zusammen mit Milchprodukten im Verdauungstrakt nicht so gut aufgenommen werden und verlieren dadurch an Wirksamkeit. Das gilt zum Beispiel für Eisenpräparate, verschiedene Antibiotika und für einige Arzneimittel gegen Osteoporose. Dabei ist es jedoch nicht erforderlich, grundsätzlich auf Milchprodukte zu verzichten. Wichtig ist nur ein Abstand zur Einnahme: Etwa zwei Stunden sollten zwischen Medikamenteneinnahme und Milchverzehr liegen.
Fazit: Ist Milch für Erwachsene gesund oder ungesund?
Milch ist ein Lebensmittel von vielen, das in normalen Maßen verzehrt den meisten Menschen nicht schadet. Milchprodukte sind ein Baustein einer vollwertigen Ernährung und bringen gerade in der fermentierten Variante gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe mit. Erwachsene brauchen Milch und Milchprodukte nicht für ihre Gesundheit, wenn ansonsten bewusst auf die Zusammensetzung des Speiseplans geachtet wird. Eiweiß, Kalzium oder Zink kommen in vielen anderen Lebensmitteln vor. Den Jodbedarf kann man zum Beispiel über Fisch oder jodiertes Salz decken. Ohne Fleisch und Milchprodukte ist allerdings die ausreichende Versorgung mit Vitamin B12 schwierig.
Wer aus ökologischen oder tierethischen Gründen auf Milch verzichten möchte, kann zu pflanzlichen Milchersatzprodukten greifen. Gesünder sind diese Produkte aber in der Regel nicht.






















