Geopolitik

Impfkampagnen-Vergabe: Lauterbach-Ministerium verweigert Aufklärung – Union spricht von „kruden Aussagen“ | ABC-Z

Seit zweieinhalb Jahren weigert sich das Bundesgesundheitsministerium, die Vergabe für eine Impfkampagne und damit die Verwendung von Steuergeldern aufzuklären. Selbst der Bundesrechnungshof rügte das Ministerium. Das Ressort von Karl Lauterbach zeigt sich weiter unbeeindruckt.

Für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist die Frage der Vergabe der Corona-Impfkampagne „Ich schütze mich“ trotz weiterer Unklarheiten nicht weiter aufklärungsbedürftig. In der noch unveröffentlichten Antwort auf eine Kleine Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag, die WELT vorliegt, teilte das Ministerium mit: „Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass bei der Unterbeauftragung der betreffenden Agentur für die Ich schütze mich-Kampagne die vergabe- und vertragsrechtlichen Vorgaben erfüllt wurden.“

Streitpunkt ist seit zweieinhalb Jahren die Auftragsvergabe der letztlich rund 600.000 Euro schweren Kampagne, bei der 84 Bürger in TV-Spots und auf Plakaten für Infektionsschutzmaßnahmen und Corona-Impfstoffe warben. Die CDU und später auch die Linkspartei kritisierten, dass die SPD-nahe Werbeagentur „BrinkertLück“ vom Gesundheitsministerium eingesetzt worden war, ohne dass der Auftrag gesondert öffentlich ausgeschrieben worden sei. Dies wäre ab einem Volumen von 140.000 Euro vergaberechtlich nötig gewesen, zumal die damalige Hausagentur „Scholz & Friends“ für Informationen, Publikationen und Veranstaltungen des Ministeriums zuständig war.

Das Ministerium mauerte von Beginn an, weigerte sich, Informationen herauszugeben, wies sämtliche Anfragen im Gesundheitsausschuss nach dem Umgang mit Steuergeldern zurück. Um zu verhindern, dass die Opposition weiter auf Akteneinsicht drängte, verhängte Lauterbachs Ministerium eine hohe Geheimhaltungsstufe („VS -vertraulich“) für die Dokumente.

Der Vorgang entwickelte sich zur Posse, als das Ministerium der Union Auskunft über die Unterlagen in einem abhörsicheren Saal geben und ausgewählten Politikern des Ausschusses Einsicht in die Akten gewähren musste. Doch diese ergaben weder einen Hinweis auf eine Unterbeauftragung von „BrinkertLück“ noch auf eine Ausschreibung. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass es ausschließlich mündliche Absprachen gab – die aber nicht ausreichend gewesen wären.

Schließlich rügte der Bundesrechnungshof das Gesundheitsministerium im März 2024 wegen Verstößen gegen das Vergaberecht und den Geheimschutz. Es deute alles darauf hin, dass das Gesundheitsministerium selbst die SPD-Wahlkampfagentur „BrinkertLück“ mit der Corona-Impfkampagne „Ich schütze mich“ beauftragt und das Wettbewerbsrecht unzulässig ausgehebelt habe.

Ministerium gelobt Besserung

Auf diese Rüge nahm das Gesundheitsministerium nun in denkbar knappen Worten Bezug. Man habe„Maßnahmen ergriffen, um Vergabeverfahren revisionssicher zu dokumentieren“, heißt es in der Antwort auf die Anfrage. Des Weiteren teilte die Parlamentarische Staatssekretärin Sabine Dittmar mit: „Unterbeauftragungen erfolgen nach einer Klarstellung in der Beschaffungsordnung seither ausschließlich in schriftlicher Form und zwingend nach dem sogenannten Vier-Augen-Prinzip. Diese Prozessverbesserungen werden seitdem bei allen Vergabeverfahren erfolgreich angewendet.“ Noch im April 2024 hatte sich das Gesundheitsministerium letztmalig auf WELT-Anfrage zu der Rüge geäußert und erklärt, die Vergabe sei „regelkonform“ abgelaufen.

Für den gesundheitspolitischen Sprecher der Unionsfraktion Tino Sorge ist dies ein empörender Schlussstrich unter einem unaufgeklärten Vorgang: „Damals nichts falsch gemacht und doch daraus gelernt – so könnte man die kruden Aussagen der Bundesregierung zum dubiosen Vergabeverfahren bei Karl Lauterbachs Impfkampagne zusammenfassen“, sagte Sorge WELT. Obwohl das Gesundheitsministerium nachweislich mündlich den Auftrag der Agentur „BrinkertLück“ zugeschanzt habe, solle alles rechtmäßig gelaufen sein, kritisierte Sorge: „Allerdings macht man laut Bundesregierung derartige Geschäfte im BMG (Bundesgesundheitsministerium, Anm.) künftig nur noch in schriftlicher Form und unter Zeugen.“ Lauterbachs Bilanz nach drei Jahren im Amt hinterlasse „sowohl auf der fachlichen als auch auf der persönlichen Ebene viel zerschlagenes Porzellan“.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"