Jens Spahn ringt mit der AfD-Frage | ABC-Z

Berlin. Bei Maischberger verteidigt der Unionsfraktionschef seine Aussagen zur AfD. Später wird es hitzig beim Thema Ukraine-Krieg.
Können Union und SPD gemeinsam regieren – und zwar ohne einander zu blockieren? Bei „Maischberger“ am Mittwochabend stellt sich Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) diese Frage. Er erzählt von seinem ersten Wahlkampf, den er im Golf 1 Cabrio bestritten habe, schwärmt von politischer Leidenschaft – und laviert dann, wenn es konkret wird: etwa bei der Zusammenarbeit mit der AfD.
„Wir werden immer mit der SPD abstimmen“, sagt Spahn und wiederholt es mehrfach. Doch Moderatorin Sandra Maischberger bleibt hartnäckig: Was passiert, wenn Union und SPD allein keine ausreichende Mehrheit haben – etwa bei der Schuldenbremse? „Kann ich ausschließen, dass die AfD mit uns stimmt? Nein“, so Spahn. Die Lage im Januar – als AfD-Stimmen halfen, einen CDU-Gesetzentwurf durchzubringen – sei eine historische Ausnahmesituation gewesen. Maischberger hakt nach: „Ich halte fest: Sie halten es sich offen.“ Spahn protestiert – und ignoriert dabei die Realität knapper Mehrheiten.
„Methode Spahn“: Erst provozieren, dann einlenken
Wenig später erinnert die Moderatorin an Spahns frühere Forderung, die AfD zu behandeln wie jede andere Oppositionspartei. Nun folgt der Kurswechsel: Die Ausschussvorsitze habe man diesmal nicht gewählt, weil der Verfassungsschutz die Partei als rechtsextrem einstuft. Sechs der 24 Ausschüsse wären an die AfD gegangen. Das sei eine neue Situation. Spahn nennt es ein Zeichen von Verantwortung. Kritiker nennen es die „Methode Spahn“: erst provozieren, dann einlenken. Er selbst sagt: „Ich stehe hinter allen Aussagen.“
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Auch beim Thema Migration bleibt der CDU-Politiker unkonkret. Die Zurückweisungen an Binnengrenzen seien nötig – obwohl Gerald Knaus, Migrationsforscher, erklärt, dass sie nie funktioniert hätten und Populisten damit nur gestärkt würden. Spahn entgegnet: „Wenn es noch fünf oder sechs Jahre so weitergeht, dann werden die Mehrheiten in Deutschland ganz anders. Und das möchte ich nicht.“ Er kündigt europäische Lösungen an – bleibt aber die Antwort schuldig, wie diese konkret aussehen sollen.
„Friedensverhandlungen? Davon kann keine Rede sein“
In der Schnellfragerunde zeigt sich Spahn staatsmännisch: Christian Lindners möglichen Rückzug nennt er bedauerlich, dem Papst traut er zu, die Kirche zusammenzuhalten und positiv auf Trump einzuwirken, der wiederum sei „nicht verlässlich“. „Das ist offensichtlich ein Problem.“
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Über ihn diskutieren anschließend Katrin Göring-Eckardt, langjährige Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, und der Politikwissenschaftler Johannes Varwick.
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Varwick sieht durch Trumps Gespräche mit Putin neue Bewegungen in einem festgefahrenen Konflikt. Diplomatie sei lange unterschätzt worden, jetzt sei der Versuch, miteinander zu reden, ein Fortschritt. Göring-Eckardt widerspricht entschieden: Es habe immer Gespräche gegeben – so zu tun, als sei das neu, halte sie für irreführend. Gerade erst habe Putin ein Treffen mit Trump geführt und parallel einen Bus in der Ukraine bombardiert und massive Drohnenangriffe gestartet. Von Friedensverhandlungen könne keine Rede sein.
Streit zwischen Maischberger-Gästen: Realismus oder Relativierung?
Die Positionen der beiden liegen weit auseinander. Während Varwick davor warnt, Diplomatie als Naivität abzutun, spricht Göring-Eckardt von einer „Diffamierung“ des diplomatischen Ansatzes durch Varwick selbst – er behaupte, es habe bisher keinen gegeben und die Ukraine sei schwach, und rede damit ganz nach Putins Darstellung.
Besonders deutlich wird der Konflikt, als Varwick fordert, man müsse ein Preisschild an eine mögliche Niederlage der Ukraine hängen – das sei „nüchterner Realismus“. Göring-Eckardt hält dagegen: Wer Frieden wolle, müsse Voraussetzungen dafür schaffen. Das bedeute Waffenlieferungen, schärfere Sanktionen und Gespräche – aber nicht auf Kosten ukrainischer Souveränität.
Bald ein Krieg „um“ die Ukraine?
Varwick kritisiert unterdessen, die Sanktionen hätten Europa mehr geschadet als Russland. „Wenn man so weitermacht, wird aus einem Krieg in der Ukraine bald ein Krieg um die Ukraine.“ Göring-Eckardt wirft ihm daraufhin vor, das zu sagen, was Putin gerne im deutschen Fernsehen hören wolle.
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Varwick entgegnet, er wolle nicht behaupten, man sei schutzlos, und betont, dass die NATO auch ohne die USA militärisch überlegen sei – mit Ausgaben von rund 450 Milliarden Euro gegenüber Russlands, die aktuell nicht einmal die Hälfte erreichten.
Eskalation, selbst zu eskalieren
Die Atmosphäre ist konfrontativ. Göring-Eckardt wirft Varwick vor, von Eskalation zu sprechen, um selbst zu eskalieren. Auch in der Einschätzung der russischen Ziele widersprechen sich beide. Varwick behauptet, man kenne diese gar nicht genau. Göring-Eckardt verweist auf Putins eigene Aussagen: Er wolle die Sowjetunion zu alter Stärke zurückführen – „das muss man ernst nehmen.“