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Immenstadt: Neue Details zum Tod von Obdachlosem – Bayern | ABC-Z

Ein halbes Jahr nach dem aufsehenerregenden Tod eines Obdachlosen in Immenstadt im Allgäu liegen den Ermittlern neue Erkenntnisse vor. Wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Kempten mitteilt, sei der 53-jährige Martin H. infolge einer Attacke durch einen 17-Jährigen gestorben. Bei dem Angriff und dem darauffolgenden Sturz auf den Boden erlitt er ein „schweres Schädel-Hirn-Trauma“ und eine Hirnblutung. So geht es laut der Staatsanwaltschaft aus einer Stellungnahme der Münchner Rechtsmedizin hervor, die den Fall untersucht hat. Damit ist eine Anklage gegen den 17-Jährigen wahrscheinlich. Zuvor hatte die Schwäbische Zeitung berichtet.

Nach Angaben der Polizei wurde H. am Abend des 6. Mai in der Nähe des Immenstädter Bahnhofs scheinbar grundlos aus einer Jugendgruppe heraus angegriffen. Der 17-jährige Tatverdächtige soll ihn geschlagen und zu Boden gebracht haben. Nach dem Vorfall ging Martin H. zur Polizeiinspektion, um Anzeige zu erstatten. Seine Verletzungen stuften die Beamten dort als „oberflächlich“ ein, eine medizinische Behandlung erfolgte nicht. Am nächsten Morgen wurde er bewusstlos in einer Bankfiliale entdeckt. Er starb später im Krankenhaus.

Nach SZ-Informationen war H. vorerkrankt, er soll wegen einer Hirnhautentzündung operiert worden sein. Inwiefern das bei seinem Tod eine Rolle spielte, kann eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Donnerstag nicht sagen.

Der mutmaßliche Täter, Jahrgang 2007, wurde durch H.s Angaben von der Polizei schnell gefunden und festgenommen. Er war schon zuvor durch Einbrüche, Diebstähle und Körperverletzung aufgefallen. Die Polizei spricht von einem „Intensivtäter“. Warum er auf H. losging, ist nicht bekannt.

Der Tod des Obdachlosen hatte die Einwohner Immenstadts schockiert. „So was haben wir hier noch nicht erlebt“, sagte damals Nico Sentner, Immenstadts Erster Bürgermeister. „Auch für mich war das ein Schock.“ Martin H. galt als sonderbarer, aber freundlicher Typ, den in der 14 500-Einwohner-Stadt viele kannten. In seiner Jugend hatte er beim FC Immenstadt Fußball gespielt, später als Fliesenleger gearbeitet. Irgendwann konnte oder wollte er kein bürgerliches Leben mehr führen. Er zog weg. Vor ein paar Jahren tauchte er dann in einer Fernsehreportage auf: Als verzottelter Bewohner eines Obdachlosen-Camps an einer Berliner Straßenkreuzung. „Die letzte freie Verkehrsinsel in Berlin-Kreuzberg“, sagt er in einer Szene. „Fast ein Freistaat.“

Als H. im Februar 2024 nach Immenstadt zurückkam, fiel er rasch auf. Nachts schlief er auf der Straße, tagsüber kutschierte er eine Schaufensterpuppe in einem Einkaufswagen durch die Stadt. Er sei friedlich gewesen, habe sich gern mit den Leuten unterhalten, erzählen Immenstädter, die ihn zu dieser Zeit erlebten. Nur in ein Obdachlosenheim wollte er partout nicht ziehen, lehnte mehrere Angebote der Stadt dankend ab. Vielleicht hätte es ihm das Leben gerettet.

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