Im Visier der russischen Doppelgänger-Kampagne | ABC-Z
Den bayerischen Behörden liegen neue Erkenntnisse zu der aus Russland gesteuerten „Doppelgänger“-Kampagne vor, bei der prorussische Netzwerke seriöse Nachrichtenportale, darunter auch FAZ.NET, täuschend echt nachstellen und darauf Propaganda verbreiten (F.A.Z. vom 7. August). Demnach sind Deutschland und auch Bayern nach wie vor im Visier der Desinformationskampagne. Durch „detaillierte technische Analysen“ sei es nun gelungen, „wichtige neue Erkenntnisse über die Vorgehensweise“ zu gewinnen, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Montag. Dabei werde deutlich, wie die Netzwerke systematisch Desinformation erstellen, sie international verbreiten und sich immer wieder an die sich verändernde politische Lage anpassen.
In dem Bericht, der „Verfassungsschutzinformation für das erste Halbjahr 2024“, den Herrmann zusammen mit dem bayerischen Verfassungsschutzpräsidenten Burkhard Körner vorstellte, geht es außerdem um neue Erkenntnisse zu links- und rechtsextremistischen Gruppierungen, zum islamistischen Terrorismus, zu „pro-palästinensischen“ Demonstrationen und zur Reichsbürgerszene.
Kampagne ist „besorgniserregend“
Die „Doppelgänger“-Kampagne und weitere „Spionageaktivitäten und Desinformation im Cyberraum“ entwickelten sich „besorgniserregend“, sagte Herrmann. Die erwähnten Erkenntnisse, zu denen man nicht näher ins Detail geht, seien „ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Desinformationsnetzwerke“. Zugleich könne jeder Einzelne dazu beitragen, „Desinformation zu benennen und fragwürdige Inhalte nicht weiterzuverbreiten“.
Die russische „Doppelgänger“-Propaganda ist laut Experten eine der größten russischen Einflusskampagnen, bei der automatisierte, nicht authentische Profile in den sozialen Netzwerken massenhaft Links verbreiten, die die Nutzer dann über eine Reihe von sogenannten „Wegwerfdomains“ auf täuschend echt aussehende Fake-Websites etablierter Nachrichtenportale weiterleiten. Diese enthalten aber vor allem prorussische Fake News. In Deutschland sind nach jetzigem Kenntnisstand acht Nachrichtenportale betroffen.
Eigentlich verpflichtet der im Februar 2024 beschlossene Digital Services Act (DSA) der EU Plattformen dazu, „Risiken, die ihre Dienste in der EU bergen können, wie etwa Desinformation, auch durch KI-generierte Inhalte, zu bewerten und zu mindern“, wie der Sprecher der EU für Auswärtige Angelegenheiten und Sicherheitspolitik im Europäischen Auswärtigen Dienst, Peter Stano, sagt.
Verbindungen der AfD zum Compact-Magazin
Weil die Plattformen zu wenig dagegen getan haben und ein Verdacht auf Verstöße gegen den DSA besteht, hat die Europäische Kommission gegen Twitter, Meta (Facebook und Instagram), Tiktok und Aliexpress förmliche Verfahren eingeleitet. Stellt die Kommission bei den Plattformen einen Verstoß fest, droht diesen eine Geldbuße von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes.
Aus medienpolitischer Sicht relevant ist an der Mitteilung aus Bayern außerdem, dass das Landesamt für Verfassungsschutz eine „qualitative und quantitative“ Zunahme der Vernetzung der AfD in das „extremistische Vorfeld“ feststellt und dabei neben Verbindungen zur „Identitären Bewegung“ auch auf ein Zusammenwirken mit der kürzlich bundesweit verbotenen „Compact Magazin GmbH“ hinweist. Die Klage der Partei gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz hatte das Verwaltungsgericht München im Juli 2024 abgewiesen.