Wirtschaft

IfW und DIW: „Wirtschaft schleppt sich durch die Stagnation“ – Ökonomen senken Erwartungen für 2025 | ABC-Z

Deutschlands Wirtschaftsforscher blicken pessimistisch in die Zukunft. In den Winterprognosen rechnen die Experten von IfW und DIW mit Stagnation und einem Anstieg der Arbeitslosenquote. Nur ein Institut zeichnet auch ein optimistisches Szenario.

Die künftige Bundesregierung kann Wirtschaftswissenschaftlern zufolge nicht mit Rückwind von der Konjunktur rechnen. Das geht aus den Konjunkturprognosen vor, die die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute am Donnerstag vorgelegt haben.

Das Bruttoinlandsprodukt dürfte 2025 lediglich stagnieren, sagt das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) voraus. Noch im September hatte es ein Wachstum von 0,5 Prozent erwartet. Für 2026 wurde die Prognose von 1,1 auf 0,9 Prozent gestutzt. Für das zu Ende gehende Jahr sagen die Experten sogar einen Rückgang von 0,2 Prozent voraus, mit dem auch die Bundesregierung rechnet. 2023 schrumpfte Europas größte Volkswirtschaft sogar um 0,3 Prozent.

„Die deutsche Wirtschaft kann sich nicht aus der Stagnation lösen“, fassten die Kieler Ökonomen ihre gesenkte Prognose zusammen. „Signale für eine spürbare wirtschaftliche Belebung sind kaum auszumachen.“ Vielmehr mehrten sich die Zeichen, dass die Schwäche vor allem struktureller Natur und weniger konjunkturell bedingt ist. Daher bleibe kurzfristig nicht viel Luft nach oben.

„Für das kommende Jahr droht zudem zusätzlicher Gegenwind“, warnt das IfW. Sollte die neue US-Regierung unter Präsident Donald Trump Teile ihrer protektionistischen Ankündigungen wie Strafzölle auf Importe umsetzen – so wie für die Prognose bereits unterstellt –, werde dies die Exporte zusätzlich bremsen. „Dabei haben diese schon zuletzt aufgrund der nachlassenden Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht mehr mit dem Welthandel Schritt halten können“, hieß es.

Ökonomen erwarten Anstieg der Arbeitslosenquote

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) traut der Wirtschaft nur ein minimales Wachstum von 0,2 Prozent im kommenden Jahr zu. „Die Wirtschaft schleppt sich durch die Stagnation, eine nachhaltige Erholung rückt auch angesichts struktureller Herausforderungen immer weiter in die Ferne“, teilten die Ökonomen mit. Erst ab Mitte nächsten Jahres gehe es konjunkturell in „Trippelschritten“ bergauf, heiß es weiter. Für 2026 rechnen die Experten mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von 1,2 Prozent.

Die Krise der deutschen Industrie schlage zunehmend auf industrienahe Dienstleistungen und den Arbeitsmarkt durch, was trotz Fachkräftemangels zu Kurzarbeit und mancherorts zu Entlassungen führe. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte zumindest vorübergehend steigen, erklärten die DIW-Fachleute. Der private Konsum stütze das Wachstum derzeit nur begrenzt, obwohl die Realeinkommen weiter zulegten. Zur eher pessimistischen Stimmung der Verbraucher kämen Sorgen um den Arbeitsplatz, die die Kauflaune zusätzlich trübten. „Geld wird lieber auf die hohe Kante gelegt, die Sparquote hat sich zuletzt erneut erhöht.“

Auch das IfW rechnet mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote. Sie werde im laufenden Jahr auf sechs Prozent und im kommenden Jahr auf 6,3 Prozent steigen, nachdem sie 2023 noch bei 5,7 Prozent gelegen hatte. „Nach einem merklichen Anstieg im laufenden Jahr werden die real verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte in den kommenden beiden Jahren kaum steigen“, heißt es.

Ifo-Institut sieht ein optimistisches Szenario – bei strukturellen Reformen

Etwas optimistischer zeigte sich das Münchner Ifo-Institut. Sollten die richtigen wirtschaftspolitischen Weichen gestellt werden, könnte 2025 ein Wachstum von 1,1 Prozent erreicht werden. Sollte die deutsche Wirtschaft ihre strukturellen Herausforderungen aber nicht bewältigen, seien nur 0,4 Prozent zu erwarten.

„Im Moment ist noch nicht klar, ob es sich bei der derzeitigen Stagnationsphase um eine vorübergehende Schwäche oder um eine dauerhafte und damit schmerzhafte Veränderung der Wirtschaft handelt“, sagt Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Im optimistischeren Szenario trage „eine verlässlichere Wirtschaftspolitik“ dazu bei, dass die Industrie ihre Produktionskapazitäten wieder ausweitet, mehr investiert und weniger Arbeitsplätze abbaut. In diesem Szenario würden auch die Arbeitsanreize verbessert, insgesamt mehr Menschen arbeiten und die Beschäftigten mehr arbeiten. Dies würde dann den privaten Konsum stärken und für eine geringere Sparquote sorgen.

Zuletzt habe sich der deutsche Export immer mehr von der weltwirtschaftlichen Entwicklung entkoppelt – die Industrie habe spürbar an Wettbewerbsfähigkeit verloren. „Entscheidend wird sein, ob die exportorientierte deutsche Wirtschaft wieder vom Wachstum in anderen Ländern profitieren kann“, sagt Wollmershäuser. Das Ifo-Institut prognostiziert 2025 und 2026 jeweils 1,2 Prozent Wachstum im Euroraum, 2,5 Prozent in den USA und gut 4 Prozent in China.

Im pessimistischeren Szenario gibt es eine schleichende Deindustrialisierung. Industrieunternehmen verlagern Produktion und Investitionen ins Ausland. Aufgrund des Strukturwandels weg von der Industrie hin zu mehr Dienstleistungen bleibt das Produktivitätswachstum schwach, mit einem zeitweisen Anstieg der Arbeitslosigkeit ist zu rechnen. Leichte Wachstumsimpulse gehen von einer langsamen Erholung des privaten Konsums und der Baukonjunktur aus.

Konjunkturell belaste die schlechte Auftragslage, sagt Wollmershäuser. Mittlerweile aber sei die Kaufkraft zurückgekehrt. Die Inflation dürfte nächstes Jahr auf 2,3 Prozent und 2026 auf 2,0 Prozent zurückgehen.

Reuters/dpa/jm/sebe

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