„Ich würde das sofort wieder starten“: Münchner Ukrainerinnen sind jetzt Kita-Helferinnen | ABC-Z

München – Valeriia Bazadzhyieva hat albtraumhafte Zeiten hinter sich. Vier Wochen nach Kriegsbeginn in der Ukraine packte die Musiklehrerin (44) im März 2022 in Kiew ihre zwei Töchter in einen Kleinbus und flüchtete über Polen nach München zu ihrer Cousine. Ihren Mann, ihren Bruder, ihren Vater musste sie zurücklassen. Sie ist verängstigt und verzweifelt gewesen, und ohne Perspektive. Heute? Hat die Ukrainerin eine Arbeitsstelle als Kita-Helferin, eine Wohnung für ihre Familie, die sie selbst bezahlen kann – und ihr gelingt trotz all der Sorgen um ihre Angehörigen ein feines Lächeln. Sie sagt: „Alles ist gut.“
© Daniel von Loeper
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„Viele sehr gut ausgebildet, aber sie konnten nichts tun“
Geglückt ist das, weil ein paar Menschen bei der Caritas in München eine gute Idee hatten. „Da waren plötzlich all diese ukrainischen Frauen in der Stadt, viele sehr gut ausgebildet, und sie konnten nichts tun. Dabei brauchen wir in München dringend Personal, zum Beispiel in Kitas“, so erzählt das Christine Höppner. Sie leitet an der Marsstraße nahe dem Hauptbahnhof das Caritas-Institut für Bildung und Entwicklung (IBE), wo viele Ausbildungs- und Weiterbildungskurse auch für Quereinsteiger laufen, unter anderem für Kita-Fachkräfte.
Über Social Media schnell Teilnehmerinnen gefunden
Beim IBE haben sie dann nicht lange herumüberlegt, sondern – wie so oft bei kirchlichen Einrichtungen in Notlagen – einfach mal sofort losgelegt, mit einem Zuschuss von 60.000 Euro, den die katholische Kirche unbürokratisch gewährt hat. Christine Höppner sprach im August 2022 ihre Dozentin Marianna Schepetow-Landau an, die ukrainische, russische und deutsche Wurzeln hat. Die postete auf Facebook und Instagram in ihr Netzwerk, dass ukrainische Teilnehmerinnen für eine Ausbildung zur Kita-Assistenzkraft gesucht werden.

© Daniel von Loeper
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Eine Geografielehrerin, eine Bankkauffrau, eine Ingenieurin
Sieben Wochen später saßen 70 geflüchtete Ukrainerinnen bei einer Infoveranstaltung – 22 davon suchte das IBE aus. „Eine Geografielehrerin, eine Bankkauffrau, eine Ingenieurin, mehrere Kindergärtnerinnen, Sozialpädagoginnen und junge Mütter“, zählt die Dozentin auf – und eben: Valeriia Bazadzhyieva, Musiklehrerin eines Gymnasiums in Kiew.
Unterricht auf Russisch und Ukrainisch
Den Lehrgang zur Kita-„Assistenzkraft“ hat das IBE von einem Konzept des Familienministeriums übernommen, das zeitgleich ein ähnliches Projekt für Kita-Quereinsteiger gestartet hat. Allerdings muss man dort schon gut Deutsch können, ehe man starten darf. Das Caritas-Institut hat das anders gelöst: „Wir haben die Kurse einfach für Ukrainerinnen zugeschnitten und erstmal auf Russisch und Ukrainisch unterrichtet“, sagt Christine Höppner. „Das hat den Vorteil, dass die Frauen parallel zum Deutschlernen schon ausgebildet werden. Damit sind sie viel schneller fit für den Arbeitsmarkt.“
„Wir haben kein Budget mehr“
15 Monate dauerte die Ausbildung, inklusive Praktika in Kindergärten und Krippen. 19 Frauen haben erfolgreich abgeschlossen und gut Deutsch gelernt, elf davon arbeiten heute in kirchlichen und städtischen Kitas. Wer das (staatlich anerkannte) Zertifikat geschafft hat, kann sich über zwei weitere Blöcke zur Ergänzungs- und zur Fachkraft weiterbilden. Beim IBE liegen Anfragen vieler Ukrainerinnen, die die Kita-Helfer-Ausbildung machen möchten. „Ich würde das sofort wieder starten“, sagt Christine Höppner. „Aber wir haben kein Budget mehr.“ Jetzt hofft sie auf einen Fördertopf vom Freistaat. „Das wäre eine Investition, die die Frauen wirklich in Arbeit bringt.“