„Ich wechsle nur aus, wenn sich einer ein Bein bricht“ | ABC-Z

Wenn Werner Lorant einst das Löwen-Stüberl betrat, nach dem Training des TSV München 1860, rief er in den Raum „Expresso“. Oft noch bevor er sich an seinem Stammplatz an der Stirnseite des großen Tisches setzte, mit Fans diskutierte und die Fragen von Journalisten beantwortete. Es entwickelten sich oft sehr launige Runden, auch wenn sich der Fußball-Trainer Lorant nur selten gut gelaunt gab.
Schroff, knorrig, bekannt für markige Sprüche – das war Lorant. Am Sonntag ist er im Alter von 76 Jahren gestorben. „Ich wechsle nur aus, wenn sich einer ein Bein bricht“, war einer seiner Lieblingssätze. Ein anderer: „Wer Angst hat, verliert.“ Lorant gab sich manchmal als Entertainer – wider Willen.
Die „Expresso“-Jahre waren die letzten glanzvollen Zeiten, die der Münchner Verein erlebte. Werner Lorant hat dafür gesorgt, im Zusammenspiel mit dem damaligen Präsidenten Karlheinz Wildmoser. Ein patriarchisches Duo, das schon in den neunziger Jahren nicht mehr ganz zeitgemäß schien, aber im Kosmos 1860 gut funktionierte, lange Zeit sogar sehr gut.
Stolz auf seinen Spitznamen
Wildmoser hatte Lorant 1992 verpflichtet. Es folgte der Durchmarsch von der Bayernliga in die Bundesliga. Und was wahrscheinlich die noch größere Leistung des finanziell schon damals nicht üppig ausgestatteten Klubs war: Sechzig hielt die Klasse, etablierte sich in der Bundesliga und schlug, was f ür die Fans der „Blauen“ wichtig war, ein paar mal die „Roten“, also den FC Bayern. Im Jahr 2000 scheiterten die „Sechziger“ nur knapp in der Qualifikation zur Champions League. Ein gutes Jahr später war dann Schluss für den gebürtigen Westfalen bei den Löwen.
Auf seinen Spitznamen „Werner Beinhart“ war Lorant ein bisschen stolz. Schon als Profi bei Borussia Dortmund, Rot-Weiß Essen und Eintracht Frankfurt galt er als kompromissloser Verteidiger, der keine Rücksicht nahm auf seinen Gegenspieler. Dem damaligen Bayern-Spieler Jupp Kapellmann kniff er einmal dorthin, wo es besonders schmerzhaft ist für Männer. Härte forderte er später auch von seinen Spielern. Und Disziplin. Wer nicht spurte, dem stellte Lorant schon mal den Stuhl vor die Kabine.
Der Fußball hat Lorant auch nach dem Abenteuer mit 1860 nie losgelassen. Er tingelte als Trainer durch die halbe Welt, nahm Engagements in China, Südkorea, Österreich, im Iran, in der Türkei und Slowakei sowie auf Zypern an. Zwischendurch auch zwei in Deutschland.
Mit der modernen Trainingslehre konnte er ebenso wenig anfangen wie mit modernen Trainern, die mit Ipads oder Laptops am Spielfeld arbeiten. „Das ist doch nur Show“, behauptete er: „Ich habe doch Augen und sehe auf dem Platz, wie gearbeitet wird.“
Zuletzt lebte Lorant am Waginger See in Südostbayern, neben einem Campingplatz. Dort trainierte er bis vor ein paar Jahren im Sommer zusammen mit dem früheren Nürnberg-Profi Dieter Eckstein die Kinder der Urlauber. Und litt bis zum Schluss mit „seinen“ drittklassigen Löwen.