“HuPfla” in Erlangen: Ein Ort des Grauens soll zum Lernort werden – Bayern | ABC-Z
Über kaum etwas hat sich das universitäre Milieu Erlangens so zerstritten wie über die historische Heil- und Pflegeanstalt, die „HuPfla“, wo mitten im Zentrum der Stadt schwerste NS-Medizinverbrechen begangen worden sind. Weshalb nicht wenige fürchteten, dass der akademische Zwist um den richtigen Weg an dieser neuralgischen Stelle nun einen Scheitelpunkt erreichen wird. Am Donnerstagabend ist im Senatssaal – einer Art guten Stube der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) – eine Studie vorgestellt worden, wie es jetzt weitergeht mit dem Gedenk- und Lernort, der 2030 fertig sein und etwa 45 Millionen Euro kosten soll.
Mit maximal harten Bandagen ist gerungen worden in den vergangenen Jahren. Im Kern ging es um die Frage, ob der übrig gebliebene Seitenflügel des denkmalgeschützten Baus – dort, wo Patienten zu Tode gehungert wurden – zugunsten von Forschungseinrichtungen in maßgeblichen Teilen abgerissen werden darf. In der SZ hatte Andreas Frewer, Professor für Ethik in der Medizin, 2023 die rhetorische Frage gestellt: „Würde jemand ein KZ abreißen?“ Noch im selben Jahr attestierte er sowie Thomas Engelhardt, ehemaliger Leiter des Stadtmuseums, in einer Publikation „fachliches Versagen“ und kritisierten: „Eben vor dem unumkehrbaren Abriss sollten historische Fakten eigentlich offengelegt werden.“
Die öffentliche Resonanz auf den trotzdem vollzogenen Abbruch des verbliebenen Seitenflügels drohte für das Renommee der Universität mindestens bedrohlich zu werden: So hatte das Auschwitz Komitee den Erhalt des Seitenflügels gefordert. Und der Landesverein für Heimatpflege nominierte den Abbruch des Teilgebäudes 2023 als „Abriss des Jahres“, herausragendes Negativbeispiel also.
Alles andere als günstige Vorzeichen für ein Projekt, über das sich im Kern stets alle einig waren: In den verbliebenen „HuPfla“-Restbauten soll eine Lern- und Gedenkstätte von nationaler Relevanz entstehen.
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Ist es also im Senatssaal zu einem weiteren Clinch gekommen, gar zum Scheitelpunkt des Haders, wo doch alle maßgeblichen Duellanten in einem Raum zusammen kamen? Überraschenderweise trat genau das Gegenteil ein: Das Konzept, das einen Gedenkparcours im Außengelände, eine Basisausstellung im verbliebenen Kopfbau samt Anbau für interaktives Programm, ein inklusives Café, Raum zum stillen Gedenken und ein Forum für interdisziplinäre Menschenrechtsforschung sowie Forschung zur NS-Geschichte und Medizinethik vorsieht, fand allgemeine Zustimmung.
Der Historiker Engelhardt würdigte es als „sehr gelungen“, der Medizinethiker Frewer – seine Reaktion war mit besonderer Spannung erwartet worden – sprach gar ein „großes Kompliment“ aus. Beide würdigten, dass auf die nur noch in kleinem Umfang verbliebenen ehemaligen „Hungerstationen“ und deren symbolische Rekonstruktion ein besonderer Fokus gelegt werden soll.
Harsche Nachfragen, die umstrittene Vorgeschichte betreffend? Gab’s keine einzige. Was nun viele auf den – auf dem Höhepunkt des Zwistes – installierten Sprecher der „Steuerungsgruppe“ zurückführen: Christoph Safferling ist Professor für Völkerrecht sowie Leiter der Internationalen Akademie Nürnberger Prinzipien und gilt als jener Hochschullehrer, der die FAU zuletzt mit am nächsten an den Bereich lange ersehnter Forschungs-„Exzellenz“ geführt hat. Zudem wird ihm Moderationstalent nachgesagt, von „sehr vielen“ einbindenden Gesprächen mit den vormaligen Hauptkritikern ist zu hören.
Offenkundig mit Erfolg. In Erlangen scheint neuerdings die Sonntagsreden-Phrase, dass „alle an einem Strang ziehen“, in Erfüllung zu gehen, zumindest vorläufig. Nach der Präsentation der Berliner Agentur chezweitz & Hoskins Architects erkannte eine ehemalige Stadträtin rückblickend sogar ein Musterbeispiel „demokratischer Willensbildung“. Alle hätten um den besten Weg gerungen, maximal kontrovers. Ergebnis sei nun eine anscheinend für alle akzeptable Lösung.