HTS als Terrorvereinigung: Verhaftung von Abu Mohammad al-Jolani? | ABC-Z
Wer Mitglied einer terroristischen Vereinigung ist, muss in Deutschland mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren rechnen, auch wenn ihm selbst keine Anschläge nachgewiesen werden können. Dies regelt Paragraf 129a im Strafgesetzbuch. Seit 2002 gilt dies im Prinzip auch für die Mitgliedschaft in ausländischen terroristischen Vereinigungen. Dies war eine Reaktion auf die Al-Qaida-Anschläge in New York und Washington im September 2001. Damals wurde ein ergänzender Paragraf 129b geschaffen.
Allerdings geht die Karlsruher Bundesanwaltschaft nun nicht weltweit auf Terroristenjagd. Mitglieder von außer-europäischen Terrorvereinigungen können in Deutschland nur bestraft werden, wenn sie Deutsche sind oder es deutsche Opfer gibt oder sich die Person in Deutschland aufhält. Außerdem ist noch eine Verfolgungsermächtigung des Bundesjustizministeriums erforderlich.
Dies soll verhindern, dass demokratische Befreiungsbewegungen verfolgt werden, nur weil sie von den bekämpften Diktatoren zu Terroristen erklärt wurden. Es ist letztlich eine politische Einschätzung der jeweiligen deutschen Justizminister:in, die sich aber an Einstufungen der EU oder des UN-Sicherheitsrats orientieren kann.
Wer ist al-Jolani?
Abu Mohammad al-Jolani ist Anführer des Bündnisses Hai’at Tahrir asch-Scham (HTS, Komitee zur Befreiung der Levante), das 2017 von mehreren islamistischen Milizen, darunter der al-Nusra-Front, gegründet wurde. Im Mai 2018 hat die damalige Justizministerin Katarina Barley (SPD) eine allgemeine Verfolgungsermächtigung für Straftaten durch Mitglieder oder Unterstützer von HTS erteilt. Die Tatsache, dass HTS gegen das diktatorische Regime von Baschar al-Assad kämpfte, verhinderte also nicht die Einstufung als terroristische Vereinigung.
Auch die bereits 2011 gegründete al-Nusra-Front „Jabhat al-Nusra“ (JaN) galt in Deutschland als terroristische Vereinigung. Im Juli 2013 gab Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) die Verfolgungsermächtigung. Der heutige HTS-Chef Abu Mohammad al-Jolani war schon Gründer und Anführer der Al-Nusra-Front, die damals zum Netzwerk Al-Qaida gehörte und sich erst 2016 davon abwandte.
Es ist eher ein Zufall, dass gegen HTS-Kämpfer und Unterstützer Bündnisses Hai’at Tahrir asch-Scham (HTS, Komitee zur Befreiung der Levante) derzeit in Deutschland keine Anklagen laufen, sodass Justizminister Wissing nicht sofort entscheiden muss, wie er mit HTS aktuell umgehen will. Die letzte bekannt gewordene Verhaftung im Zusammenhang mit HTS erfolgte im Februar 2022. Damals wurde die Deutsche Kira K. im Hochtaunuskreis festgenommen. Sie hatte ihren islamistischen Ehemann nach Syrien begleitet, wo er sich HTS anschloss. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland hatte sie ihm 1.500 Euro zukommen lassen, was die Bundesanwaltschaft als Unterstützung von HTS wertete.
Die Inszenierung von HTS als neue moderate syrische Staatsmacht hat noch nicht dazu geführt, dass das deutsche Justizministerium die Verfolgungsermächtigung zurückgezogen hat (was aber jederzeit möglich wäre). Auf taz-Anfrage hieß es nur: „Das Bundesministerium der Justiz überprüft erteilte Verfolgungsermächtigungen fortlaufend.“