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Höhepunkte der Formel 1 in Baku: Anfänger-Crash kurz vor Schluss – Sport | ABC-Z

Oscar Piastri

McLaren-Fahrer Oscar Piastri (rechts) und Ferrari-Pilot Charles Leclerc. (Foto: Maxim Shemetov/Reuters)

Einmal nur geriet der Aufsteiger der Saison leicht ins Straucheln, aber das war nach den 51 Runden von Baku, als er auf das Cockpit seines papayafarbenen Autos kletterte und um sein Gleichgewicht ringen musste. Ansonsten hat der 23 Jahre alte Australier seinen zweiten F1-Sieg auf eine Art und Weise herausgefahren, die sich nur so korrekt beschreiben lässt: für sein Alter viel zu erwachsen. Der McLaren-Pilot, der zur Schützenhilfe für Lando Norris verpflichtet wurde, entzog sich geschickt der Stallorder, indem er selbst auf Sieg fuhr. Das entscheidende Manöver in der 20. der 51 Runden, als er Spitzenreiter Charles Leclerc mit einem spektakulären Bremsmanöver hinter sich lassen konnte, hätte so gar nicht stattfinden dürfen. Kurz vorher hatte ihn sein Renningenieur Tom Stallard ermahnt: „Fang schonend an mit deinen neuen Reifen.“ Aber der Fahrer vertraute lieber seinem Instinkt: „Ich dachte, wenn ich diese Chance nicht nutze, dann bekomme ich keine weitere mehr. Das Risiko war groß, aber ich musste es einfach tun. Sorry, Tom.“

Lando Norris

Lando Norris. (Foto: Hannah McKay/Reuters)

Erst der Tiefschlag, als er in der ersten Runde der Qualifikation ausschied. Dann die Aufholjagd von Rang 15 aus, gekrönt von einem Überholmanöver gegen denjenigen, den er in den letzten sieben Rennen der Saison noch von der Tabellenspitze der F1 verdrängen will: In der drittletzten Runde demoralisierte Norris seinen Gegenspieler Max Verstappen, am Ende wurden ihm noch die schnellste Rennrunde und der vierte Platz gutgeschrieben. Jetzt sind es noch 59 Zähler Rückstand bei insgesamt 206 zu vergebenden Punkten. Nicht ganz einfach, wenn Norris sich weiterhin Schnitzer leistet wie am Samstag. „Mehr hätten wir uns echt nicht erwarten können. Mit dem achten Platz wäre ich schon zufrieden gewesen“, gab der 24-Jährige nach dem 17. WM-Lauf zu. Seine Punktgewinne bringen McLaren erstmals seit zehn Jahren wieder an die Spitze der Konstrukteurswertung. Das stärkt das Gemeinschaftsgefühl, ebenso wie ein Rennwagen, über den der Brite sagt: „Er fliegt!“

Charles Leclerc

Charles Leclerc. (Foto: Clive Rose/Getty Images)

Zur Beruhigung vor dem Start hört der Monegasse, der zum vierten Mal in Serie auf der Pole Position in Aserbaidschan stand, gern leicht getragene Musik. Erstaunlicherweise kam er diesmal auf dem kurzen, nicht ungefährlichen Stück bis zum ersten Asphalt-Knick trotzdem gut in Fahrt, verteidigte die Spitze – was auch den technischen Upgrades am Ferrari geschuldet war. Doch durch die Boxenstrategie verlor er wertvollen Vorsprung, und dann überrumpelte ihn Oscar Piastri einfach. Danach tobte eine fast einstündige Verfolgungsjagd, der Ferrari steckte mit der Fahrzeugnase fast im Heck des McLaren. Aber es reichte nie so ganz. Doch Leclerc hadert nicht mit seiner Offensive: „Ich hätte einfach besser verteidigen müssen, statt mich darauf zu verlassen, dass ich ihn später noch überholen kann. So wie er angegriffen hat, dachte ich: Der ist verrückt.“

Sergio Perez 

Sergio Perez. (Foto: Andrej Isakovic/AFP)

Zum ersten Mal in dieser Saison und zum ersten Mal im 33. Versuch war der Mexikaner mit Startplatz vier besser in einer Qualifikation als Weltmeister Verstappen. Das Happy End mit dem Sprung auf das Podium, wo er schon seit April nicht mehr gestanden hatte, wurde ihm jedoch verwehrt. In der vorletzten Runde war er kurz davor, Leclerc vom zweiten Rang zu verjagen. Leider hatte das auch Carlos Sainz, der zweite Ferrari-Pilot, im Sinn. Zusammen rasten die beiden über die Geraden, dann rasselten sie ineinander. Perez war stur in der Mitte geblieben, Sainz zog immer weiter nach links, bis beide in der Mauer landeten. Ein Crash wie unter Anfängern, tendenziell vom Spanier Sainz forciert. Die Rennleitung wollte keinem den größeren Schuldanteil geben, die Ermittlungen wurden eingestellt. Krach gab es hinter trotzdem. Red-Bull-Teamchef Christian Horner beklagte, dass seine Mannschaft nun fünf Tage durcharbeiten müsse, um in Singapur überhaupt ein neues Auto auf die Räder stellen zu können.

Max Verstappen 

Max Verstappen. (Foto: Dan Mullan/Getty Images)

Die Social-Media-Abteilung von Red Bull Racing muss etwas geahnt haben. Statt der üblichen bunten Bilder mit der Dose in der Hand wurde Verstappen vor dem Großen Preis von Aserbaidschan mit nachdenklichem Gesichtsausdruck präsentiert, der Niederländer fasste sich dabei an den Kopf, der Blick ging ins Leere – und das Ganze noch in Schwarz-Weiß. So ließ sich auch der fünfte Platz von Baku gut illustrieren, mit einer halben Minute Rückstand auf seinen WM-Jäger Norris. Sein in weiten Teilen kaum zu beherrschendes Auto, das er zuletzt als „Monster“ bezeichnet hatte, lief diesmal unter der herabstufenden Bezeichnung als „Go-Kart“. Er habe überhaupt keinen Grip gehabt, sagte Verstappen, „und in den Kurven war immer ein Rad in der Luft“. Rennstall-Berater Helmut Marko hat gegenüber Sky den Konstrukteurs-Titel bereits praktisch abgeschrieben, auch die Einzel-Meisterschaft sei in Gefahr: „Wir müssen dringend Speed finden.“

Franco Colapinto

Franco Colapinto (Mitte). (Foto: Hannah McKay/Reuters)

Wer erinnert sich noch an Logan Sargeant? Das war jener US-Amerikaner, der auf Wunsch der Teamsponsoren anderthalb Jahre lang F1-Fahrstunden nehmen durfte. Überraschend ersetzte Williams-Teamchef James Vowles den Mann aus Florida durch den erst 21 Jahre alten Rookie Franco Colapinto. Der Argentinier macht seinen Job schon beim Debüt in Monza ordentlich, wurde Zwölfter. Auf der deutlich schwierigeren Piste von Baku produzierte er zunächst mal Schrott, sammelte sich aber vor dem Qualifying wieder: Startplatz neun, deutlich vor Stammpilot Alex Albon. Im Rennen lief es noch besser, durch den späten Crash von Perez und Sainz durfte sich Colapinto als Achter vier WM-Punkte gutschreiben lassen. „Ich weiß, dass viele an der Williams-Entscheidung für mich gezweifelt haben“, sagte Colapinto: „Ich hoffe, das beweist jetzt allen, dass ich einen Platz in der F1 verdient habe.“ Möglicherweise hat er sich damit für ein Cockpit bei Audi empfohlen.

Oliver Bearman

Oliver Bearman (vorn). (Foto: James Sutton/Getty Images)

Eine bessere rasende Aushilfe hat es in einem Dreivierteljahrhundert F1 noch nie gegeben. Oliver Bearman ist der erste Fahrer der Geschichte, der in seinen ersten beiden Rennen für zwei verschiedene Rennställe punkten konnte. Der 19 Jahre alte Brite hatte im Frühjahr Carlos Sainz nach dessen Blinddarmoperation in Jeddah vertreten und war im Ferrari auf Anhieb Siebter geworden. Danach beförderte das Ferrari-Kundenteam Haas seinen Testfahrer Bearman zum Stammpiloten für 2025. Nachdem der Däne Kevin Magnussen in Baku pausieren musste, weil er zu viele Strafpunkte kassiert hatte, wurde die Nachwuchshoffnung erneut ins Rennen geschickt. Dem Crash im Training folgte dann ein elfter Qualifikationsplatz, der Neue war besser als Nico Hülkenberg. Und im chaotischen Rennfinale kämpfte er mit Rekordweltmeister Lewis Hamilton um einen Punkterang. Kollege Hülkenberg, der einen Zähler schon sicher hatte, wurde durch ein Trümmerteil zurückgeworfen, Bearman schnappte sich den zehnten Platz und den Ehrenpunkt.

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