Hodenkrebs: Symptome, Ursachen und Behandlung | ABC-Z

Stand: 01.07.2025 09:54 Uhr
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Hodenkrebs tritt meist bei jungen Männern auf. Früh erkannt und behandelt steigt die Heilungschance. Wie sieht Hodenkrebs im Frühstadium aus? Was sind die Symptome? Welche Behandlung hilft?
Hodenkrebs zählt an sich zu den seltenen Krebserkrankungen. Das Risiko eines Mannes, im Laufe seines Lebens an einem Hodentumor zu erkranken, liegt bei unter einem Prozent. Aber: Bei jungen Männern zwischen 20 und 40 ist er der häufigste bösartige Tumor. Pro Jahr werden in Deutschland zwischen 4.000 und 4.500 Diagnosen gestellt.
Die gute Nachricht: Wird der Krebs früh erkannt, sind die Heilungschancen hervorragend. Die schlechte: Viele Betroffene merken erst spät, dass etwas nicht stimmt – oder ignorieren erste Anzeichen aus Scham oder Unwissenheit.
Hodenkarzinom: Entstehung und erste Anzeichen
Hodenkrebs entwickelt sich in den allermeisten Fällen aus sogenannten Keimzellen, weswegen er dann auch als Keimzelltumor (Seminom) bezeichnet wird. Die Keimzellen sind für die Spermienproduktion zuständig.
Oft beginnt die krankhafte Veränderung unbemerkt. Der Prozess verläuft schleichend: Eine Keimzelle beginnt sich unkontrolliert zu teilen, sie wird zur Tumorzelle. In diesem Frühstadium lassen sich die Veränderungen nur unter dem Mikroskop erkennen, sie sind für den Patienten noch symptomlos.
Hodenkrebs: Ursache und Risikofaktoren
Ursachen für das Wachsen von Hodentumoren sind nicht vollständig geklärt. Es gibt aber einige Risikofaktoren, etwa angeborener Hodenhochstand, selbst wenn er früh operiert wurde, oder eine familiäre Vorbelastung. Vor allem Hodenkrebs bei einem Bruder ist mit einem deutlich höheren Risiko verbunden.
Wichtig ist: Hodenkrebs ist nicht das Ergebnis einer ungesunden Lebensweise oder einer sexuell übertragbaren Erkrankung. Er kann auch sehr gesunde, sportliche Männer treffen. Es gibt keine wissenschaftlichen Belege für die populäre Annahme, dass regelmäßiges Radfahren das Risiko erhöht.
Die Häufigkeit von Hodenkrebs steigt seit Jahrzehnten. Was zu dieser Entwicklung beiträgt, ist bisher nicht geklärt. Unter Verdacht stehen industrielle Umweltgifte mit hormonähnlicher Wirkung. Die höchste Erkrankungsrate weltweit hat Mitteleuropa.
Symptome: Woran man Hodenkrebs früh erkennen kann
Erst wenn sich die Tumorzellen zu einem tastbaren Knoten formieren oder das Hodengewebe verdrängen, beginnt sich der Krebs so bemerkbar zu machen, dass Betroffene eine Chance haben, ihn zu entdecken.
Männer sollten auf folgende Veränderungen am Hoden achten:
- Verhärtungen oder Knoten
- Größenveränderungen
- einseitiges Ziehen oder Druckgefühl
Der Hodensack kann sich schwer anfühlen, es kann sich auch Flüssigkeit in ihm ansammeln (Hydrozele). Bei mehr als 90 Prozent der Männer tritt die Erkrankung nur an einem Hoden auf. Beide Hoden müssen also gründlich untersucht werden.
Es gibt aber auch andere Anzeichen, die nicht direkt mit dem Hoden in Verbindung gebracht werden. So kann es zum Beispiel in der Leiste, manchmal auch im unteren Rücken ziehen. In seltenen Fällen kann es zu einer Brustvergrößerung (Gynäkomastie) oder Empfindlichkeit der Brust kommen. Diese Symptome entstehen durch hormonelle Veränderungen, die durch den Tumor ausgelöst werden können.
Blut im Sperma ist kein typisches Symptom für Hodenkrebs. In seltenen Fällen kann es aber dazu kommen. In der Mehrheit der Fälle hat Blut im Sperma andere Ursachen, wie zum Beispiel Entzündungen.
Besonders tückisch: Oft treten bei Hodenkrebs keine oder nur geringfügige Schmerzen auf – und was nicht weh tut, wird oft ignoriert.
Hodentumor selbst ertasten: Was Männer tun können
Die wichtigste Maßnahme zur Früherkennung ist denkbar einfach: die Selbstuntersuchung. Ab der Pubertät sollten Männer ihren Hodensack regelmäßig abtasten. Und zwar am besten einmal im Monat, idealerweise unter der warmen Dusche oder in der Badewanne – denn dann ist das Gewebe des Hodensacks weich und gut tastbar.
Ein gesunder Hoden fühlt sich in etwa wie ein Daumenballen an der Innenseite an. Hodentumore sind dagegen oft als harte, kirschkerngroße und sehr schnell wachsende Schwellungen zu spüren.
Ab dem Alter von 45 Jahren können Männer im Rahmen der gesetzlichen Krebsfrüherkennung einmal jährlich eine Untersuchung der Geschlechtsorgane durchführen lassen.
Ein Knoten bedeutet nicht automatisch Krebs, aber er sollte zeitnah ärztlich abgeklärt werden. Denn Hodenkrebs wächst schneller als alle anderen Tumore, er verdoppelt sich alle zehn bis 30 Tage. Der Verdacht auf ein Karzinom gilt also als Notfall, der Mann sollte sofort eine Urologin oder einen Urologen aufsuchen.
Diagnose per Ultraschall und Blutuntersuchung
Ein kurzer Ultraschall bringt dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin meist schon Klarheit. Zudem nimmt das Diagnostikteam Blut beim Patienten ab und lässt die spezifischen Tumormarker für Hodenkrebs bestimmen.
Tumormarker sind Substanzen, die von Tumorzellen ausgeschieden werden und dann ins Blut gelangen. Beim Hodenkrebs sind die häufigsten Tumormarker laut Deutscher Krebsgesellschaft: β-HCG (humanes Choriongonadotropin), AFP (Alpha-Fetoprotein) und LDH (Laktatdehydrogenase).
Bestätigt sich der Verdacht, kann eine weitere Blutuntersuchung sinnvoll sein. Denn ein Labortest auf den Blutmarker microRNA 371 ist in der Lage, 90 Prozent aller Arten von Hodenkrebs zu erkennen und so eine gezielte Therapie zu vereinfachen. Dieser Test ist allerdings noch nicht weit verbreitet und wird bislang in der Regel noch nicht von den Krankenkassen übernommen.
Wird Hodenkrebs nicht frühzeitig erkannt, kann er sich über Lymphbahnen oder Blutgefäße im Körper ausbreiten. Am häufigsten sind Lymphknoten im Bauchraum betroffen. Von dort aus kann der Krebs weiter in die Lunge, die Leber oder – sehr selten – ins Gehirn streuen.
Auch wenn der Krebs bereits gestreut hat, kann er noch gut behandelbar sein. Die Kombination aus Operation, Chemotherapie und in Einzelfällen Bestrahlung oder Immuntherapie erzielt oft sehr gute Ergebnisse – selbst in fortgeschrittenen Stadien. Ohne Therapie verläuft diese Krebserkrankung immer tödlich.
Behandlung: Orchiektomie, Bestrahlung, Chemotherapie
Die erste Maßnahme nach einer Hodenkrebs-Diagnose ist in der Regel eine Operation (radikale Orchiektomie), bei der der betroffene Hoden mitsamt dem Samenstrang entfernt werden. Das klingt dramatischer, als es ist – Männer haben zwei Hoden, und die verbleibende Keimdrüse reicht in den meisten Fällen aus, um Fruchtbarkeit und Testosteronproduktion aufrechtzuerhalten. Dennoch ist es wichtig, vor der Orchiektomie (und erst recht, sollte eine Chemotherapie nötig werden) über das Einfrieren von Sperma, eine Kryokonservierung, nachzudenken, wenn grundsätzlich ein Kinderwunsch besteht.
Nach der Operation entscheidet das feingewebliche Ergebnis über die weitere Therapie. Je nach Tumorart – Seminom (Keimzelltumor) oder, seltener, Nicht-Seminom – dann entwickelt sich der Tumor nicht aus Keimzellen, sondern beispielsweise aus Stützzellen – und dem Erkrankungsstadium folgt entweder eine “aktive Überwachung”, eine Chemotherapie, eine Bestrahlung oder auch eine operative Entfernung der Lymphknoten.
Ist der Krebs etwa bereits in das umliegende Gewebe, zum Beispiel in den Nebenhoden oder den Samenleiter, eingewachsen oder haben sich Krebszellen schon über das Blut im Körper verbreitet und Tochtergeschwüre (Metastasen) in anderen Organen gebildet, wird im Anschluss an die Operation noch eine Bestrahlung und/oder eine Chemotherapie durchgeführt.
Überlebenschancen stehen gut: Hodenkrebs ist meist heilbar
Hodenkrebs gilt als medizinischer Lichtblick: Wird der Hodentumor früh erkannt, liegt die Heilungschance bei über 95 Prozent. Auch in fortgeschrittenen Stadien sind die Überlebenschancen mit etwa 80 bis 90 Prozent sehr gut. Viele Männer können nach der Behandlung dauerhaft ein ganz normales Leben führen, inklusive Familienplanung. Fünf Jahre nach der Diagnose einer Hodenkrebserkrankung im frühen Stadium leben 99 von 100 Patienten.
Wichtig ist jedoch die regelmäßige Nachsorge: In den ersten fünf Jahren nach der Diagnose sind Kontrolluntersuchungen entscheidend, um Rückfälle rechtzeitig zu erkennen. Die Intervalle werden mit der Zeit größer – doch ganz entlassen werden Patienten nie.