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München: Gedenkturnier für Opfer des OEZ-Anschlags – München | ABC-Z

Es war ein berührender Moment, als am Samstag die Sieger eines Fußballturniers im Münchner Norden geehrt wurden. Berührend im Wortsinn, weil die Gewinner die Oma eines ehemaligen Mitspielers in ihre Mitte genommen und ihr den Pokal in die Finger gedrückt hatten. Und im übertragenen Sinn, weil sich in diesem Zusammen-Halten ein besonderer Zusammenhalt ausdrückte.

Es war ja kein gewöhnlicher Sommer-Kick, der auf der Anlage des TSV Moosach-Hartmannshofen über den Kunstrasen gegangen war. Es war ein Erinnerungsturnier für die neun Ermordeten des rechtsterroristischen Anschlags am Olympia-Einkaufszentrum am 22. Juli 2016. Die von Angehörigen gegründete Initiative „München erinnern“ will nicht immer nur am Jahrestag des Anschlags der Opfer gedenken – sie will die Erinnerung die ganze Zeit über lebendig halten.

„Fußball war für ganz viele der Opfer ein wichtiger Teil ihres Lebens“, erklärt Monika Moczygemba, eine Unterstützerin der Initiative. Das Turnier stand unter dem Motto „Kicken für die neun Engel“, die Idee dazu hatte Hasan Leyla, dessen Sohn Can früher beim TSV Moosach-Hartmannshofen gespielt hat. Can Leyla war mit seinen 14 Jahren eines der jüngsten Opfer im Juli 2016. Bei seinem Verein sagten sie gleich zu, das Spielfeld zur Verfügung zu stellen – und zwei Teams obendrein.

So kam es also zum Kleinfeld-Turnier mit 16 Mannschaften. Die kamen von Vereinen wie dem FC Olympia Moosach oder dem SV Laim, aus Organisationen wie der Grünen Jugend und den Löwen-Fans gegen Rechts, aber auch von Freizeitkickern wie den Los Amigos und der Halbfeldflanke München. Banner erinnerten an den Anlass, es wurden T-Shirts verkauft, die mit Gesichtern und Vornamen der neun Ermordeten bedruckt waren: Armela, Can, Dijamant, Guiliano, Hüseyin, Roberto, Sabine, Selçuk und Sevda.

Es traf sich ideal, dass im Finale zwei Mannschaften aufeinandertrafen, die einen direkten Bezug zu Opfern des OEZ-Anschlags hatten: „Cans Team“, mit dessen früheren Mitspielern vom TSV München-Hartmannshofen, sowie Guiliano Kollmanns Sportfreunde aus dessen Zeit beim TSV 54. Die liefen diesmal in hellblauen Trikots von „München erinnern“ auf.

Und sie verzichteten zu Ehren von Guiliano Kollmann darauf, einen Mann ins Tor zu stellen – das war seine Position gewesen. „Guiliano hat richtig gern Fußball gespielt, das war seine Leidenschaft“, sagte Markus Blohmann, „wenn er heute dagewesen wäre, wäre er im Tor gestanden“. So aber sorgte in erster Linie Blohmann als letzter Mann dafür, dass sich sein Team keinen Gegentreffer einfing. Guilianos Freunde gewannen das Finale 2:0 – und nahmen zur Siegerehrung seine Oma mit.

Die Pokal durfte am Ende die Oma eines Terror-Opfers mit in die Höhe stemmen. (Foto: Stephan Rumpf)
Eine ganz andere Form der Begegnung, ganz ohne politischen Hintergrund und ohne unangenehme Gefühle, war das Ereignis.
Eine ganz andere Form der Begegnung, ganz ohne politischen Hintergrund und ohne unangenehme Gefühle, war das Ereignis. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Idee mit dem Fußballturnier kam gut an. Für Freunde und Angehörige sei das eine „ganz andere Form der Begegnung, ohne politischen Hintergrund“, stellte Monika Moczygemba fest. „Bei den großen Reden an den Gedenktagen kommen immer die negativen Erinnerungen an den Anschlag hoch“, bestätigte Markus Blohmann; beim gemeinsamen Kicken aber hätten Spaß und freudige Erinnerungen im Vordergrund gestanden.

So sah das auch Kaisse Attalai, der im Namen von „Cans Team“ bei der Siegerehrung einige Worte an die Zuschauer richtete. „Früher war’s eine große Trauer, wenn man auf den Gedenkfeiern war, da hatte ich immer ein unangenehmes Gefühl“, berichtete er: „Jetzt freue ich mich, dass wir beim Fußballspielen zusammenkommen und uns erinnern.“ Dadurch entstehe „ein Riesen-Zusammenhalt“.

Am Samstag war auch Robert Reisinger da, der Präsident des TSV 1860, für den Guiliano Kollmann als Kind auch ein Jahr im Tor gestanden war. Reisinger hatte die Schirmherrschaft für das Turnier übernommen und den Pokal überreicht. „Ich habe schon 1600 Fußballspiele in meinem Leben gesehen“, sagte er, „aber dieses Finale hat einen Stellenwert ganz weit oben“. Weil seine Bedeutung weit über das Spiel hinausgeht.

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