Salone Satellite in Mailand mit diesen deutschen Möbeldesignern | ABC-Z

11. Mai 2025 · Die Karriere vieler Designer begann auf dem Salone Satellite, der jungen Plattform während der Mailänder Möbelmesse. Auch dieses Jahr bekamen einige Deutsche die Chance, sich dort zu präsentieren.
STUDIO KOSMOFORM
Schon sein Urgroßvater war Schreiner, und auch für Lukas Lüttgen ist der erlernte Beruf noch „das Lohn- und Brotgeschäft“, wie er sagt. In der Tischlerei der Familie in Köln sind die Prototypen entstanden, die er und Alexander Schul zum Teil eigens für den Salone Satellite entworfen und gebaut haben. Gut 700 junge Designer aus 36 Ländern wurden in diesem Jahr ausgewählt, unter ihnen Schul und Lüttgen. Eine Voraussetzung für ihre Teilnahme: Alexander Schul ist 31 Jahre alt, Lukas Lüttgen zwei Jahre älter – damit sind beide jünger als 35 und dürfen sich zum Nachwuchs zählen.
Schul und Lüttgen haben sich beim Masterstudiengang an der École cantonale d’art de Lausanne, kurz ÉCAL, kennengelernt. „Das war während Corona“, erzählt Alexander Schul. Keine einfache Zeit für die Studenten, das habe sie zusammengeschweißt. Zuvor hat er einen Bachelor in Objektdesign an der Hogeschool Zuyd in Maastricht absolviert, während Lüttgen Industriedesign an der Folkwang-Universität der Künste in Essen studierte und ebenfalls mit dem Bachelor abschloss. Langfristig wollen die beiden als Duo so erfolgreich sein, dass sie von ihren Entwürfen leben können.
Sie wissen, dass der Salone Satellite eine Riesenchance ist. Darum haben sie auch monatelang auf diese eine Woche im April hingearbeitet und vier Prototypen mitgebracht, die sie auf vier mal vier Metern im hinteren Teil der Messehallen fünf und sieben zeigen dürfen. Die 16 Quadratmeter kosten 2500 Euro, die Hälfte zahlt ihnen das Land Nordrhein-Westfalen.
„Das Überthema unserer Kollektion lautet ,dynamic indoors‘“, sagt Lüttgen. „Die Grundrisse unserer Wohnungen werden kleiner, wir haben weniger Platz, unsere Möbel müssen dynamischer werden.“ So wie das Sofa Modular Comfort, zu dem auch ein Beistelltisch gehört. Auf ihn passen die Kissen, die beim Sofa als Armstützen dienen. Der Tisch wird mit Kissen zu einer Ottomane, auf der die Beine abgelegt werden können. Die flachen Holzlehnen, auf denen zuvor die Kissen lagen, werden ohne sie zu Tischen, auf denen zum Beispiel Gläser abgestellt werden können. Ihre Leuchte Light That Transforms Space wiederum hat einen beweglichen Schirm, den man am Kabel nach oben und unten schieben kann. Je nach Position wechselt das Licht, sie kann als Leselampe dienen oder den ganzen Raum erleuchten.
Bleibt noch die Frage nach dem Namen Kosmoform. „Wir haben uns erst ,Lüttgen und Schul‘ genannt, aber das klang zu sehr nach Anwaltskanzlei“, sagt Schul. Das Wort Kosmoform gefiel ihnen, weil es von Kosmopolit kommt. Und genauso empfinden sie sich auch: als Weltbürger mit gestalterischem Anspruch.
ALEXANDER VON DOMBOIS
Noch ein Kölner: Geboren aber wurde Alexander von Dombois 1992 in Südafrika. Mit acht Jahren kam er nach Deutschland. In Köln ist er aufgewachsen, doch ein wenig Südafrika steckt bis heute in seinen Arbeiten. „Unterbewusst beeinflusst mich die Mentalität der Menschen dort, die wenig haben und besitzen, und darum versuchen, aus dem, was sie haben, stets das Beste zu machen.“ Dass ihm das Gestalten gewissermaßen im Blut liegt, hat er frühzeitig festgestellt. Seine Tante ist Goldschmiedin, in der Jugend hat er viel getöpfert, und als Praktikant hat er auch in einer Tischlerei mitgearbeitet. „Doch ich wollte mich nicht nur auf ein Material festlegen.“
Also hat Alexander von Dombois nach einer Ausbildung zum gestaltungstechnischen Assistenten in Köln auch noch nachhaltiges Design an der ecosign / Akademie für Gestaltung studiert und mit einem Bachelor abgeschlossen. 2019 gründete er sein Studio, hat sich in eine alte Schlosserei eingemietet und arbeitet oft und gerne mit dem Schildermachermeister Simon Hosseini (Edel Reklame) zusammen, der seine Werkstatt ebenfalls in Köln-Ehrenfeld hat.
In Mailand zeigt er unter anderem den sehr leichten Bistrostuhl Raam, was so viel wie Zarge bedeutet. Der eingelassene Sitz besteht aus Linoleum, er gibt leicht nach, weil das Eschensperrholz unter dem Linoleum nur vier Millimeter dick ist. Daneben steht Eli, eine kleine Tischleuchte, die einen runden Kopf hat. Der halbkugelförmige Diffusor öffnet sich sanft nach unten und spendet warmes, indirektes Licht. „Ich wollte eine vertraute, nahbare Form, die etwas Kindliches hat.“ Tatsächlich erinnern die Leuchten an Kenny, die Parka-tragende Figur aus der amerikanischen Trickfilmserie „South Park“.
Besondere Aufmerksamkeit am Stand von Alexander von Dombois bekommt sein Rollhocker Scala, der seiner Form nach den meisten vertraut ist. Den sogenannten Elefantenfuß kennen viele von zu Hause, oft steht er aber auch als stabiler Tritthocker (und ziemlich abgenutzt) in Supermärkten herum und wird fürs Auffüllen der Regale verwendet. Stets ist er aus bruchfestem Kunststoff. „Ich habe mich gewundert, dass noch niemand auf die Idee gekommen ist, ihn in Holz anzubieten“, sagt der Zweiunddreißigjährige. Er hat ihn in Eiche „nachgebaut“, mit Kugelrollen aus Polyurethan, die ihn mühelos selbst über Teppiche gleiten lassen, ihn aber auch, sobald man sich auf ihn stellt oder setzt, fest an seinem Platz halten. Scala kann vieles sein: Tritthocker, Beistelltisch, Sitzgelegenheit. Beim Sitzen kann man sogar seine Füße auf dem unteren Tritt abstellen, was auf Dauer allerdings nicht sonderlich bequem ist und den nur 40 Zentimeter hohen Stuhl auch nicht zu einem Barhocker macht.
CÄCILIA HALBGEWACHS
Designerinnen fällt es offenbar schwerer, auf sich aufmerksam zu machen. Fast immer sind es wesentlich mehr junge Männer, die am Salone Satellite teilnehmen. Weil sich auch mehr junge Männer als junge Frauen bewerben. Woran das liegt, lässt sich nicht eindeutig sagen. Schließlich studieren inzwischen sogar mehr Frauen als Männer Produktdesign. Vielleicht sind Männer einfach forscher im Auftreten, von sich mehr überzeugt, so dass sie es eher wagen, sich bei der Plattform für junge Talente in Mailand zu bewerben. Die eine Frau 1998 gegründet hat und bis heute auch als Kuratorin verantwortet: Marva Griffin.
Cäcilia Halbgewachs hat nicht Design, sondern Architektur an der Technischen Universität München studiert. Da ist der Anteil der Frauen im Studium noch höher, er liegt bei fast 60 Prozent. Doch später im Beruf übernehmen auch hier die Männer, der Anteil liegt dann bei etwa 70:30. Die 27 Jahre alte Münchnerin hat auch noch einen Master in Innenarchitektur (Akademie der Bildenden Künste München) vorzuweisen. Das Innere und Äußere eines Hauses gehören bei ihr zusammen. Und so entwirft sie auch noch Möbel und Produkte, für ebenfalls kleiner werdende Wohnungen. „Besonders im Bad wird’s eng“, sagt sie. „Kaum Ablageflächen, strenge Bauvorgaben und Fliesenwände, die keine Befestigung zulassen.“ Dafür hat sie Lück entwickelt, der zum Lückenfüller in den Nischen kleinster Räume wird. Es sind Holzzylinder, die sich miteinander verschrauben und zwischen Boden und Decke spannen lassen. Zwischen die Zylinder passen Elemente, an denen sich Spiegel oder Ablageflächen, Handtuchhalter und Zahnputzbecher in verschiedenen Höhen befestigen lassen. Das Schöne an Lück: Das Systemmöbel kann rückstandslos auf- und abgebaut werden, sodass Boden, Wand und Decke unversehrt bleiben. Es war ihre Masterarbeit an der Akademie der Bildenden Künste.
In Mailand zeigt sie auch den Schaukelhocker Ohne, der unter jeden Schreibtisch passt und den Sitzenden in Bewegung hält, was gut für die Wirbelsäule ist. Und sie präsentiert ihre erste Arbeit, die ihren Spitznamen trägt: Cillicilli. Es ist eine Leuchte, genauer: ein Bausatz für Hängeund Tischleuchten. Die zusammensteckbaren Elemente aus Aluminium oder Pappe sind so leicht und dünn, dass sie in einen Din-A4- Briefumschlag passen und per Post verschickt werden können. Die ovalen Scheiben sind außerdem unterschiedlich perforiert, so dass sich das Licht- und Schattenspiel nach Wunsch variieren lässt. Je mehr von ihnen zusammengefügt werden, desto heller wird das Licht.
Cäcilia Halbgewachs, die derzeit auch Lehrbeauftragte an der TU München ist, nimmt das erste Mal am Salone Satellite teil. Unterstützt wird sie dabei von einem Stipendium für Existenzgründerinnen (EXIST). Ihr nächstes Projekt: Akustikpaneele aus einem besonderen nachwachsenden Rohstoff – Hopfen.
LUC MORRONI
München kann auch kreativ, das zeigt etwa das Ruffinihaus, in dem Designer, Künstler, Architekten eine Bleibe auf Zeit haben. Sie werden in dem Creative Hub von der Stadt gefördert. Unter ihnen waren auch Moritz Mungenast und Luc Morroni mit ihrem Architektur- Büro, das sie 2023 gegründet haben. In Mailand ist der Luxemburger Morroni allerdings allein – er ist 32, Mungenast 15 Jahre zu alt, um noch als Nachwuchsdesigner zu gelten. Die beiden beschäftigen sich mit recyclebaren Gebäudefassaden, die in einem 3D-Drucker entstehen. Dafür nutzen sie etwa wiederverwertetes PETG, also Polyethylenterephthalat (PETFlaschen), ein Material, das am Ende seines Lebenszyklus zu 100 Prozent wieder für ein neues Fassadenelement verwendet werden kann. So schließt sich der Materialkreislauf. Transparente Biokunststoffe, etwa aus Algen, werden bisher kaum im Baugewerbe verwendet. Genau da setzen die beiden an, wollen neue CO2-neutrale Materialien entwickeln, die transparent sind und leichter als Glas. Zwar gibt es schon Lösungen aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holz, aber bisher eben keine lichtdurchlässigen Bauteile zum Beispiel für Fassaden.
Nach Mailand hat Luc Morroni keine Fassadenelemente mitgebracht, sondern einen Stuhl, der den Namen Ruffini trägt. Auch er ist 3D-gedruckt, auch er besteht aus Recyclingkunststoffen, die eine Version, die er zeigt, ist aus ehemaligen PET-Flaschen, die andere aus Sägespänen, die ein Biopolymer-Binder zusammenhält. Entsprechend wirkt der eine Stuhl gläsern, der andere fast wie aus Holz mit seinem bräunlichen Farbton.
In dem Stuhl steckt aber noch viel mehr: Durch Umdrehen lässt sich seine Sitzposition ganz einfach ändern, der Stuhl mit hoher Lehne wird zum tiefergelegten Sessel. „Jeder Stuhl verfügt darüber hinaus über ein individuelles Oberflächendesign, was jedes Stück einzigartig macht“, sagt Luc Morroni. Ein kleines Schmankerl hat der Entwurf auch noch zu bieten: Im geschwungenen Bein lassen sich mit Eiswürfeln Flaschen kühlen.
Der Zweiunddreißigjährige, der aus Düdelingen (luxemburgisch Diddeleng) im Kanton Esch an der Alzette stammt, hat zunächst in Québec in Kanada an der Université Laval Architektur studiert, danach folgte ein Master an der Technischen Universität in München. Inzwischen hat er auch ein eigenes Studio im Münchner Glockenbachviertel. Auch er ist zum ersten Mal beim Salone Satellite und hat damit die größte Hürde genommen: Er wurde ausgewählt. Wem dies einmal gelungen ist, kann danach noch zweimal wiederkommen.
STUDIO JOHANNES MÜLLER
Sein Studio hat er dort, wo seine Familie seit langer Zeit lebt: in Ampfing im oberbayerischen Landkreis Mühldorf am Inn. In der kleinen Gemeinde hatte sein Großvater 1959 eine Möbelschreinerei gegründet, bis heute ein Familienunternehmen. Johannes Müller hat in Ampfing seinen Meister gemacht, hat danach noch Raum- und Objektdesign an den Schulen für Holz und Gestaltung, der Berufsakademie in Garmisch-Partenkirchen, studiert. Nun ist er zum zweiten Mal beim Salone Satellite und hat beim ersten Mal schon genau das erreicht, wovon die meisten der jungen Designer hier träumen: Er ist aufgefallen und angesprochen worden. Von einem möglichen Hersteller, der seinen Prototypen produzieren möchte.
Doch nicht nur Unternehmer wurden auf den Achtundzwanzigjährigen aufmerksam: Im September während der Paris Design Week schaute Première dame Brigitte Macron bei ihm in der Galerie Joseph vorbei. Was sie besonders beeindruckte, ist auf Bildern zu sehen, auf denen sie einen Beistelltisch von Johannes Müller hochhält: Seine Möbel sind erstaunlich leicht und doch überaus stabil. Der Tisch Tonda etwa aus Massivholz, der ganz ohne Werkzeug montiert werden kann und in Zusammenarbeit mit FORMvorRAT Frankfurt entstanden ist. Für den Versand ist er als Flatpack konzipiert und wiegt mit kleiner Platte (Durchmesser 48 Zentimeter) knapp drei Kilogramm.
Noch weniger auf die Waage bringt Meditri, der für seine Mutter entstanden ist. „Sie brauchte einen Hocker, auf dem sich gut meditieren lässt“, sagt Müller. Der Hocker, er nennt ihn Meditationstripod, ist sein „signature piece“, für das er in diesem Jahr zu den Gewinnern des if Design Awards gehörte. „Meditri ist ein nachhaltiger Hocker mit reduziertem Verschnitt, er kann aus Resten gefertigt werden.“ Die Beine sind so in die Sitzplatte eingelassen, dass sie von oben sichtbar sind. Diese Verbindung sorgt für maximale Stabilität trotz der schlanken Beinprofile. Ein Hocker, der natürlich auch Beistelltisch sein kann, wiegt knapp 1,8 Kilogramm, fünf lassen sich übereinandergestapelt problemlos tragen. Den Dreibein bietet er in Natur geölt und in Schwarz an.
„Ich will Objekte schaffen, die es wert sind, geschaffen zu werden“, sagt Müller. Sie sollen nachhaltig sein, naturnah und schön. „Schönheit entsteht, wenn nichts hinzugefügt oder weggelassen werden kann.“ Besonders schön ist sein Meisterstück: Biblioteca. An dem Sideboard mit lederbespannten Türen und Rolläden hat er 380 Stunden gearbeitet. Die umlaufende Hülle besteht aus Senholz. Getragen wird alles von einem verchromten Gestell, in Anlehnung an 100 Jahre Bauhaus und 150 Jahre Schulen für Holz und Gestaltung.
HAHN & CUESTA WOLF
Die beiden haben sogar eine eigene Zeitung für Mailand drucken lassen. Der Titel ihrer Sonderausgabe: „Woodpotentials“. Was kann Holz? Mehr als man sich vorstellen kann! Und Robert Hahn und Jacobo Cuesta Wolf wollen genau das mit ihren Arbeiten zeigen, die sie zum Salone Satellite mitgebracht haben. Jacobo Cuesta Wolf ist in Spanien geboren, hat aber auch deutsche Wurzeln. Der Dreiunddreißigjährige hat Industriedesign an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle studiert und schon vor seinem Masterabschluss für den Berliner Designer Werner Aisslinger gearbeitet. Heute lehrt er in Halle, genauso wie sein zwei Jahre älterer Geschäftspartner Robert Hahn. Als Lehrende an der Burg haben sie sich auch kennengelernt. Hahn hat vor seinem Studium auch noch eine Tischlerlehre absolviert.
Die Prototypen aber haben sie gemeinsam zusammengebaut. Entstanden ist ein Stuhl, der jedem bekannt vorkommen dürfte, schließlich ist er eine deutsche Design-Ikone, auf der Generationen von Schülern gesessen haben. Den „Kufenstuhl“ entwarf Karl Nothhelfer 1950, er löste die bis dahin üblichen Schulbänke ab. Bei Nothhelfers Entwurf sorgen die beiden mittig auf den Kufen stehenden Stuhlbeine für das nötige Gleichgewicht und verhindern weitgehend die Möglichkeit des Kippelns. „Traditionell für Kinder in fünf verschiedenen Größen entworfen, wollten wir eine klarere und raffiniertere Designsprache für den alltäglichen Gebrauch entwickeln“, sagt Hahn. Die große Herausforderung für das Duo Hahn & Cuesta Wolf waren dabei die Beine. Denn diese stehen bei ihnen hinten auf den Kurven, was zusätzliche Stützen nötig machte, zwei runde kleine Beine, die ihrem Stuhl Halt geben. Als Holz wählten sie Buche, weil es lokal bezogen werden kann und besonders robust ist.
Nicht minder stabil ist Lobo, eine Bank, die Cuesta Wolf gestaltet hat. „Die Sitzfläche ist ergonomisch und statisch optimiert und besteht aus einem einfachen, gefalteten Sperrholzelement.“ Die Beine lassen sich in die Rahmenelemente stecken und mit einer Schraube befestigen. Die Bank ist einfach zu zerlegen, was ideal ist für den flachen Versand.
Vom Duo wiederum stammt das Regal Frame. Dafür nutzen sie eine Technik, die erst in den Nullerjahren entdeckt wurde, das sogenannte Holzschweißen. Im Holz, in diesem Fall ist es Weißtanne, steckt Lignin, ein Biopolymer, der auf Druck reagiert. Die beiden verbinden die einzelnen Elemente durch Nägel aus Holz, die sie mit einer Nagelpistole in die Regalbrettchen schießen. Das Lignin fungiert als natürlicher „Klebstoff“, durch die Reibungshitze wird es erst weich, bevor es sich wieder verfestigt. Die Köpfchen der Holznägel bleiben als dekoratives Detail an den Seiten sichtbar.
STUDIO MARCUS GÖTSCHL
Vor gerade einmal drei Monaten hat er sein Studio gegründet. Auch mit Blick auf den Salone Satellite, bei dem sich Marcus Götschl erstmals als Marcus Götschl präsentiert. Anfang des Jahres war er noch bei Classicon, arbeitete in der Produktentwicklung der Münchner Marke. „Für sie habe ich noch am Messestand hier für Mailand mitgebaut“, erzählt der Gerade-noch-Zweiunddreißigjährige. Am 11. Mai hat er Geburtstag. Götschl ist im Chiemgau aufgewachsen, er ist gelernter Schreinermeister, hat auch ein Jahr als Tischler in Bergen in Norwegen gearbeitet, bevor er an der Fachakademie in Garmisch-Partenkirchen Raum- und Objektdesign studierte.
Den Schreiner sieht man seinen Produkten an. Seinem Bett New Gen zum Beispiel, mit dem er erstmals als freischaffender Produktdesigner auf sich aufmerksam machen konnte und für das er im vergangenen Jahr zu einem der Gewinner des Nachwuchspreises „one&twenty“ des Rats für Formgebung gekürt wurde. New Gen besteht nur aus vier Beinen, zwei Seitenteilen und 18 biegsamen Holzplanken. Alle Teile werden ohne Werkzeug ineinandergesteckt und können darum auch in kurzer Zeit auf- und wieder abgebaut werden.
Oder seinem Stuhl Tension, der zerlegt nicht minder platzsparend aufbewahrt werden kann. „Er passt in einen Pizzakarton“, sagt Götschl. Er habe sich bei ihm auf das Wesentliche konzentrieren wollen. Für den vierbeinigen Hocker nutzt er so wenig Holz wie möglich, Stabilität bekommt er auch durch die leicht gebogene Sitzfläche. Geradezu opulent ist dagegen sein Sessel Norr, der vom skandinavischen Lebensstil inspiriert wurde. Ein geschwungener Rahmen mit Sprossen umfängt den Sitzenden, der zugleich auf einem dicken Polster sitzt. In ihm fühlt man sich fast so geborgen wie in einer Wiege.
Doch Götschl verwendet nicht nur Holz, er hat auch seine Glas-Kollektion mitgebracht sowie zwei Leuchten. Eine kleine Tischleuchte, die an eine Thermosflasche aus Aluminium erinnert, oben aber einen sanft geschwungenen Schirm hat, der Licht nach unten spendet, sowie eine Bodenleuchte. Auch sie ist aus Aluminium, steht als Säule im Raum, ist Deckenfluter und Leselampe in einem. Dass er mit Licht umgehen kann, hat Marcus Götschl schon 2021 bewiesen, als er in Garmisch-Partenkirchen war. Da entwickelte er Nyd Lys (Norwegisch für Licht genießen), eine Leuchte, die aus drei Teilen besteht: einem Lederetui, in dem zwei Rundhölzer stecken. Das Etui wird zum Fuß, die beiden Hölzer im rechten Winkel aufgestellt. Auch dafür wurde Götschl schon für einen Nachwuchspreis nominiert, den LUXI-Licht-Preis.