HIV grassiert unter Soldaten – viele „leben jeden Tag, als wäre es ihr Schlusslicht“ | ABC-Z

Berlin. HIV ist in Russland extrem stark verbreitet – insbesondere in der Armee schnellen die Infektionszahlen hoch. Die Gründe sind vielseitig.
HIV ist in Russland deutlich stärker verbreitet als hierzulande. Doch insbesondere unter russischen Soldaten scheint die Krankheit regelrecht zu grassieren. Seit Anfang der russischen Invasion gegen die Ukraine 2022 ist die Zahl der HIV-Fälle beim Militär sprunghaft gestiegen und hat sich bis zum Herbst desselben Jahres verfünffacht. Insgesamt gab es bis Ende 2023 unter russischen Soldaten 20 Mal mehr HIV-Diagnosen als vor dem Krieg berichtet das „Militäry Medical Journal“. Konkrete Zahlen wurden in dem Bericht nicht genannt.
Diese hohen Übertragungsraten zeigen, dass „HIV im Krieg nicht nur durch Wunden und deren Behandlung übertragen wird“, heißt es in einem Bericht des Russia and Eurasia Centre der Carnegie-Universität. So würden insbesondere ungeschützter Sex und das Teilen von Nadeln zum Spritzen zum Drogenkonsum für die hohe HIV-Rate unter den Soldaten sorgen. Dazu trägt auch der Fatalismus unter den russischen Soldaten bei, von denen viele „jeden Tag leben, als wäre es ihr letzter“.
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Russland ist einer der Länder mit den höchsten HIV-Infektionsraten
Auch schon vor dem Krieg war HIV in Russland weit verbreitet. Das Land zählt zu den fünf Ländern mit den höchsten Infektionsraten: 1,1 Millionen HIV-Fälle wurden registriert, die Dunkelziffer wird jedoch auf bis zu 1,5 Millionen Fälle geschützt. Laut UN-Zahlen kamen 2021 aus Russland vier Prozent der weltweiten HIV-Fälle, obwohl das Land weniger als zwei Prozent der Weltbevölkerung ausmacht.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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Desinformation und Stigmatisierung sorgen dafür, dass sich viele Russen nicht testen lassen. Auch sind viele HIV-Präventionsgruppen, die Geld aus dem Ausland erhalten, als sogenannte „ausländische Agenten“ eingestuft und mussten deshalb ihre Arbeit einschränken oder gar einstellen. Seit 2023 ist zudem die „internationale LGBT-Bewegung“ vom Obersten Gerichtshof Russlands als „extremistisch“ eingestuft, was die in Russland stark diskriminierten schwulen Männer noch stärker davon abhält, Unterstützungsdienste in Anspruch zu nehmen.
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Doch auch in der Ukraine ist HIV immer weiter verbreitet. So ist in den russisch besetzten Gebieten HIV-Versorgung und Tests fast vollständig zusammengebrochen. Das Land weist die höchste HIV-Prävalenz in Europa auf. Schätzungsweise 240.000 Menschen sind HIV-infiziert.
jst/FMG