Hessen Grünen-Fraktionschef Wagner kritisiert Schuldenpolitik von Union und SPD in Berlin | ABC-Z

Die Kritik der Grünen in Berlin an dem von Union und SPD am Wochenende vorgelegten Sondierungspapier samt Milliardenausgaben hat der Fraktionschef der Grünen im Hessischen Landtag, Mathias Wagner, bekräftigt. „Es gibt kein Problem, wenn es darum geht, mit einer vernünftigen Ausstattung der Bundeswehr für die Sicherheit unseres Landes zu sorgen“, sagt Wagner beim Besuch in der Reaktion der F.A.Z./Rhein-Main-Zeitung.
Es gebe auch keine Finanzierungshindernisse, wenn es um die Erneuerung der Infrastruktur gehe. Es gebe aber „ein Problem“, wenn Union und SPD der Meinung seien, alle ihre politischen Vorhaben mithilfe neuer Schulden finanzieren zu können. „Schwarz und Rot sind nicht bereit zu Reformen“, kritisiert Wagner, „sie wollen nicht sorgsam mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler umgehen.“
Man könne nicht davon ausgehen, dass seine Partei einem solchen Vorgehen umgehend zustimme, noch dazu, da sie die politischen Vorhaben für falsch erachte. „Das kann keiner von uns Grünen erwarten.“ Seine Partei gehe davon aus, dass bei der Diskussion über Zukunftsinvestitionen auch über den Klimaschutz geredet werden müsse. Natürlich könnten Investitionen in die Infrastrukturerneuerung mit dem Thema Klimaschutz verbunden werden, etwa mit Sanierung und Ausbau der Bahninfrastruktur, der Energienetze und des Wasserstoffkernnetzes.
Demokratische Parteien sollen zusammenarbeiten
„Auch Investitionen in die kommunalen Wärmenetze sind Investitionen in den Klimaschutz“, sagt Wagner. Bei der Unterstützung der Kommunen habe das Finanzierungspaket der künftigen Regierungskoalition in Berlin allerdings eine „Schieflage“, so der Grünenfraktionschef. Es sehe nur 100 Milliarden Euro für die Kommunen vor, obwohl diese einen Großteil der öffentlichen Investitionen tätigen müssten. Da müsse es eine „Akzentverschiebung“ geben, fordert Wagner.
Dabei unterscheidet der Grünenfraktionschef zwischen den Sicherheitsausgaben in Form zusätzlicher Schulden durch den alten Bundestag – „da haben wir nicht so wahnsinnig viel Zeit“ – und dem angestrebten Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Investitionen. Für dieses Sondervermögen sehe er keine Eilbedürftigkeit. Auch im künftigen Bundestag gebe es dafür eine Mehrheit mit Grünen und Linken. „Die Koalition muss sich nur mehr anstrengen.“
Auf das Verhältnis der Grünen zur erstarkten Linken, für die viele junge Wähler gestimmt hatten, angesprochen, sagt Wagner, dass die Linke ein normaler politischer Mitbewerber sei. „Das ist für uns keine radikale Partei.“ Natürlich schmerze es, wenn die Grünen nicht mehr die hohen Zustimmungswerte bei den jungen Menschen erreichten, doch einen Teil dieser Wähler „können wir nicht mehr zurückholen“. Die Linke habe reüssiert, weil sie jede Zusammenarbeit mit der Union ablehne. Die Grünen dagegen strebten die Bündnisfähigkeit aller Demokraten an, sagt Wagner. „Wir wollen keine Verhältnisse, bei denen sich alle gegenseitig nur noch blockieren, nur noch anschreien.“ Gerade in ernsten Zeiten müssten demokratische Parteien über ihre Schatten springen und zusammenarbeiten.
Weniger polarisieren, mehr politisch engagieren
Der Weg könne deshalb auch nicht sein, über die sozialen Netzwerke mit dem „noch krawalligeren Video, der noch größeren Unverschämtheit und noch größeren Herabwürdigung von Menschen“ um Wähler zu werben. Das halte er für in der Tendenz demokratiegefährdend. Wie Wagner insgesamt davor warnt, dass sich viele Bürger aufgrund der aktuellen Situation der Weltpolitik mehr ins Private zurückzögen und damit das Feld insbesondere auch der AfD überließen.
Wagner ist überzeugt, dass die Politik allein die derzeitigen Herausforderungen nicht bewältigen kann. Es brauche die Bereitschaft der Bürger mitzuwirken. „Demokratie ist kein Lieferdienst, sie muss gelebt werden.“ Dazu gehöre vonseiten der Politik, dass Bürger die Erfahrung machen müssten, dass sich etwas verändere. „Wir brauchen den Mut zum Handeln“, fordert er. Die Politik müsse auch einmal „Fünfe gerade sein lassen“ und nicht alles perfekt planen wollen.
Um handlungsfähiger zu werden, brauche es den Bürokratieabbau, den die seit einem Jahr amtierende Landesregierung anstrebe, sagt Wagner und ergänzt mit einem Seitenhieb auf die schwarz-rote Koalition in Wiesbaden: Die habe in den Ministerien bisher nur neue Bürokratieabbau-Beauftragte installiert. Im Digitalministerium seien mehr als 200 neue Stellen geschaffen worden. So werde kein Meter Glasfaserkabel verlegt. Auch in puncto Kinderbetreuung und bessere Unterrichtsversorgung in Schulen sei, seitdem die Grünen nicht mehr mitregierten, nichts geschehen.