Herzentzündungen bei Kindern: Impfung war sicherer als Covid-Erkrankung – Gesundheit |ABC-Z

Ob man sein Kind gegen Covid-19 impfen lassen soll? Das war in der Pandemie eine Frage, die Eltern lange umtrieb. Kinder erkrankten zwar selten schwer, wenn sie sich mit Corona ansteckten, aber es kam durchaus vor. Gleichzeitig stand Long Covid als Folge der Infektion im Raum, und die Impfung brachte gerade bei jungen Menschen ein kleines Risiko fürs Herz mit sich: Es konnte zu Entzündungen des Herzmuskels (Myokarditis) oder des Herzbeutels (Perikarditis) kommen, vermutlich als Folge der Immunreaktion, die die Impfung auslöste.
Deshalb hätten viele Eltern gewiss gerne damals schon von jener umfassenden Datenanalyse gehört, die jetzt herausgekommen ist: Den Daten aus England zufolge war die Impfung in den ersten beiden Jahren der Pandemie auch für das Herz besser als die Infektion. Denn das Coronavirus löst im Körper junger Menschen ebenfalls Immunreaktionen aus – und zwar heftigere als die Corona-Impfung. So kommt es auch durch die Infektion zu seltenen Fällen von Myo- und Perikarditis, und zwar doppelt so häufig wie nach der Impfung. Zu diesem Schluss kommt ein Team von Wissenschaftlern der Universitäten in Cambridge und Edinburgh sowie des University College London im Fachblatt Lancet Child and Adolescent Health.
Die Forschenden hatten die elektronischen Krankenakten fast der gesamten englischen Bevölkerung unter 18 Jahren ausgewertet. Von den so erfassten knapp 14 Millionen Kindern hatten 3,9 Millionen zwischen Januar 2020 und Dezember 2022 ihre erste Corona-Diagnose erhalten und 3,4 Millionen eine erste Impfung mit dem Biontech-Impfstoff, dem am meisten verabreichten Vakzin im Kindes- und Jugendalter in dieser Zeit.
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Den Herzen der geimpften Kinder erging es demnach besser. „Die Gefahr für Komplikationen war insgesamt sehr gering. Aber nach der Covid-19-Diagnose war die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder und Jugendlichen Herzprobleme entwickelten, deutlich höher als nach der Impfung“, sagte Angela Wood von der Universität Cambridge, eine der Autorinnen der neuen Studie, während einer Pressekonferenz des britischen Science Media Centre (SMC). So folgten auf die Covid-19-Diagnose 2,24 zusätzliche Fälle von Myokarditis oder Perikarditis auf 100 000 Minderjährige. Unter den Geimpften traten hingegen nur 0,85 zusätzliche Fälle auf 100 000 junge Menschen auf. Noch dazu blieb das Risiko nach der Infektion für längere Zeit erhöht, nämlich für ein ganzes Jahr, während es nach der Impfung lediglich in den ersten vier Wochen erhöht war und dann steil abfiel.
Auch weitere Komplikationen, die Folgen von Entzündungsreaktionen sind, waren nach der Covid-19-Diagnose häufiger als nach der Impfung. Dies galt zum Beispiel für Thrombosen und schwere inflammatorische Syndrome wie Kawasaki und PIMS. Letztere waren nach der Impfung sogar seltener als bei Kindern, die weder geimpft noch erkrankt waren – wahrscheinlich, weil das Immunsystem dadurch besser auf eine Infektion mit dem Coronavirus vorbereitet war.
Wie schwer die Herzentzündungen verlaufen sind und ob es in dieser Hinsicht Unterschiede nach Impfung oder Infektion gab, könne sie aus ihren Daten nicht schließen, so Wood. Eine Studie aus Frankreich, die im vergangenen Jahr im Journal of the American Medical Association dieser Frage nachging, spricht allerdings ebenfalls für die Impfung. Demnach erholten sich die meisten jüngeren Menschen, die nach einer Covid-19-Impfung an einer Myokarditis erkrankten, vollständig. Nur wenige mussten in den folgenden eineinhalb Jahren erneut wegen Herzproblemen behandelt werden. Dieses Risiko war nach einer Myokarditis, die infolge einer Corona-Infektion auftrat, mehr als doppelt so hoch. Offenbar verlaufen die Herzmuskelentzündungen nach der Impfung fast immer milde.
Die neuen Daten aus England seien sehr hilfreich und belegten, dass es in den ersten Jahren der Pandemie richtig gewesen sei, Kinder zu impfen, sagt Peter Openshaw, Professor für experimentelle Medizin am Imperial College London, der nicht an der Arbeit beteiligt war, dem SMC. Und er betont noch etwas: Schon früh sei nach Beginn der Impfungen in der Pandemie aufgefallen, dass die Impfung vor allem bei jungen Männern Myokarditis und Perikarditis hervorrufen könne. Das habe gezeigt, dass die Impfüberwachung funktioniert habe.
Aber soll man sein Kind heute noch gegen Covid-19 impfen? Die Risiken durch die aktuellen Corona-Viren seien geringer als durch die Viren, die in den ersten beiden Pandemiejahren kursierten, betont der Immunologe Carsten Watzl vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund. Auch das Risiko für Long Covid sei gesunken. Zudem hätten mittlerweile fast alle Kinder Immunität gegenüber dem damals völlig unbekannten Virus aufgebaut. Deshalb empfiehlt die Ständige Impfkommission schon lange keine Covid-Impfung mehr für Kinder und Jugendliche, die gesund sind und kein erhöhtes Ansteckungsrisiko haben. Zugleich haben aber auch die Risiken durch die Impfung für all jene, die schon einmal geimpft wurden, weiter nachgelassen, so Watzl: „Nebenwirkungen auf das Herz treten bei Wiederholungsimpfungen kaum noch auf.“
Insofern ist die Lage für Eltern nicht völlig anders als damals in der Pandemie: Es gibt Argumente für die Impfung und welche dagegen. Derzeit schlägt das Pendel für gesunde Kinder recht deutlich dagegen aus. Aber letzte Klarheit werden erst große Datenauswertungen schaffen, so wie jetzt die aktuelle aus England.





















