Hergang und Co. – Was wir über die Todesfahrt wissen und was nicht | ABC-Z

Berlin/Mannheim. In Mannheim rast ein Mann mit einem Auto durch die Innenstadt. Zwei Menschen sterben, mehrere sind verletzt. Was wir über die Todesfahrt wissen.
Erst Magdeburg, dann München – und jetzt Mannheim: Wieder ist ein Auto in einer deutschen Stadt in eine Menschenmenge gerast. In Mannheim, der zweitgrößten Stadt Baden-Württembergs, kamen dabei am Montagmittag nach vorläufigen Angaben zwei Menschen ums Leben. Fünf bis zehn weitere sollen verletzt worden sein. Die Ermittler gehen nicht von einem politischen Hintergrund aus. Die Polizei sprach zeitweise von einer Amokfahrt. Sie konnte den Fahrer des Autos festnehmen, war in und um Mannheim mit einem schwer bewaffneten Großaufgebot im Einsatz. Die Lage stellte sich sehr unübersichtlich dar. Was bislang bekannt ist und was nicht – ein Überblick.
Die aktuellen Entwicklungen lesen Sie in unserem Newsblog zur Todesfahrt von Mannheim.
Was ist über den Hergang der Todesfahrt von Mannheim bekannt?
Nach Angaben von Augenzeugen soll der Mann am Rosenmontag mit seinem Auto durch die Mannheimer Innenstadt gerast sein – und zwar vom Friedrichsring kommend in die Haupteinkaufsstraße „Planken“. Auf der Höhe des Paradeplatzes soll er mehrere Passanten an- oder umgefahren haben. In dem Gebiet findet derzeit ein Fasnachtsmarkt mit Buden und Fahrgeschäften statt.
Einsatzkräfte der Polizei und des Rettungsdienstes stehen nach der Todesfahrt in der Mannheimer Innenstadt.
© DPA Images | Boris Roessler
Auf einem Video, das auf dem Messengerdienst Telegram geteilt wird, ist eine Szene aus der Mannheimer Innenstadt zu sehen, das eine Überwachungskamera aufgenommen hat. Es zeigt nach Recherchen unserer Redaktion offenbar die Amokfahrt, wenige Augenblicke, bevor der Täter mit dem dunklen Kleinwagen in Passanten rast. Die Tatzeit stimmt mit den Angaben der Polizei überein, auch das Fahrzeug auf dem Video passt zu den Bildern des mutmaßlichen Tatwagens. Der Ort ist die Einkaufsstraße Planken in Mannheim.
Das Video zeigt, wie der Fahrer mit dem Kleinwagen mit hoher Geschwindigkeit die Einkaufsstraße entlang rast. Passanten am Straßenrand drehen sich um, schauen hinterher. Sie wirken irritiert.
Am Nachmittag hieß es dann, das Tat-Auto sei kurz vor der Rheinbrücke nach Ludwigshafen gestoppt und der Fahrer festgenommen worden. Die Innenstadt soll noch bis in die Abendstunden abgeriegelt bleiben. In Baden-Württemberg wurden als Reaktion auf die Todesfahrt in Mannheim mehrere Fastnachtszüge abgesagt.
Was wissen wir über den mutmaßlichen Täter?
Der Mann ist nach Angaben der baden-württembergischen Landesregierung deutscher Staatsbürger und 40 Jahre alt und wohnt in Rheinland-Pfalz. Er wurde bei seiner Todesfahrt offenbar selbst verletzt und musste nach seiner Festnahme im Krankenhaus behandelt werden. Bei dem Täterfahrzeug handelt es sich offenbar um einen älteren Kleinwagen mit Ludwigshafener Kennzeichen. Die Nachbarstadt Mannheims liegt auf der anderen Rheinseite in Rheinland-Pfalz. Spezialisten untersuchten am Nachmittag das Auto.
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Was ist über die Opfer bekannt?
Am Nachmittag war von zwei Toten und fünf bis zehn Verletzten die Rede. Nähere Angaben zu den Personen gab es nicht. Die Universitätsklinik Mannheim teilte nach Angaben des „Mannheimer Morgen“ mit, sie behandele nach dem Vorfall drei Menschen. Die zwei Erwachsenen und das Kind seien „mit hoher medizinischer Dringlichkeit“ eingestuft worden und würden akutmedizinisch versorgt. In der Mannheimer Innenstadt sollte eine psychologische Betreuung eingerichtet werden. Notfall-Seelsorger aus der gesamten Region wurden mobilisiert, um Augenzeugen, Opfer und Angehörige zu betreuen.

Bei dem Tat-Auto handelt es sich um einen älteren Kleinwagen. Der Fahrer wurde selbst verletzt und musste in einer Klinik behandelt werden.
© DPA Images | Boris Roessler
Wie reagierte die Polizei?
Die Polizei hatte zunächst den Verdacht, dass der Mann kein Einzeltäter war. Sie löste deshalb auf der Suche nach möglichen Mittätern Großalarm aus: Mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten sperrten die Straßen in der Innenstadt, kontrollierten ebenso alle Straßen und Brücken stadtauswärts, auch ein Hubschrauber war im Einsatz. Im benachbarten Ludwigshafen gab es verstärkte Polizeikontrollen. Via Warnapp wurde die Bevölkerung vor einer „lebensbedrohlichen Lage“ gewarnt und aufgefordert, die Innenstadt großräumig zu meiden. Wer sich im Stadtzentrum aufhielt, sollte geschlossene Räume aufsuchen. „Wir können eine anhaltende Gefahrenlage nicht ausschließen“, sagte ein Polizeisprecher.
Die Mannheimer Polizei richtete ein Hinweisportal ein, über das Augenzeugen Bild- und Videomaterial für Ermittlungszwecke zur Verfügung stellen sollte. Zugleich rief die Polizei dazu auf, keine Videos vom Tathergang oder dem noch laufenden Einsatz in den sozialen Netzwerken zu teilen. Der Aufruf verhallte aber: Auf der Plattform X und anderswo kursierten schon bald nach der Tat Bilder vom abgetrennten Bein eines Opfers.
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Wie reagiert die Politik?
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wollen sich noch am Montag in Mannheim ein Bild von der Lage verschaffen. Faeser (SPD) hatte von der Tat bei einem Besuch des Kölner Rosenmontagszugs erfahren, wo sie auf einem Wagen mitgefahren war; sie brach ihren Besuch sofort ab und ließ sich nach Ministeriumsangaben laufend unterrichten.

Welche vergleichbaren Vorfälle gab es zuletzt?
Mitte Februar erst war in München ein Afghane mit seinem Auto in eine Gewerkschaftsdemonstration gerast. Dabei starben eine Frau und ein Kind, mehr als 30 wurden verletzt. Die Ermittler vermuten hier ein islamistisches Motiv. In Magdeburg hatte ein saudi-arabischer Arzt, der als Islam-Hasser bekannt war, kurz vor Weihnachten bei einer Amokfahrt sechs Menschen getötet und fast 300 verletzt.
Die 320.000-Einwohner-Stadt Mannheim ist jetzt zum wiederholten Male Schauplatz einer unfassbaren Tragödie: Ende Mai vergangenen Jahres hatte auf dem Marktplatz ein mutmaßlicher Islamist fünf Teilnehmer einer islamkritischen Kundgebung sowie einen Polizisten mit einem Messer verletzt. Der Beamte erlag später seinen Verletzungen.