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Herbst: Wer muss das Laub kehren? – Stil | ABC-Z

Er ist wieder da, der güldene Herbst mit seiner Farbenpracht. Rilke, Goethe, Heine, Hoffmann von Fallersleben – große Dichter haben ihn gepriesen, mal euphorisch, mal melancholisch. Aber, nun ja, jedes Blatt hat zwei Seiten, erst recht das Herbstblatt. Gelb, rot, orange hängt es höchst dekorativ an den Zweigen, weil die Bäume vorausschauenderweise den grünen Blattfarbstoff Chlorophyll, den sie mangels Sonnenlicht im Winter nicht für die Photosynthese benötigen, als Vorrat fürs Frühjahr im Stamm und in den Ästen einlagern. Doch irgendwann ist auch das schönste Blatt fällig, segelt zu Boden, zu all den anderen. 20 bis 30 Kilogramm Laub können bei einer ausgewachsenen Buche oder Birke zusammenkommen.

Das raschelt beim Spazieren herbstlich hübsch, solange die Blätter trocken sind. Die bunte Pracht einfach liegen zu lassen, ist trotzdem keine gute Idee. Zumindest nicht auf Flächen, auf denen Menschen unterwegs sind und ins Rutschen geraten könnten. Es ist so ähnlich wie mit dem Winterdienst: Grundstücks- und Hauseigentümer haben dafür Sorge zu tragen, dass auf ihrem Grund niemand zu Schaden kommt. Und nicht nur das: In vielen Kommunen sind sie zugleich für die Sicherheit auf dem angrenzenden Gehsteig verantwortlich, müssen also dort Schnee, Eis und auch das Herbstlaub beseitigen.

Das klingt für Mieterinnen und Mieter nach einem entspannten Herbst, doch ganz so einfach ist es nicht: „Eigentümer können ihnen diese Aufgabe und damit auch die Verantwortung für sichere Wege rund ums Haus übertragen“, sagt Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund in Berlin. Die Laubfege-Pflicht muss explizit im Mietvertrag vereinbart sein. Ein entsprechender Passus in der Hausordnung genügt nicht. Und: Eigentümer sind dennoch nicht ganz aus der Verkehrssicherungspflicht entlassen. „Sie müssen hin und wieder kontrollieren, ob die Mieter ihren Pflichten auch nachkommen“, sagt Hartmann.

Immerhin: Das Laub muss nicht umgehend beiseitegeschafft werden, sondern darf auch mal ein, zwei Tage liegen bleiben, wie das Landgericht Coburg im Jahr 2008 entschied. Eine Frau hatte nach einem Sturz auf nassen Blättern auf Schmerzensgeld geklagt. Das Gericht lehnte ab: Auf eine gewisse Rutschgefahr im Herbst müssten sich Fußgänger einstellen. Dass Eigentümer bei jedem gefallenen Blatt sofort mit dem Besen anrücken, sei nicht zumutbar (Az. 14 O 742/07).

Fegen muss man übrigens auch, wenn man selbst gar keine Bäume auf dem Grundstück hat, sondern der Wind die Blätter vom Nachbarn herüberweht. Solange sich der Laubfall im „ortsüblichen“ Rahmen hält, ist nicht relevant, woher das Blatt kommt. Beseitigt werden muss es von dem, auf dessen Grund und Boden es landet. „Man darf das Laub auch nicht beim Nachbarn über den Zaun werfen“, sagt Jutta Hartmann. Theoretisch gebe es die Möglichkeit, in Form einer „Laubrente“ zumindest einen finanziellen Ausgleich zu verlangen: „Aber dafür muss die Belastung wirklich über die Maßen hoch sein.“

Auf den Wegen ist es unerwünscht, im Garten dagegen kann das Herbstlaub durchaus von Nutzen sein, allerdings nicht auf dem Rasen: Dort erstickt es das Gras. Aber im Staudenbeet kann eine Blätterschicht als Frostschutz dienen. Und Igel schätzen einen Laubhaufen als Winterquartier. Zusammenkehren muss man die dann meist nicht mehr ganz so güldenen Blätter dafür zwar auch. Aber immerhin nicht noch säckeweise zur Grüngut-Sammelstelle bringen.

Nicht das erste Blatt, aber die erste Kastanie im Herbst steckt sich die Autorin jedes Jahr in die Jackentasche. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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