Wirtschaft

Helsing: Jetzt startet die deutsche Rüstungshoffnung ihre Weltraum-Offensive | ABC-Z

Das Münchner Unternehmen Helsing will gemeinsam mit Partner Loft eine Satellitenflotte im Weltraum aufbauen. Gefechtsfelder oder Truppenbewegungen sollen dadurch mithilfe von KI analysiert werden – und das nahezu in Echtzeit. Schon nächstes Jahr geht es so richtig los.

Experten sind sich einig: Softwarelösungen und künstliche Intelligenz werden die künftige Kriegsführung entscheidend beeinflussen. Das Gefechtsfeld der Zukunft soll schnell aufgeklärt, Ziele erkannt und bekämpft werden. Das vor vier Jahren gegründete deutsche Rüstungs-Softwareunternehmen Helsing sieht hier seinen Zukunftsmarkt.

Nach der von Helsing jüngst verkündeten Massenproduktion von Kampfdrohnen mit KI-Steuerung folgt jetzt der nächste Meilenstein: Zusammen mit dem jungen Unternehmen Loft Orbital soll in einer „strategischen Partnerschaft“ eine gemeinsame Satellitenflotte gestartet werden. Sie soll nahezu in Echtzeit Staatsgrenzen, Gefechtsfelder oder Truppenbewegungen aus dem All mithilfe von KI überwachen und analysieren.

Helsing gab das Vorhaben jetzt im Umfeld des von Frankreich und Indien veranstalteten „Aktionsgipfel zur künstlichen Intelligenz“ in Paris bekannt. Helsing und Loft planen rund ein Dutzend Satelliten, die im nächsten Jahr mit SpaceX in den Weltraum transportiert werden sollen. Anfang 2027 werde das Netz voll einsatzbereit sein, erklärten Loft-Chef Pierre-Damien Vaujour und Helsing-Frankreich-Chef Marc Fontaine WELT. Beide Unternehmen würden selbst in das Vorhaben investieren. Eine konkrete Summe wird nicht genannt.

Helsing mit Hauptsitz in München sowie Loft mit Sitz in San Francisco und Toulouse haben gemeinsam schon über eine Milliarde Euro an Investitionskapital eingesammelt und gehören damit zu den am höchsten bewerteten Start-up-Unternehmen in ihrem Segment mit entsprechend ambitionierten Plänen.

Helsing und Loft sprechen von Europas erster KI-unterstützter Multisensor-Satellitenkonstellation im Bereich Rüstung. Tatsächlich umkreisen aber bereits zahlreiche Aufklärungssatelliten die Erde, deren Radarbilder oder Sensordaten ausgewertet werden. Insgesamt gibt es immer mehr „Spione im All“. Der Markt ist in Bewegung.

„Ergänzung zu dem, was es bereits gibt“

Frankreichs Triebwerkhersteller Safran kaufte im Herbst das französische Start-up Preligens, das mit KI Satellitendaten auswertet. Rheinmetall stieg 2024 ebenfalls ein und kooperiert mit dem finnischen Satellitenunternehmen Iceye. Zu den Kunden gehört die Ukraine. Airbus betreibt ebenso Aufklärungssatelliten und verkauft die Daten.

Helsing und Loft wollen nicht nur Daten von Dritten auswerten, sondern selbst eine Flotte im All aufbauen. Damit gibt es einen Zugriff auf die Quelle der Daten mit Analyse fast in Echtzeit. „Dieses System ist eine Ergänzung zu dem, was es bereits gibt“, sagt Helsing-Frankreich-Chef Fontaine. Eine Besonderheit sei, dass die künstliche Intelligenz die entscheidenden Signale bereits im Satelliten verarbeite und die Informationen an Bodenstationen sende.

Das Angebot richte sich vor allem an Kunden in Europa und der Nato, so Helsing-Manager Fontaine. In allen entwickelten Demokratien gebe es eine steigende Nachfrage nach Dienstleistungen, Bilder und Informationen aus dem Weltraum. Wie bei Googles Suchmaschine könnten die Satelliten nach Informationen zur Infrastruktur auf der Erde und Veränderungen befragt werden. Es bestehe praktisch immer Kontakt zu den in etwa 500 Kilometer über der Erde kreisenden Satelliten, weil sie auch mit Satelliten im geostationären Orbit kommunizieren.

Beide Unternehmen verstehen sich als Vorreiter und Beispiele für „New Defence“ und „New Space“, also neue Geschäftsmodelle und Konzepte in der Rüstungsbranche und im Weltraum. Loft-Chef Vaujour spricht von derzeit 40 Satelliten in der Produktion für verschiedene Kunden und sechs Satelliten im Weltraum. Loft Orbital arbeitet nach dem Geschäftsmodell, die Satelliten den Kunden zur Verfügung zu stellen (Space as a Service). Die Kerntechnik wird von verschiedenen Herstellern wie Airbus zugekauft und nach Kundenwünschen angepasst.

Gerhard Hegmann schreibt für WELT über Rüstung, Luft- und Raumfahrt und Militär.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"